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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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Den entschieden nicht-Hegelschen Ursprung der auch nicht in
die Werke Hegels aufgenommenen Abhandlung über die Con-
struktion in der Philosophie
hat neuerdings Haym 1 geltend
gemacht, indem er vorzüglich den Satz heraus hebt, in welchem
von der noch zu erwartenden Erfindung der "universellen Symbolik"
die Rede ist (S. 130, Z. 8 ff. v. o.). Zu diesem Ausspruch
findet sich der Commentar in einem Abschnitt der Philosophie der
Kunst (S. 446 ff.), wo Schelling die Frage beantwortet, ob es
wohl möglich sey, aus der speculativen Physik den Stoff einer
neuen Mythologie zu nehmen. Außerdem hat Haym unter anderem
auf das Citat des Systems des transscendentalen Idealismus im
Text und ohne Nennung des Verfassers (S. 138) hingewiesen,
(mit welchem das ähnliche Citat in der Methode des akademischen
Studiums, S. 290 zu vergleichen wäre). Allein viel entschei-
dender als dieses Citat, ist die Aeußerung über seine sämmtlichen
Schriften, welche S. 148, Z. 8 ff. v. u. steht, und wodurch sich
Schelling geradezu als den Verfasser dieser Abhandlung bekennt. Im
Uebrigen verweise ich auf die von mir durchgängig citirten vielen
und auffallenden Parallelstellen aus allen gleichzeitigen Schriften
Schellings, namentlich die von S. 252 bis 256 angeführten. Der
§. IV der ferneren Darstellungen, der von der philosophischen Con-
struktion handelt (im vorhergehenden Band S. 391 ff.), würde
aber, besonders von S. 405 an (Neue Zeitschrift 1 Bd., Stück
2, S. 24 ff.) für sich allein vollkommen hinreichend seyn Schel-
ling als Verfasser der Höyerschen Recension durch ihren Inhalt
zu beglaubigen. Die Schrift Höyers zu recensiren, mußte Schelling
um so angenehmer seyn, je mehr er in dem Entwicklungsgang dieses
schwedischen Philosophen ein gut Theil seines eignen Wegs in einem
lebenden Gegenbild reconstruirt sah. Man vergleiche in dieser

1 a. a. O. S. 213. und S. 503, Anm. 1. Auch von dem Aufsatz über
Rückert und Weiß sagt Haym S. 502, Anm. 3, die Hegelsche Autorschaft des-
selben sey mindestens zweifelhaft, aber es ist ein Widerspruch, wenn er denselben
dennoch zur Charakteristik Hegels anwendet, wie dieß z. B. S. 185 geschieht.

Den entſchieden nicht-Hegelſchen Urſprung der auch nicht in
die Werke Hegels aufgenommenen Abhandlung über die Con-
ſtruktion in der Philoſophie
hat neuerdings Haym 1 geltend
gemacht, indem er vorzüglich den Satz heraus hebt, in welchem
von der noch zu erwartenden Erfindung der „univerſellen Symbolik“
die Rede iſt (S. 130, Z. 8 ff. v. o.). Zu dieſem Ausſpruch
findet ſich der Commentar in einem Abſchnitt der Philoſophie der
Kunſt (S. 446 ff.), wo Schelling die Frage beantwortet, ob es
wohl möglich ſey, aus der ſpeculativen Phyſik den Stoff einer
neuen Mythologie zu nehmen. Außerdem hat Haym unter anderem
auf das Citat des Syſtems des transſcendentalen Idealismus im
Text und ohne Nennung des Verfaſſers (S. 138) hingewieſen,
(mit welchem das ähnliche Citat in der Methode des akademiſchen
Studiums, S. 290 zu vergleichen wäre). Allein viel entſchei-
dender als dieſes Citat, iſt die Aeußerung über ſeine ſämmtlichen
Schriften, welche S. 148, Z. 8 ff. v. u. ſteht, und wodurch ſich
Schelling geradezu als den Verfaſſer dieſer Abhandlung bekennt. Im
Uebrigen verweiſe ich auf die von mir durchgängig citirten vielen
und auffallenden Parallelſtellen aus allen gleichzeitigen Schriften
Schellings, namentlich die von S. 252 bis 256 angeführten. Der
§. IV der ferneren Darſtellungen, der von der philoſophiſchen Con-
ſtruktion handelt (im vorhergehenden Band S. 391 ff.), würde
aber, beſonders von S. 405 an (Neue Zeitſchrift 1 Bd., Stück
2, S. 24 ff.) für ſich allein vollkommen hinreichend ſeyn Schel-
ling als Verfaſſer der Höyerſchen Recenſion durch ihren Inhalt
zu beglaubigen. Die Schrift Höyers zu recenſiren, mußte Schelling
um ſo angenehmer ſeyn, je mehr er in dem Entwicklungsgang dieſes
ſchwediſchen Philoſophen ein gut Theil ſeines eignen Wegs in einem
lebenden Gegenbild reconſtruirt ſah. Man vergleiche in dieſer

1 a. a. O. S. 213. und S. 503, Anm. 1. Auch von dem Aufſatz über
Rückert und Weiß ſagt Haym S. 502, Anm. 3, die Hegelſche Autorſchaft des-
ſelben ſey mindeſtens zweifelhaft, aber es iſt ein Widerſpruch, wenn er denſelben
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[XI/0019] Den entſchieden nicht-Hegelſchen Urſprung der auch nicht in die Werke Hegels aufgenommenen Abhandlung über die Con- ſtruktion in der Philoſophie hat neuerdings Haym 1 geltend gemacht, indem er vorzüglich den Satz heraus hebt, in welchem von der noch zu erwartenden Erfindung der „univerſellen Symbolik“ die Rede iſt (S. 130, Z. 8 ff. v. o.). Zu dieſem Ausſpruch findet ſich der Commentar in einem Abſchnitt der Philoſophie der Kunſt (S. 446 ff.), wo Schelling die Frage beantwortet, ob es wohl möglich ſey, aus der ſpeculativen Phyſik den Stoff einer neuen Mythologie zu nehmen. Außerdem hat Haym unter anderem auf das Citat des Syſtems des transſcendentalen Idealismus im Text und ohne Nennung des Verfaſſers (S. 138) hingewieſen, (mit welchem das ähnliche Citat in der Methode des akademiſchen Studiums, S. 290 zu vergleichen wäre). Allein viel entſchei- dender als dieſes Citat, iſt die Aeußerung über ſeine ſämmtlichen Schriften, welche S. 148, Z. 8 ff. v. u. ſteht, und wodurch ſich Schelling geradezu als den Verfaſſer dieſer Abhandlung bekennt. Im Uebrigen verweiſe ich auf die von mir durchgängig citirten vielen und auffallenden Parallelſtellen aus allen gleichzeitigen Schriften Schellings, namentlich die von S. 252 bis 256 angeführten. Der §. IV der ferneren Darſtellungen, der von der philoſophiſchen Con- ſtruktion handelt (im vorhergehenden Band S. 391 ff.), würde aber, beſonders von S. 405 an (Neue Zeitſchrift 1 Bd., Stück 2, S. 24 ff.) für ſich allein vollkommen hinreichend ſeyn Schel- ling als Verfaſſer der Höyerſchen Recenſion durch ihren Inhalt zu beglaubigen. Die Schrift Höyers zu recenſiren, mußte Schelling um ſo angenehmer ſeyn, je mehr er in dem Entwicklungsgang dieſes ſchwediſchen Philoſophen ein gut Theil ſeines eignen Wegs in einem lebenden Gegenbild reconſtruirt ſah. Man vergleiche in dieſer 1 a. a. O. S. 213. und S. 503, Anm. 1. Auch von dem Aufſatz über Rückert und Weiß ſagt Haym S. 502, Anm. 3, die Hegelſche Autorſchaft des- ſelben ſey mindeſtens zweifelhaft, aber es iſt ein Widerſpruch, wenn er denſelben dennoch zur Charakteriſtik Hegels anwendet, wie dieß z. B. S. 185 geſchieht.

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/19>, abgerufen am 28.03.2024.