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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 303. Surrogate. I. Geständniß. Confessio.

In allen übrigen Fällen, das heißt, bei dem Geständniß
eines bestimmten Gegenstandes außer baarem Geld, oder
eines unbestimmten Gegenstandes, also in den meisten
Fällen überhaupt, soll der Beklagte wo möglich dazu ge-
bracht werden, sein Geständniß auf eine bestimmte Geld-
summe zu richten, also in ein certum zu verwandeln (i).
Ist aber Dieses nicht möglich, so erfolgt nunmehr ein ge-
wöhnlicher Prozeß; es wird ein Juder bestellt, eine Litis-
contestation vorgenommen, und ein Urtheil gesprochen (k).

Man könnte durch diese Unterscheidung verleitet werden,
dem oben aufgestellten Grundsatz eine geringere praktische
Bedeutung zuzuschreiben, als ihm in der That zukommt.
Er ist aber wahr auch für alle übrigen Fälle, nur in einer
etwas anderen Weise.

In dem nunmehr entstehenden Rechtsstreit ist nämlich
der Judex an den Inhalt des Geständnisses streng gebunden;
er darf davon nicht abweichen, hat deshalb Nichts zu
untersuchen (l), und seine Thätigkeit beschränkt sich darauf,
den eingeräumten Gegenstand in eine bestimmte Geldsumme
zu verwandeln (m).


(i) L. 6 § 1 de confessis
(42. 2) "urgeri debet".
Darin
liegt aber weder ein directer, noch
ein indirecter Zwang, außer etwa
insofern die grundlose Weigerung
vielleicht den Judex zu einem
nachtheiligeren Urtheil stimmen
könnte. Bethmann-Hollweg
S. 265.
(k) L. 7. 5. 3. 8 de confessis
(42. 2).
(l) "nihil quaeritur". L. 56
de re jud.
(42. 1), welcher Satz
hier ausdrücklich abgeleitet wird
aus der Regel: confessi pro
judicatis habentur.
(m) "Judex non rei judican-
dae,
sed aestimandae datur".
§. 303. Surrogate. I. Geſtändniß. Confessio.

In allen übrigen Fällen, das heißt, bei dem Geſtändniß
eines beſtimmten Gegenſtandes außer baarem Geld, oder
eines unbeſtimmten Gegenſtandes, alſo in den meiſten
Fällen überhaupt, ſoll der Beklagte wo möglich dazu ge-
bracht werden, ſein Geſtändniß auf eine beſtimmte Geld-
ſumme zu richten, alſo in ein certum zu verwandeln (i).
Iſt aber Dieſes nicht möglich, ſo erfolgt nunmehr ein ge-
wöhnlicher Prozeß; es wird ein Juder beſtellt, eine Litis-
conteſtation vorgenommen, und ein Urtheil geſprochen (k).

Man könnte durch dieſe Unterſcheidung verleitet werden,
dem oben aufgeſtellten Grundſatz eine geringere praktiſche
Bedeutung zuzuſchreiben, als ihm in der That zukommt.
Er iſt aber wahr auch für alle übrigen Fälle, nur in einer
etwas anderen Weiſe.

In dem nunmehr entſtehenden Rechtsſtreit iſt nämlich
der Judex an den Inhalt des Geſtändniſſes ſtreng gebunden;
er darf davon nicht abweichen, hat deshalb Nichts zu
unterſuchen (l), und ſeine Thätigkeit beſchränkt ſich darauf,
den eingeräumten Gegenſtand in eine beſtimmte Geldſumme
zu verwandeln (m).


(i) L. 6 § 1 de confessis
(42. 2) „urgeri debet“.
Darin
liegt aber weder ein directer, noch
ein indirecter Zwang, außer etwa
inſofern die grundloſe Weigerung
vielleicht den Judex zu einem
nachtheiligeren Urtheil ſtimmen
könnte. Bethmann-Hollweg
S. 265.
(k) L. 7. 5. 3. 8 de confessis
(42. 2).
(l) „nihil quaeritur“. L. 56
de re jud.
(42. 1), welcher Satz
hier ausdrücklich abgeleitet wird
aus der Regel: confessi pro
judicatis habentur.
(m) „Judex non rei judican-
dae,
sed aestimandae datur“.
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[9/0031] §. 303. Surrogate. I. Geſtändniß. Confessio. In allen übrigen Fällen, das heißt, bei dem Geſtändniß eines beſtimmten Gegenſtandes außer baarem Geld, oder eines unbeſtimmten Gegenſtandes, alſo in den meiſten Fällen überhaupt, ſoll der Beklagte wo möglich dazu ge- bracht werden, ſein Geſtändniß auf eine beſtimmte Geld- ſumme zu richten, alſo in ein certum zu verwandeln (i). Iſt aber Dieſes nicht möglich, ſo erfolgt nunmehr ein ge- wöhnlicher Prozeß; es wird ein Juder beſtellt, eine Litis- conteſtation vorgenommen, und ein Urtheil geſprochen (k). Man könnte durch dieſe Unterſcheidung verleitet werden, dem oben aufgeſtellten Grundſatz eine geringere praktiſche Bedeutung zuzuſchreiben, als ihm in der That zukommt. Er iſt aber wahr auch für alle übrigen Fälle, nur in einer etwas anderen Weiſe. In dem nunmehr entſtehenden Rechtsſtreit iſt nämlich der Judex an den Inhalt des Geſtändniſſes ſtreng gebunden; er darf davon nicht abweichen, hat deshalb Nichts zu unterſuchen (l), und ſeine Thätigkeit beſchränkt ſich darauf, den eingeräumten Gegenſtand in eine beſtimmte Geldſumme zu verwandeln (m). (i) L. 6 § 1 de confessis (42. 2) „urgeri debet“. Darin liegt aber weder ein directer, noch ein indirecter Zwang, außer etwa inſofern die grundloſe Weigerung vielleicht den Judex zu einem nachtheiligeren Urtheil ſtimmen könnte. Bethmann-Hollweg S. 265. (k) L. 7. 5. 3. 8 de confessis (42. 2). (l) „nihil quaeritur“. L. 56 de re jud. (42. 1), welcher Satz hier ausdrücklich abgeleitet wird aus der Regel: confessi pro judicatis habentur. (m) „Judex non rei judican- dae, sed aestimandae datur“.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/31>, abgerufen am 28.03.2024.