Mißfallen über die Schminke von Fett und Ruß, womit sie die schöne Farbe ihrer Backen überwisch- te, und ohnerachtet er sie nicht überzeugte, daß diese Schminke ihre Schönheit nicht nur nicht er- höhte, welches sie glaubte, sondern gar entstell- te; sahe er sie doch bey einem Besuch unter vielen auf gut hottentottisch gefärbten Mädchen, allein ohne diese Schminke, nur mit seinen Geschenken geputzt*).
Vor der Abreise des Herrn Vaillants, ver- sammelte sich die ganze Horde von Gonaquas- Hottentotten, zu welcher Narina gehörte, in seinem Lager. Branntwein und Meth stimmten alle zur ausgelassensten Freude, allein die schöne Narina und ihre Schwester, nahmen an der lauten, aber unschuldigen Freude keinen Antheil; sondern standen, besonders Narina, stille da- bey, Gesicht und Herz von Traurigkeit umwölkt. Herr Vaillant versuchte, sie durch Geschenke und Zureden zu trösten, aber umsonst, ihr Kum- mer war im Herzen, und ließ sich daher auf die- se Weise nicht stillen**).
Dienstfertigkeit und Gastfreyheit sind allge- meine Eigenschaften der Hottentotten. Wer in ihrem Lande reiset, ist versichert, Aufenthalt und Nahrung bey ihnen zu finden; sie nehmen
die
*) Das. 1. Th. 304. 2. Th. 19.
**) Das. 2. Th. 251.
Mißfallen uͤber die Schminke von Fett und Ruß, womit ſie die ſchoͤne Farbe ihrer Backen uͤberwiſch- te, und ohnerachtet er ſie nicht uͤberzeugte, daß dieſe Schminke ihre Schoͤnheit nicht nur nicht er- hoͤhte, welches ſie glaubte, ſondern gar entſtell- te; ſahe er ſie doch bey einem Beſuch unter vielen auf gut hottentottiſch gefaͤrbten Maͤdchen, allein ohne dieſe Schminke, nur mit ſeinen Geſchenken geputzt*).
Vor der Abreiſe des Herrn Vaillants, ver- ſammelte ſich die ganze Horde von Gonaquas- Hottentotten, zu welcher Narina gehoͤrte, in ſeinem Lager. Branntwein und Meth ſtimmten alle zur ausgelaſſenſten Freude, allein die ſchoͤne Narina und ihre Schweſter, nahmen an der lauten, aber unſchuldigen Freude keinen Antheil; ſondern ſtanden, beſonders Narina, ſtille da- bey, Geſicht und Herz von Traurigkeit umwoͤlkt. Herr Vaillant verſuchte, ſie durch Geſchenke und Zureden zu troͤſten, aber umſonſt, ihr Kum- mer war im Herzen, und ließ ſich daher auf die- ſe Weiſe nicht ſtillen**).
Dienſtfertigkeit und Gaſtfreyheit ſind allge- meine Eigenſchaften der Hottentotten. Wer in ihrem Lande reiſet, iſt verſichert, Aufenthalt und Nahrung bey ihnen zu finden; ſie nehmen
die
*) Daſ. 1. Th. 304. 2. Th. 19.
**) Daſ. 2. Th. 251.
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[504/0220]
Mißfallen uͤber die Schminke von Fett und Ruß,
womit ſie die ſchoͤne Farbe ihrer Backen uͤberwiſch-
te, und ohnerachtet er ſie nicht uͤberzeugte, daß
dieſe Schminke ihre Schoͤnheit nicht nur nicht er-
hoͤhte, welches ſie glaubte, ſondern gar entſtell-
te; ſahe er ſie doch bey einem Beſuch unter vielen
auf gut hottentottiſch gefaͤrbten Maͤdchen, allein
ohne dieſe Schminke, nur mit ſeinen Geſchenken
geputzt *).
Vor der Abreiſe des Herrn Vaillants, ver-
ſammelte ſich die ganze Horde von Gonaquas-
Hottentotten, zu welcher Narina gehoͤrte, in
ſeinem Lager. Branntwein und Meth ſtimmten
alle zur ausgelaſſenſten Freude, allein die ſchoͤne
Narina und ihre Schweſter, nahmen an der
lauten, aber unſchuldigen Freude keinen Antheil;
ſondern ſtanden, beſonders Narina, ſtille da-
bey, Geſicht und Herz von Traurigkeit umwoͤlkt.
Herr Vaillant verſuchte, ſie durch Geſchenke
und Zureden zu troͤſten, aber umſonſt, ihr Kum-
mer war im Herzen, und ließ ſich daher auf die-
ſe Weiſe nicht ſtillen **).
Dienſtfertigkeit und Gaſtfreyheit ſind allge-
meine Eigenſchaften der Hottentotten. Wer
in ihrem Lande reiſet, iſt verſichert, Aufenthalt
und Nahrung bey ihnen zu finden; ſie nehmen
die
*) Daſ. 1. Th. 304. 2. Th. 19.
**) Daſ. 2. Th. 251.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/220>, abgerufen am 23.04.2024.
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