Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

was irgend damit zusammenhängt, darnach
formt, und schon frappante Erscheinungen
eintreten müssen, wenn die Ueberzeugung
wankend gemacht werden soll: dass im Ge-
gentheil, wenn man sich selbst noch für nichts
bestimmt hat, wenn man bedenkt, dass erst
die Data gesammlet werden sollen, welche
die Auflösung dessen, was noch Problem ist,
an die Hand geben können, der Gegenstand
von beiden Seiten angesehen wird, und man
nicht in Gefahr ist, ein durch subjective Ur-
sachen verstimmtes Urtheil zu sprechen.

2) Den Gang der Untersuchung selbst be-
stimmt der menschenkennende Richter nicht
nach irgend einem System oder einer positiven
Richtschnur
, sondern ganz nach dem individuel-
len Character des Inquisiten
. Wie ist es mög-
lich, so denkt er, im voraus die Fragen, die
du zu thun hast, bis auf den Buchstaben zu
bestimmen? Um die Wahrheit von jemand zu
erforschen, musst du ja nicht den Inhalt und

die

was irgend damit zuſammenhängt, darnach
formt, und ſchon frappante Erſcheinungen
eintreten müſſen, wenn die Ueberzeugung
wankend gemacht werden ſoll: daſs im Ge-
gentheil, wenn man ſich ſelbſt noch für nichts
beſtimmt hat, wenn man bedenkt, daſs erſt
die Data geſammlet werden ſollen, welche
die Auflöſung deſſen, was noch Problem iſt,
an die Hand geben können, der Gegenſtand
von beiden Seiten angeſehen wird, und man
nicht in Gefahr iſt, ein durch ſubjective Ur-
ſachen verſtimmtes Urtheil zu ſprechen.

2) Den Gang der Unterſuchung ſelbſt be-
ſtimmt der menſchenkennende Richter nicht
nach irgend einem Syſtem oder einer poſitiven
Richtſchnur
, ſondern ganz nach dem individuel-
len Character des Inquiſiten
. Wie iſt es mög-
lich, ſo denkt er, im voraus die Fragen, die
du zu thun haſt, bis auf den Buchſtaben zu
beſtimmen? Um die Wahrheit von jemand zu
erforſchen, muſst du ja nicht den Inhalt und

die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="42"/>
was irgend damit zu&#x017F;ammenhängt, darnach<lb/>
formt, und &#x017F;chon frappante Er&#x017F;cheinungen<lb/>
eintreten mü&#x017F;&#x017F;en, wenn die Ueberzeugung<lb/>
wankend gemacht werden &#x017F;oll: da&#x017F;s im Ge-<lb/>
gentheil, wenn man &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t noch für nichts<lb/>
be&#x017F;timmt hat, wenn man bedenkt, da&#x017F;s er&#x017F;t<lb/>
die Data ge&#x017F;ammlet werden &#x017F;ollen, welche<lb/>
die Auflö&#x017F;ung de&#x017F;&#x017F;en, was noch Problem i&#x017F;t,<lb/>
an die Hand geben können, der Gegen&#x017F;tand<lb/>
von beiden Seiten ange&#x017F;ehen wird, und man<lb/>
nicht in Gefahr i&#x017F;t, ein durch &#x017F;ubjective Ur-<lb/>
&#x017F;achen ver&#x017F;timmtes Urtheil zu &#x017F;prechen.</p><lb/>
          <p>2) Den <hi rendition="#i">Gang der Unter&#x017F;uchung &#x017F;elb&#x017F;t</hi> be-<lb/>
&#x017F;timmt der men&#x017F;chenkennende Richter nicht<lb/>
nach irgend <hi rendition="#i">einem Sy&#x017F;tem oder einer po&#x017F;itiven<lb/>
Richt&#x017F;chnur</hi>, &#x017F;ondern ganz <hi rendition="#i">nach dem individuel-<lb/>
len Character des Inqui&#x017F;iten</hi>. Wie i&#x017F;t es mög-<lb/>
lich, &#x017F;o denkt er, im voraus die Fragen, die<lb/>
du zu thun ha&#x017F;t, bis auf den Buch&#x017F;taben zu<lb/>
be&#x017F;timmen? Um die Wahrheit von jemand zu<lb/>
erfor&#x017F;chen, mu&#x017F;st du ja nicht den Inhalt und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0044] was irgend damit zuſammenhängt, darnach formt, und ſchon frappante Erſcheinungen eintreten müſſen, wenn die Ueberzeugung wankend gemacht werden ſoll: daſs im Ge- gentheil, wenn man ſich ſelbſt noch für nichts beſtimmt hat, wenn man bedenkt, daſs erſt die Data geſammlet werden ſollen, welche die Auflöſung deſſen, was noch Problem iſt, an die Hand geben können, der Gegenſtand von beiden Seiten angeſehen wird, und man nicht in Gefahr iſt, ein durch ſubjective Ur- ſachen verſtimmtes Urtheil zu ſprechen. 2) Den Gang der Unterſuchung ſelbſt be- ſtimmt der menſchenkennende Richter nicht nach irgend einem Syſtem oder einer poſitiven Richtſchnur, ſondern ganz nach dem individuel- len Character des Inquiſiten. Wie iſt es mög- lich, ſo denkt er, im voraus die Fragen, die du zu thun haſt, bis auf den Buchſtaben zu beſtimmen? Um die Wahrheit von jemand zu erforſchen, muſst du ja nicht den Inhalt und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/44
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Ideen zu einer Kriminalpsychologie. Halle, 1792, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_crimipsyche_1792/44>, abgerufen am 19.04.2024.