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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 216. In jus, in factum conceptae formulae.
zur Auswahl aufgestellt waren, in jus und in factum.
Gajus giebt von dieser Varietät nur zwey Fälle an, de-
positi
und commodati actio, erläutert aber diese durch
vollständige Formulare (k).

Es entsteht aber nun die Frage, ob die Verschieden-
heit der Formeln, die in jus oder in factum gefaßt wa-
ren, lediglich zum Römischen Gerichtsstyl gehörte, oder
ob sich daran auch eigenthümliche Wirkungen knüpften, so
daß ein praktisches Interesse damit verbunden war. Ein
solches Interesse war wohl allerdings vorhanden, aber ge-
ringer, als es neuere Schriftsteller anzunehmen pflegen, so
daß es hauptsächlich darauf ankommen wird, die unbe-
gründeten Hypothesen abzuwehren, die sich hier einge-
drängt haben. Wären alle Civilklagen stets in jus, und
nur die prätorischen in factum gefaßt worden, so ließe
sich vielleicht annehmen, es hätte dadurch blos die oben
dargestellte allgemeine Verschiedenheit des prätorischen Rechts
von dem Civilrecht scharf ausgedrückt werden sollen, ohne
verschiedene Folgen für die Parteyen; allein die Aufstel-
lung von zwey Formularen bey manchen Klagen läßt nicht
zweifeln, daß es wenigstens in manchen Fällen vortheil-
hafter für den Kläger seyn mußte, das eine Formular vor-
zugsweise vor dem andern zu wählen.

Ein ganz isolirter eigenthümlicher Erfolg der in jus

(k) Gajus IV. § 47. 60. In
den Digesten finden sich mehrere
Stellen, die sich augenscheinlich
auf diese formulae in factum
conceptae
beziehen. L. 3 § 1
commodati (12. 6.), L. 1 § 16
§ 40 depositi
(16. 3.)
6*

§. 216. In jus, in factum conceptae formulae.
zur Auswahl aufgeſtellt waren, in jus und in factum.
Gajus giebt von dieſer Varietät nur zwey Fälle an, de-
positi
und commodati actio, erläutert aber dieſe durch
vollſtändige Formulare (k).

Es entſteht aber nun die Frage, ob die Verſchieden-
heit der Formeln, die in jus oder in factum gefaßt wa-
ren, lediglich zum Roͤmiſchen Gerichtsſtyl gehörte, oder
ob ſich daran auch eigenthümliche Wirkungen knüpften, ſo
daß ein praktiſches Intereſſe damit verbunden war. Ein
ſolches Intereſſe war wohl allerdings vorhanden, aber ge-
ringer, als es neuere Schriftſteller anzunehmen pflegen, ſo
daß es hauptſächlich darauf ankommen wird, die unbe-
gründeten Hypotheſen abzuwehren, die ſich hier einge-
drängt haben. Wären alle Civilklagen ſtets in jus, und
nur die prätoriſchen in factum gefaßt worden, ſo ließe
ſich vielleicht annehmen, es hätte dadurch blos die oben
dargeſtellte allgemeine Verſchiedenheit des prätoriſchen Rechts
von dem Civilrecht ſcharf ausgedrückt werden ſollen, ohne
verſchiedene Folgen für die Parteyen; allein die Aufſtel-
lung von zwey Formularen bey manchen Klagen läßt nicht
zweifeln, daß es wenigſtens in manchen Fällen vortheil-
hafter für den Kläger ſeyn mußte, das eine Formular vor-
zugsweiſe vor dem andern zu wählen.

Ein ganz iſolirter eigenthümlicher Erfolg der in jus

(k) Gajus IV. § 47. 60. In
den Digeſten finden ſich mehrere
Stellen, die ſich augenſcheinlich
auf dieſe formulae in factum
conceptae
beziehen. L. 3 § 1
commodati (12. 6.), L. 1 § 16
§ 40 depositi
(16. 3.)
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[83/0097] §. 216. In jus, in factum conceptae formulae. zur Auswahl aufgeſtellt waren, in jus und in factum. Gajus giebt von dieſer Varietät nur zwey Fälle an, de- positi und commodati actio, erläutert aber dieſe durch vollſtändige Formulare (k). Es entſteht aber nun die Frage, ob die Verſchieden- heit der Formeln, die in jus oder in factum gefaßt wa- ren, lediglich zum Roͤmiſchen Gerichtsſtyl gehörte, oder ob ſich daran auch eigenthümliche Wirkungen knüpften, ſo daß ein praktiſches Intereſſe damit verbunden war. Ein ſolches Intereſſe war wohl allerdings vorhanden, aber ge- ringer, als es neuere Schriftſteller anzunehmen pflegen, ſo daß es hauptſächlich darauf ankommen wird, die unbe- gründeten Hypotheſen abzuwehren, die ſich hier einge- drängt haben. Wären alle Civilklagen ſtets in jus, und nur die prätoriſchen in factum gefaßt worden, ſo ließe ſich vielleicht annehmen, es hätte dadurch blos die oben dargeſtellte allgemeine Verſchiedenheit des prätoriſchen Rechts von dem Civilrecht ſcharf ausgedrückt werden ſollen, ohne verſchiedene Folgen für die Parteyen; allein die Aufſtel- lung von zwey Formularen bey manchen Klagen läßt nicht zweifeln, daß es wenigſtens in manchen Fällen vortheil- hafter für den Kläger ſeyn mußte, das eine Formular vor- zugsweiſe vor dem andern zu wählen. Ein ganz iſolirter eigenthümlicher Erfolg der in jus (k) Gajus IV. § 47. 60. In den Digeſten finden ſich mehrere Stellen, die ſich augenſcheinlich auf dieſe formulae in factum conceptae beziehen. L. 3 § 1 commodati (12. 6.), L. 1 § 16 § 40 depositi (16. 3.) 6*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/97>, abgerufen am 25.04.2024.