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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 210. Pönalklagen.
poenalis est; von einer Klage, welche beide Zwecke
umfaßt: mixta est, obgleich auch diese oft blos poenalis
heißt (c). Eine besondere Rücksicht auf diese letzte Art ist
nicht nöthig, da sie eigentlich aus zwey verschiedenen Kla-
gen zusammengesetzt ist, so daß ihre Bestandtheile in den
meisten Fällen auch in der Anwendung leicht getrennt
werden können.

In den zwey hier dargestellten Arten der Klagen er-
scheint Das, was mit beiden streitenden Theilen vorgeht,
ganz gleichartig; der Vermögenszustand wird für Beide
durch die Pönalklagen verändert, durch die anderen Kla-
gen erhalten. Dieses an sich einfache Verhältniß erhält
aber dadurch einige Verwicklung, daß es eine zahlreiche
und wichtige Klasse von Klagen giebt, die zwischen den
beiden eben dargestellten Arten in der Mitte liegt. Ihre
Eigenthümlichkeit besteht darin, daß die Wirkung auf die
Parteyen ungleichartig ist; für den Kläger wird der Ver-
mögenszustand nur erhalten, für den Beklagten wird er
möglicherweise verändert, so daß der Gegenstand der
Klage für den Kläger Entschädigung, für den Beklagten

(c) Die allgemeinsten Stellen
hierüber sind: Gajus IV. § 6 -- 9,
§ 16 -- 19 J. de act.
(4. 6.); die
genauere Erörterung des Sprach-
gebrauchs aber wird sogleich nach-
folgen. -- Neuere Schriftsteller
nennen häufig die eine Art der
Klagen: rei persecutoriae, al-
lein dieses Adjectivum kommt we-
der hier noch anderwärts jemals
vor. Als Substantivum, und in
einer durchaus verschiedenen Be-
deutung, erscheint einmal das Wort
im Justinianischen Codex (L. un.
C. J. de auri publ.
10. 72.);
aber auch dabey ist die Leseart
sehr zweifelhaft, da der Theodosi-
sche Codex prosecutoria liest.
(L. un. C. Th. eod. 12. 8.)

§. 210. Pönalklagen.
poenalis est; von einer Klage, welche beide Zwecke
umfaßt: mixta est, obgleich auch dieſe oft blos poenalis
heißt (c). Eine beſondere Rückſicht auf dieſe letzte Art iſt
nicht nöthig, da ſie eigentlich aus zwey verſchiedenen Kla-
gen zuſammengeſetzt iſt, ſo daß ihre Beſtandtheile in den
meiſten Fällen auch in der Anwendung leicht getrennt
werden können.

In den zwey hier dargeſtellten Arten der Klagen er-
ſcheint Das, was mit beiden ſtreitenden Theilen vorgeht,
ganz gleichartig; der Vermögenszuſtand wird für Beide
durch die Pönalklagen verändert, durch die anderen Kla-
gen erhalten. Dieſes an ſich einfache Verhältniß erhält
aber dadurch einige Verwicklung, daß es eine zahlreiche
und wichtige Klaſſe von Klagen giebt, die zwiſchen den
beiden eben dargeſtellten Arten in der Mitte liegt. Ihre
Eigenthümlichkeit beſteht darin, daß die Wirkung auf die
Parteyen ungleichartig iſt; für den Kläger wird der Ver-
mögenszuſtand nur erhalten, für den Beklagten wird er
möglicherweiſe verändert, ſo daß der Gegenſtand der
Klage für den Kläger Entſchädigung, für den Beklagten

(c) Die allgemeinſten Stellen
hierüber ſind: Gajus IV. § 6 — 9,
§ 16 — 19 J. de act.
(4. 6.); die
genauere Erörterung des Sprach-
gebrauchs aber wird ſogleich nach-
folgen. — Neuere Schriftſteller
nennen häufig die eine Art der
Klagen: rei persecutoriae, al-
lein dieſes Adjectivum kommt we-
der hier noch anderwärts jemals
vor. Als Subſtantivum, und in
einer durchaus verſchiedenen Be-
deutung, erſcheint einmal das Wort
im Juſtinianiſchen Codex (L. un.
C. J. de auri publ.
10. 72.);
aber auch dabey iſt die Leſeart
ſehr zweifelhaft, da der Theodoſi-
ſche Codex prosecutoria lieſt.
(L. un. C. Th. eod. 12. 8.)
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[39/0053] §. 210. Pönalklagen. poenalis est; von einer Klage, welche beide Zwecke umfaßt: mixta est, obgleich auch dieſe oft blos poenalis heißt (c). Eine beſondere Rückſicht auf dieſe letzte Art iſt nicht nöthig, da ſie eigentlich aus zwey verſchiedenen Kla- gen zuſammengeſetzt iſt, ſo daß ihre Beſtandtheile in den meiſten Fällen auch in der Anwendung leicht getrennt werden können. In den zwey hier dargeſtellten Arten der Klagen er- ſcheint Das, was mit beiden ſtreitenden Theilen vorgeht, ganz gleichartig; der Vermögenszuſtand wird für Beide durch die Pönalklagen verändert, durch die anderen Kla- gen erhalten. Dieſes an ſich einfache Verhältniß erhält aber dadurch einige Verwicklung, daß es eine zahlreiche und wichtige Klaſſe von Klagen giebt, die zwiſchen den beiden eben dargeſtellten Arten in der Mitte liegt. Ihre Eigenthümlichkeit beſteht darin, daß die Wirkung auf die Parteyen ungleichartig iſt; für den Kläger wird der Ver- mögenszuſtand nur erhalten, für den Beklagten wird er möglicherweiſe verändert, ſo daß der Gegenſtand der Klage für den Kläger Entſchädigung, für den Beklagten (c) Die allgemeinſten Stellen hierüber ſind: Gajus IV. § 6 — 9, § 16 — 19 J. de act. (4. 6.); die genauere Erörterung des Sprach- gebrauchs aber wird ſogleich nach- folgen. — Neuere Schriftſteller nennen häufig die eine Art der Klagen: rei persecutoriae, al- lein dieſes Adjectivum kommt we- der hier noch anderwärts jemals vor. Als Subſtantivum, und in einer durchaus verſchiedenen Be- deutung, erſcheint einmal das Wort im Juſtinianiſchen Codex (L. un. C. J. de auri publ. 10. 72.); aber auch dabey iſt die Leſeart ſehr zweifelhaft, da der Theodoſi- ſche Codex prosecutoria lieſt. (L. un. C. Th. eod. 12. 8.)

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/53>, abgerufen am 25.04.2024.