Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
Qualis populea moerens philomela sub um-
bra
Amissos queritur fetus, quos durus arator
Observans nido implumes detraxit: at illa
Flet noctem ramoque sedens miserabile car-
men
Integrat et moestis late loca quaestibus im-
plet.
*)

Der Gedanke an das Schöpferwort Jeho-
vah's: Es werde Licht -- gebahr in Pope's
Phantasie Newtons erhabne Grafschrift:

All Nature and his Works ware hid in
Night;
God said, Let Newton be! and all was Light.
Da die Natur noch tief in Nacht gewickelt
lag,
Sprach Gott einst: Newton sey! Er ward
und es war Tag.

Kain entflieht vor dem Angesicht seiner Ver-
wandten, weil er das fürchterliche Bild des er-

mor-
*) So knüpfen sich der Aehnlichkeit wegen in der
Seele des Traurigen nur traurige Bilder zusam-
men und lassen tröstende Vorstellungen nicht ein;
bis diese nach und nach, so wie sich die Wolken der
Schwermuth zertheilen, Gelegenheit finden, sich in
den hellen Zwischenräumen festzusetzen. Drum muß
die Zeit das Beste bey der Tröstung thun.
Qualis populea moerens philomela ſub um-
bra
Amiſſos queritur fetus, quos durus arator
Obſervans nido implumes detraxit: at illa
Flet noctem ramoque ſedens miſerabile car-
men
Integrat et moeſtis late loca quaeſtibus im-
plet.
*)

Der Gedanke an das Schoͤpferwort Jeho-
vah's: Es werde Licht — gebahr in Pope's
Phantaſie Newtons erhabne Grafſchrift:

All Nature and his Works ware hid in
Night;
God ſaid, Let Newton be! and all was Light.
Da die Natur noch tief in Nacht gewickelt
lag,
Sprach Gott einſt: Newton ſey! Er ward
und es war Tag.

Kain entflieht vor dem Angeſicht ſeiner Ver-
wandten, weil er das fuͤrchterliche Bild des er-

mor-
*) So knuͤpfen ſich der Aehnlichkeit wegen in der
Seele des Traurigen nur traurige Bilder zuſam-
men und laſſen troͤſtende Vorſtellungen nicht ein;
bis dieſe nach und nach, ſo wie ſich die Wolken der
Schwermuth zertheilen, Gelegenheit finden, ſich in
den hellen Zwiſchenraͤumen feſtzuſetzen. Drum muß
die Zeit das Beſte bey der Troͤſtung thun.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0067" n="43"/>
          <lg rendition="#aq" type="poem">
            <l> <hi rendition="#aq">Qualis populea moerens philomela &#x017F;ub um-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#et">bra</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Ami&#x017F;&#x017F;os queritur fetus, quos durus arator</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Ob&#x017F;ervans nido implumes detraxit: at illa</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Flet noctem ramoque &#x017F;edens mi&#x017F;erabile car-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">men</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Integrat et moe&#x017F;tis late loca quae&#x017F;tibus im-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#et">plet.</hi> </hi> </l>
          </lg>
          <note place="foot" n="*)">So knu&#x0364;pfen &#x017F;ich der Aehnlichkeit wegen in der<lb/>
Seele des Traurigen nur traurige Bilder zu&#x017F;am-<lb/>
men und la&#x017F;&#x017F;en tro&#x0364;&#x017F;tende Vor&#x017F;tellungen nicht ein;<lb/>
bis die&#x017F;e nach und nach, &#x017F;o wie &#x017F;ich die Wolken der<lb/>
Schwermuth zertheilen, Gelegenheit finden, &#x017F;ich in<lb/>
den hellen Zwi&#x017F;chenra&#x0364;umen fe&#x017F;tzu&#x017F;etzen. Drum muß<lb/>
die Zeit das Be&#x017F;te bey der Tro&#x0364;&#x017F;tung thun.</note><lb/>
          <p>Der Gedanke an das Scho&#x0364;pferwort Jeho-<lb/>
vah's: Es <hi rendition="#b">werde Licht</hi> &#x2014; gebahr in Pope's<lb/>
Phanta&#x017F;ie Newtons erhabne Graf&#x017F;chrift:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#aq">All Nature and his Works ware hid in</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#et">Night;</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">God &#x017F;aid, Let Newton be! and all was Light.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Da die Natur noch tief in Nacht gewickelt</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lag,</hi> </l><lb/>
            <l>Sprach Gott ein&#x017F;t: <hi rendition="#b">Newton &#x017F;ey</hi>! Er ward</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">und es war Tag.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Kain entflieht vor dem Ange&#x017F;icht &#x017F;einer Ver-<lb/>
wandten, weil er das fu&#x0364;rchterliche Bild des er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mor-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0067] Qualis populea moerens philomela ſub um- bra Amiſſos queritur fetus, quos durus arator Obſervans nido implumes detraxit: at illa Flet noctem ramoque ſedens miſerabile car- men Integrat et moeſtis late loca quaeſtibus im- plet. *) Der Gedanke an das Schoͤpferwort Jeho- vah's: Es werde Licht — gebahr in Pope's Phantaſie Newtons erhabne Grafſchrift: All Nature and his Works ware hid in Night; God ſaid, Let Newton be! and all was Light. Da die Natur noch tief in Nacht gewickelt lag, Sprach Gott einſt: Newton ſey! Er ward und es war Tag. Kain entflieht vor dem Angeſicht ſeiner Ver- wandten, weil er das fuͤrchterliche Bild des er- mor- *) So knuͤpfen ſich der Aehnlichkeit wegen in der Seele des Traurigen nur traurige Bilder zuſam- men und laſſen troͤſtende Vorſtellungen nicht ein; bis dieſe nach und nach, ſo wie ſich die Wolken der Schwermuth zertheilen, Gelegenheit finden, ſich in den hellen Zwiſchenraͤumen feſtzuſetzen. Drum muß die Zeit das Beſte bey der Troͤſtung thun.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/67
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/67>, abgerufen am 24.04.2024.