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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Darauf beruht es, dass, obwohl der Mensch und seine gute Seele (göttliche Vernunft), sein Schutzgeist, sonst dieselben und nicht von einander verschieden sind, sie jetzt doch von einander getrennt und die gute Seele mit der bösen um den Menschen sich streitend gedacht werden. Aber dieser Streit des Ormuzd und Ahriman, zwischen den beiden Genien ist nur ein Bild des Kampfes, welchen der Mensch in dem eigenen Innern zwischen dem Guten und Bösen kämpfet und der hier kaum endet, da er auch noch jenseits wird fortgerungen werden müssen, wenigstens von Denen, die hier diesen Kampf nicht siegreichdurchgekämpft haben.

Auch nach dem brahmanischen Religionssystem, wie dasselbe in den durch Hollwohl bekannt gemachten Fragmenten des Schasta enthalten ist, sind alle Seelen der Menschen und Thiere ursprünglich gefallene Geister, der jetzige Zustand der Menschen ist daher nur eine Folge einer in der Geisterwelt vorausgegangenen Uebertretung, eines Falles in dem himmlischen Reiche. Der Urheber jenes ursprünglichen Falles ist noch jetzt der Hauptfeind und Verführer der Menschen. Zur Wiedererlangung seines verlornen Zustandes bedarf der Mensch des Beistandes höherer Wesen. Zwischen dem Tode und der vollkommenen Wiederherstellung der frühern Reinheit und Göttliehkeit der Seele gibt es noch sieben Perioden der Läuterung.1)

In dem germanischen Volksglauben spricht sich gleichfalls die Ansicht aus, dass die Menschenseelen aus dem himmlischen Lichte stammen, besonders in den allerwärts verbreiteten Sagen von den Kindsbrunnen; denn diese Kindsbrunnen sind eben nur der Wolkenhimmel, das Wolkenmeer, worin die Kinderseelen auf dem Schosse der Göttin Holda weilen und woher sie der Storch oder der Marienkäfer den gebärenden Müttern zur Geburt auf die Erde herabträgt.2) Darnach glaubten also auch die Germanen gleich den Baktrern, dass die Beseelung des Menschen erst im Augenblicke der Geburt durch den Eintritt

1) Claudius Werke, III. (Canstadt 1835) S. 89.
2) Mannhardt, germanische Mythen, S. 80 u. 255 ff.

Darauf beruht es, dass, obwohl der Mensch und seine gute Seele (göttliche Vernunft), sein Schutzgeist, sonst dieselben und nicht von einander verschieden sind, sie jetzt doch von einander getrennt und die gute Seele mit der bösen um den Menschen sich streitend gedacht werden. Aber dieser Streit des Ormuzd und Ahriman, zwischen den beiden Genien ist nur ein Bild des Kampfes, welchen der Mensch in dem eigenen Innern zwischen dem Guten und Bösen kämpfet und der hier kaum endet, da er auch noch jenseits wird fortgerungen werden müssen, wenigstens von Denen, die hier diesen Kampf nicht siegreichdurchgekämpft haben.

Auch nach dem brahmanischen Religionssystem, wie dasselbe in den durch Hollwohl bekannt gemachten Fragmenten des Schasta enthalten ist, sind alle Seelen der Menschen und Thiere ursprünglich gefallene Geister, der jetzige Zustand der Menschen ist daher nur eine Folge einer in der Geisterwelt vorausgegangenen Uebertretung, eines Falles in dem himmlischen Reiche. Der Urheber jenes ursprünglichen Falles ist noch jetzt der Hauptfeind und Verführer der Menschen. Zur Wiedererlangung seines verlornen Zustandes bedarf der Mensch des Beistandes höherer Wesen. Zwischen dem Tode und der vollkommenen Wiederherstellung der frühern Reinheit und Göttliehkeit der Seele gibt es noch sieben Perioden der Läuterung.1)

In dem germanischen Volksglauben spricht sich gleichfalls die Ansicht aus, dass die Menschenseelen aus dem himmlischen Lichte stammen, besonders in den allerwärts verbreiteten Sagen von den Kindsbrunnen; denn diese Kindsbrunnen sind eben nur der Wolkenhimmel, das Wolkenmeer, worin die Kinderseelen auf dem Schosse der Göttin Holda weilen und woher sie der Storch oder der Marienkäfer den gebärenden Müttern zur Geburt auf die Erde herabträgt.2) Darnach glaubten also auch die Germanen gleich den Baktrern, dass die Beseelung des Menschen erst im Augenblicke der Geburt durch den Eintritt

1) Claudius Werke, III. (Canstadt 1835) S. 89.
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 Darauf beruht es, dass, obwohl der Mensch und seine gute Seele (göttliche Vernunft), sein Schutzgeist, sonst dieselben und nicht von einander verschieden sind, sie jetzt doch von einander getrennt und die gute Seele mit der bösen um den Menschen sich streitend gedacht werden. Aber dieser Streit des Ormuzd und Ahriman, zwischen den beiden Genien ist nur ein Bild des Kampfes, welchen der Mensch in dem eigenen Innern zwischen dem Guten und Bösen kämpfet und der hier kaum endet, da er auch noch jenseits wird fortgerungen werden müssen, wenigstens von Denen, die hier diesen Kampf nicht siegreichdurchgekämpft haben.</p>
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 Auch nach dem brahmanischen Religionssystem, wie dasselbe in den durch Hollwohl bekannt gemachten Fragmenten des Schasta enthalten ist, sind alle Seelen der Menschen und Thiere ursprünglich gefallene Geister, der jetzige Zustand der Menschen ist daher nur eine Folge einer in der Geisterwelt vorausgegangenen Uebertretung, eines Falles in dem himmlischen Reiche. Der Urheber jenes ursprünglichen Falles ist noch jetzt der Hauptfeind und Verführer der Menschen. Zur Wiedererlangung seines verlornen Zustandes bedarf der Mensch des Beistandes höherer Wesen. Zwischen dem Tode und der vollkommenen Wiederherstellung der frühern Reinheit und Göttliehkeit der Seele gibt es noch sieben Perioden der Läuterung.<note place="foot" n="1)">Claudius Werke, III. (Canstadt 1835) S. 89.<lb/></note></p>
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 In dem germanischen Volksglauben spricht sich gleichfalls die Ansicht aus, dass die Menschenseelen aus dem himmlischen Lichte stammen, besonders in den allerwärts verbreiteten Sagen von den Kindsbrunnen; denn diese Kindsbrunnen sind eben nur der Wolkenhimmel, das Wolkenmeer, worin die Kinderseelen auf dem Schosse der Göttin Holda weilen und woher sie der Storch oder der Marienkäfer den gebärenden Müttern zur Geburt auf die Erde herabträgt.<note place="foot" n="2)"> Mannhardt, germanische Mythen, S. 80 u. 255 ff.<lb/></note> Darnach glaubten also auch die Germanen gleich den Baktrern, dass die Beseelung des Menschen erst im Augenblicke der Geburt durch den Eintritt
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[28/0048] Darauf beruht es, dass, obwohl der Mensch und seine gute Seele (göttliche Vernunft), sein Schutzgeist, sonst dieselben und nicht von einander verschieden sind, sie jetzt doch von einander getrennt und die gute Seele mit der bösen um den Menschen sich streitend gedacht werden. Aber dieser Streit des Ormuzd und Ahriman, zwischen den beiden Genien ist nur ein Bild des Kampfes, welchen der Mensch in dem eigenen Innern zwischen dem Guten und Bösen kämpfet und der hier kaum endet, da er auch noch jenseits wird fortgerungen werden müssen, wenigstens von Denen, die hier diesen Kampf nicht siegreichdurchgekämpft haben. Auch nach dem brahmanischen Religionssystem, wie dasselbe in den durch Hollwohl bekannt gemachten Fragmenten des Schasta enthalten ist, sind alle Seelen der Menschen und Thiere ursprünglich gefallene Geister, der jetzige Zustand der Menschen ist daher nur eine Folge einer in der Geisterwelt vorausgegangenen Uebertretung, eines Falles in dem himmlischen Reiche. Der Urheber jenes ursprünglichen Falles ist noch jetzt der Hauptfeind und Verführer der Menschen. Zur Wiedererlangung seines verlornen Zustandes bedarf der Mensch des Beistandes höherer Wesen. Zwischen dem Tode und der vollkommenen Wiederherstellung der frühern Reinheit und Göttliehkeit der Seele gibt es noch sieben Perioden der Läuterung. 1) In dem germanischen Volksglauben spricht sich gleichfalls die Ansicht aus, dass die Menschenseelen aus dem himmlischen Lichte stammen, besonders in den allerwärts verbreiteten Sagen von den Kindsbrunnen; denn diese Kindsbrunnen sind eben nur der Wolkenhimmel, das Wolkenmeer, worin die Kinderseelen auf dem Schosse der Göttin Holda weilen und woher sie der Storch oder der Marienkäfer den gebärenden Müttern zur Geburt auf die Erde herabträgt. 2) Darnach glaubten also auch die Germanen gleich den Baktrern, dass die Beseelung des Menschen erst im Augenblicke der Geburt durch den Eintritt 1) Claudius Werke, III. (Canstadt 1835) S. 89. 2) Mannhardt, germanische Mythen, S. 80 u. 255 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/48>, abgerufen am 29.03.2024.