treffend die Natur selbst gefragt; in den spä¬ tern Zeiten hatte sich das Andenken davon so völlig verloren, daß er selbst an die Stelle des Urbilds trat und gegen die deutlichen Aus¬ sprüche der Natur durch Cartesius, Kepler u. a. seine Auctorität zum Zeugen aufgeru¬ fen wurde. Nach derselben Art historischer Bildung hat für einen großen Theil der so¬ genannten Gelehrten bis auf diesen Tag keine Idee Bedeutung und Realität, ehe sie durch andere Köpfe gegangen, historisch und eine Ver¬ gangenheit geworden ist.
Mehr oder weniger in diesem Geist des historischen Wissens sind, nicht so sehr viel¬ leicht im ersten Beginn der wiedererwachen¬ den Literatur, als in viel späteren Zeiten, unsre Academieen errichtet worden. Ihre ganze wissenschaftliche Organisation möchte sich nur vollständig aus diesem Abtrennen des Wis¬ sens von seinem Urbild durch historische Ge¬ lehrsamkeit ableiten lassen. Vorerst ist die große Masse dessen, was gelernt werden muß, nur um im Besitz des Vorhandenen zu seyn,
treffend die Natur ſelbſt gefragt; in den ſpaͤ¬ tern Zeiten hatte ſich das Andenken davon ſo voͤllig verloren, daß er ſelbſt an die Stelle des Urbilds trat und gegen die deutlichen Aus¬ ſpruͤche der Natur durch Carteſius, Kepler u. a. ſeine Auctoritaͤt zum Zeugen aufgeru¬ fen wurde. Nach derſelben Art hiſtoriſcher Bildung hat fuͤr einen großen Theil der ſo¬ genannten Gelehrten bis auf dieſen Tag keine Idee Bedeutung und Realitaͤt, ehe ſie durch andere Koͤpfe gegangen, hiſtoriſch und eine Ver¬ gangenheit geworden iſt.
Mehr oder weniger in dieſem Geiſt des hiſtoriſchen Wiſſens ſind, nicht ſo ſehr viel¬ leicht im erſten Beginn der wiedererwachen¬ den Literatur, als in viel ſpaͤteren Zeiten, unſre Academieen errichtet worden. Ihre ganze wiſſenſchaftliche Organiſation moͤchte ſich nur vollſtaͤndig aus dieſem Abtrennen des Wiſ¬ ſens von ſeinem Urbild durch hiſtoriſche Ge¬ lehrſamkeit ableiten laſſen. Vorerſt iſt die große Maſſe deſſen, was gelernt werden muß, nur um im Beſitz des Vorhandenen zu ſeyn,
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[36/0045]
treffend die Natur ſelbſt gefragt; in den ſpaͤ¬
tern Zeiten hatte ſich das Andenken davon
ſo voͤllig verloren, daß er ſelbſt an die Stelle
des Urbilds trat und gegen die deutlichen Aus¬
ſpruͤche der Natur durch Carteſius, Kepler
u. a. ſeine Auctoritaͤt zum Zeugen aufgeru¬
fen wurde. Nach derſelben Art hiſtoriſcher
Bildung hat fuͤr einen großen Theil der ſo¬
genannten Gelehrten bis auf dieſen Tag keine
Idee Bedeutung und Realitaͤt, ehe ſie durch
andere Koͤpfe gegangen, hiſtoriſch und eine Ver¬
gangenheit geworden iſt.
Mehr oder weniger in dieſem Geiſt des
hiſtoriſchen Wiſſens ſind, nicht ſo ſehr viel¬
leicht im erſten Beginn der wiedererwachen¬
den Literatur, als in viel ſpaͤteren Zeiten,
unſre Academieen errichtet worden. Ihre
ganze wiſſenſchaftliche Organiſation moͤchte ſich
nur vollſtaͤndig aus dieſem Abtrennen des Wiſ¬
ſens von ſeinem Urbild durch hiſtoriſche Ge¬
lehrſamkeit ableiten laſſen. Vorerſt iſt die
große Maſſe deſſen, was gelernt werden muß,
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/45>, abgerufen am 29.03.2024.
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