Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

storbenen und dem Gebete an die Götter, wurde unter dem Beifallsjauchzen der versammelten Menge der Leichnam des Verstorbenen in dem Erbbegräbnisse der Familie beigesetzt, wozu er in dem geschmückten Todtenschiffe unter feierlicher Begleitung über den See geführt wurde, wie dieses die Abbildungen bei Wilkinson näher zeigen. Wem jedoch in dem Todtengerichte die Ehre des Begräbnisses versagt worden war, der wurde in dem Hause der Nachkommen. oder Verwandten beigesetzt und seine Mumie, in dem Sarge stehend, an die Wand gelehnt. Jedoch stand es später immer den Verwandten oder Kindern des Verstorbenen frei, seine Schulden zu bezahlen oder seine übrigen Vergebungen mit Geld zu sühnen und ihm auf diese Weise die Ehre des Begräbnisses auszuwirken. - Das Todtengericht, die Ehre des Begräbnisses klingt auch noch in den griechischen Todtengebräuchen nach und die Ehre des Begräbnisses wurde bei den Griechen nur Demjenigen versagt, der Verrath am Vaterlande geübt oder eines todwürdigen Verbrechens sich schuldig gemacht hatte.1) Schon in der homerischen Zeit galt es als der erste Liebesdienst, dem Verstorbenen die Augen und die Lippen zuzudrücken. Den alten attischen Gebrauch, die Erde, welche den Leichnam umhüllte, mit Getreide zu besäen, betrachten wir als ein schönes Symbol des Glaubens an die Unsterblichkeit , an das dem Verstorbenen neu erblühende Leben, während Guhl und Koner sagen: "denn die nährende Erde, mit welcher man den Todten verhüllte und in deren Furche man Getreidekörner warf, sollte, nach dem Glauben der Alten, den vergehenden Leib besänftigen." Bei dem Todtenmahle, welches der Beerdigung folgte, wurde von den Angehörigen der wahre Werth des Verstorbenen gepriesen, derselbe also gerichtet, nam mentiri nefas habebatur. Auch wurde dem Todten ein Obolus als Fährgeld ([fremdsprachliches Material]) für den Charon in den Mund gesteckt. In Athen war es eine gesetzliche Bestimmung, dass kein Grabmal prächtiger errichtet werden durfte, als zehn Menschen innerhalb dreier Tage herzustellen vermochten. Zu Athen wurde drei

1) Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, S. 317 ff.

storbenen und dem Gebete an die Götter, wurde unter dem Beifallsjauchzen der versammelten Menge der Leichnam des Verstorbenen in dem Erbbegräbnisse der Familie beigesetzt, wozu er in dem geschmückten Todtenschiffe unter feierlicher Begleitung über den See geführt wurde, wie dieses die Abbildungen bei Wilkinson näher zeigen. Wem jedoch in dem Todtengerichte die Ehre des Begräbnisses versagt worden war, der wurde in dem Hause der Nachkommen. oder Verwandten beigesetzt und seine Mumie, in dem Sarge stehend, an die Wand gelehnt. Jedoch stand es später immer den Verwandten oder Kindern des Verstorbenen frei, seine Schulden zu bezahlen oder seine übrigen Vergebungen mit Geld zu sühnen und ihm auf diese Weise die Ehre des Begräbnisses auszuwirken. – Das Todtengericht, die Ehre des Begräbnisses klingt auch noch in den griechischen Todtengebräuchen nach und die Ehre des Begräbnisses wurde bei den Griechen nur Demjenigen versagt, der Verrath am Vaterlande geübt oder eines todwürdigen Verbrechens sich schuldig gemacht hatte.1) Schon in der homerischen Zeit galt es als der erste Liebesdienst, dem Verstorbenen die Augen und die Lippen zuzudrücken. Den alten attischen Gebrauch, die Erde, welche den Leichnam umhüllte, mit Getreide zu besäen, betrachten wir als ein schönes Symbol des Glaubens an die Unsterblichkeit , an das dem Verstorbenen neu erblühende Leben, während Guhl und Koner sagen: „denn die nährende Erde, mit welcher man den Todten verhüllte und in deren Furche man Getreidekörner warf, sollte, nach dem Glauben der Alten, den vergehenden Leib besänftigen.“ Bei dem Todtenmahle, welches der Beerdigung folgte, wurde von den Angehörigen der wahre Werth des Verstorbenen gepriesen, derselbe also gerichtet, nam mentiri nefas habebatur. Auch wurde dem Todten ein Obolus als Fährgeld ([fremdsprachliches Material]) für den Charon in den Mund gesteckt. In Athen war es eine gesetzliche Bestimmung, dass kein Grabmal prächtiger errichtet werden durfte, als zehn Menschen innerhalb dreier Tage herzustellen vermochten. Zu Athen wurde drei

1) Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, S. 317 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0028" n="8"/>
storbenen und dem Gebete an die Götter, wurde unter dem Beifallsjauchzen der versammelten Menge der Leichnam des Verstorbenen in dem Erbbegräbnisse der Familie beigesetzt, wozu er in dem geschmückten Todtenschiffe unter feierlicher Begleitung über den See geführt wurde, wie dieses die Abbildungen bei Wilkinson näher zeigen. Wem jedoch in dem Todtengerichte die Ehre des Begräbnisses versagt worden war, der wurde in dem Hause der Nachkommen. oder Verwandten beigesetzt und seine Mumie, in dem Sarge stehend, an die Wand gelehnt. Jedoch stand es später immer den Verwandten oder Kindern des Verstorbenen frei, seine Schulden zu bezahlen oder seine übrigen Vergebungen mit Geld zu sühnen und ihm auf diese Weise die Ehre des Begräbnisses auszuwirken. &#x2013; Das Todtengericht, die Ehre des Begräbnisses klingt auch noch in den griechischen Todtengebräuchen nach und die Ehre des Begräbnisses wurde bei den Griechen nur Demjenigen versagt, der Verrath am Vaterlande geübt oder eines todwürdigen Verbrechens sich schuldig gemacht hatte.<note place="foot" n="1)">Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, S. 317 ff.<lb/></note> Schon in der homerischen Zeit galt es als der erste Liebesdienst, dem Verstorbenen die Augen und die Lippen zuzudrücken. Den alten attischen Gebrauch, die Erde, welche den Leichnam umhüllte, mit Getreide zu besäen, betrachten wir als ein schönes Symbol des Glaubens an die Unsterblichkeit , an das dem Verstorbenen neu erblühende Leben, während Guhl und Koner sagen: &#x201E;denn die nährende Erde, mit welcher man den Todten verhüllte und in deren Furche man Getreidekörner warf, sollte, nach dem Glauben der Alten, den vergehenden Leib <hi rendition="#g">besänftigen</hi>.&#x201C; Bei dem Todtenmahle, welches der Beerdigung folgte, wurde von den Angehörigen der wahre Werth des Verstorbenen gepriesen, derselbe also <hi rendition="#g">gerichtet,</hi> nam mentiri nefas habebatur. Auch wurde dem Todten ein Obolus als Fährgeld (<foreign xml:lang="ell"><gap reason="fm"/></foreign>) für den Charon in den Mund gesteckt. In Athen war es eine gesetzliche Bestimmung, dass kein Grabmal prächtiger errichtet werden durfte, als zehn Menschen innerhalb dreier Tage herzustellen vermochten. Zu Athen wurde drei
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0028] storbenen und dem Gebete an die Götter, wurde unter dem Beifallsjauchzen der versammelten Menge der Leichnam des Verstorbenen in dem Erbbegräbnisse der Familie beigesetzt, wozu er in dem geschmückten Todtenschiffe unter feierlicher Begleitung über den See geführt wurde, wie dieses die Abbildungen bei Wilkinson näher zeigen. Wem jedoch in dem Todtengerichte die Ehre des Begräbnisses versagt worden war, der wurde in dem Hause der Nachkommen. oder Verwandten beigesetzt und seine Mumie, in dem Sarge stehend, an die Wand gelehnt. Jedoch stand es später immer den Verwandten oder Kindern des Verstorbenen frei, seine Schulden zu bezahlen oder seine übrigen Vergebungen mit Geld zu sühnen und ihm auf diese Weise die Ehre des Begräbnisses auszuwirken. – Das Todtengericht, die Ehre des Begräbnisses klingt auch noch in den griechischen Todtengebräuchen nach und die Ehre des Begräbnisses wurde bei den Griechen nur Demjenigen versagt, der Verrath am Vaterlande geübt oder eines todwürdigen Verbrechens sich schuldig gemacht hatte. 1) Schon in der homerischen Zeit galt es als der erste Liebesdienst, dem Verstorbenen die Augen und die Lippen zuzudrücken. Den alten attischen Gebrauch, die Erde, welche den Leichnam umhüllte, mit Getreide zu besäen, betrachten wir als ein schönes Symbol des Glaubens an die Unsterblichkeit , an das dem Verstorbenen neu erblühende Leben, während Guhl und Koner sagen: „denn die nährende Erde, mit welcher man den Todten verhüllte und in deren Furche man Getreidekörner warf, sollte, nach dem Glauben der Alten, den vergehenden Leib besänftigen.“ Bei dem Todtenmahle, welches der Beerdigung folgte, wurde von den Angehörigen der wahre Werth des Verstorbenen gepriesen, derselbe also gerichtet, nam mentiri nefas habebatur. Auch wurde dem Todten ein Obolus als Fährgeld (_ ) für den Charon in den Mund gesteckt. In Athen war es eine gesetzliche Bestimmung, dass kein Grabmal prächtiger errichtet werden durfte, als zehn Menschen innerhalb dreier Tage herzustellen vermochten. Zu Athen wurde drei 1) Guhl und Koner, das Leben der Griechen und Römer, S. 317 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/28
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/28>, abgerufen am 24.04.2024.