aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey- ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam alienae.
So weit ist kein Streit. Die fernere Frage aber ist die, auf welche Rechtsinstitute die zweyte Abweichung bezogen werden soll: ob blos auf die Usucapion, oder auch auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erste Mey- nung an, so beschränkt man die Neuerung auf den so eben angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde eine fernere Neuerung darin bestehen, daß die bona fides auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin sie dem Römischen Recht fremd ist, und hier natürlich auch in derselben strengeren Gestalt, welche für die Usucapion unzweifelhaft vorgeschrieben ist.
Der leichteren Übersicht wegen habe ich vorläufig nur zwey entgegengesetzte Meynungen erwähnt; in der That aber hat sich der Widerstreit in folgenden Vier Stufen ausgebildet:
1) Jene Decretalen beziehen sich nur allein auf die Usu- capion (g);
2) Sie beziehen sich außerdem auch auf die Verjäh- rung der in rem actiones, weiter nicht (h);
3) Außerdem auch auf persönliche Klagen, jedoch nur wenn diese auf Restitution einer unrechtmäßig besessenen
(g) Vertheidiger dieser Mey- nung: Boden de praescriptione ex solo temporis lapsu proce- dente Halae 1750 § 13 --22. Seuffert Erörterungen Abth. 1 S. 134. Kierulff S. 206--209.
(h) Vertheidiger dieser Mey- nung: Giphanius p. 255. 256.
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey- ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam alienae.
So weit iſt kein Streit. Die fernere Frage aber iſt die, auf welche Rechtsinſtitute die zweyte Abweichung bezogen werden ſoll: ob blos auf die Uſucapion, oder auch auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erſte Mey- nung an, ſo beſchränkt man die Neuerung auf den ſo eben angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde eine fernere Neuerung darin beſtehen, daß die bona fides auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin ſie dem Römiſchen Recht fremd iſt, und hier natürlich auch in derſelben ſtrengeren Geſtalt, welche für die Uſucapion unzweifelhaft vorgeſchrieben iſt.
Der leichteren Überſicht wegen habe ich vorläufig nur zwey entgegengeſetzte Meynungen erwähnt; in der That aber hat ſich der Widerſtreit in folgenden Vier Stufen ausgebildet:
1) Jene Decretalen beziehen ſich nur allein auf die Uſu- capion (g);
2) Sie beziehen ſich außerdem auch auf die Verjäh- rung der in rem actiones, weiter nicht (h);
3) Außerdem auch auf perſönliche Klagen, jedoch nur wenn dieſe auf Reſtitution einer unrechtmäßig beſeſſenen
(g) Vertheidiger dieſer Mey- nung: Boden de praescriptione ex solo temporis lapsu proce- dente Halae 1750 § 13 —22. Seuffert Erörterungen Abth. 1 S. 134. Kierulff S. 206—209.
(h) Vertheidiger dieſer Mey- nung: Giphanius p. 255. 256.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0344"n="330"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältniſſe. Kap. <hirendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/><hirendition="#aq">aliena possidere,</hi> und noch deutlicher in denen des zwey-<lb/>
ten: <hirendition="#aq"><hirendition="#i">in nulla temporis parte</hi> rei habeat conscientiam<lb/>
alienae.</hi></p><lb/><p>So weit iſt kein Streit. Die fernere Frage aber<lb/>
iſt die, auf welche Rechtsinſtitute die zweyte Abweichung<lb/>
bezogen werden ſoll: ob blos auf die Uſucapion, oder auch<lb/>
auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erſte Mey-<lb/>
nung an, ſo beſchränkt man die Neuerung auf den ſo eben<lb/>
angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde<lb/>
eine fernere Neuerung darin beſtehen, daß die <hirendition="#aq">bona fides</hi><lb/>
auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin ſie<lb/>
dem Römiſchen Recht fremd iſt, und hier natürlich auch<lb/>
in derſelben ſtrengeren Geſtalt, welche für die Uſucapion<lb/>
unzweifelhaft vorgeſchrieben iſt.</p><lb/><p>Der leichteren Überſicht wegen habe ich vorläufig nur<lb/>
zwey entgegengeſetzte Meynungen erwähnt; in der That<lb/>
aber hat ſich der Widerſtreit in folgenden Vier Stufen<lb/>
ausgebildet:</p><lb/><list><item>1) Jene Decretalen beziehen ſich nur allein auf die Uſu-<lb/>
capion <noteplace="foot"n="(g)">Vertheidiger dieſer Mey-<lb/>
nung: <hirendition="#aq"><hirendition="#k">Boden</hi> de praescriptione<lb/>
ex solo temporis lapsu proce-<lb/>
dente Halae</hi> 1750 § 13 —22.<lb/><hirendition="#g">Seuffert</hi> Erörterungen Abth. 1<lb/>
S. 134. <hirendition="#g">Kierulff</hi> S. 206—209.</note>;</item><lb/><item>2) Sie beziehen ſich außerdem auch auf die Verjäh-<lb/>
rung der <hirendition="#aq">in rem actiones,</hi> weiter nicht <noteplace="foot"n="(h)">Vertheidiger dieſer Mey-<lb/>
nung: <hirendition="#aq"><hirendition="#k">Giphanius</hi> p.</hi> 255. 256.</note>;</item><lb/><item>3) Außerdem auch auf perſönliche Klagen, jedoch nur<lb/>
wenn dieſe auf Reſtitution einer unrechtmäßig beſeſſenen<lb/></item></list></div></div></div></body></text></TEI>
[330/0344]
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
aliena possidere, und noch deutlicher in denen des zwey-
ten: in nulla temporis parte rei habeat conscientiam
alienae.
So weit iſt kein Streit. Die fernere Frage aber
iſt die, auf welche Rechtsinſtitute die zweyte Abweichung
bezogen werden ſoll: ob blos auf die Uſucapion, oder auch
auf die Klagverjährungen. Nimmt man die erſte Mey-
nung an, ſo beſchränkt man die Neuerung auf den ſo eben
angegebenen Inhalt. Nach der zweyten Meynung würde
eine fernere Neuerung darin beſtehen, daß die bona fides
auch für die Klagverjährung erfordert würde, worin ſie
dem Römiſchen Recht fremd iſt, und hier natürlich auch
in derſelben ſtrengeren Geſtalt, welche für die Uſucapion
unzweifelhaft vorgeſchrieben iſt.
Der leichteren Überſicht wegen habe ich vorläufig nur
zwey entgegengeſetzte Meynungen erwähnt; in der That
aber hat ſich der Widerſtreit in folgenden Vier Stufen
ausgebildet:
1) Jene Decretalen beziehen ſich nur allein auf die Uſu-
capion (g);
2) Sie beziehen ſich außerdem auch auf die Verjäh-
rung der in rem actiones, weiter nicht (h);
3) Außerdem auch auf perſönliche Klagen, jedoch nur
wenn dieſe auf Reſtitution einer unrechtmäßig beſeſſenen
(g) Vertheidiger dieſer Mey-
nung: Boden de praescriptione
ex solo temporis lapsu proce-
dente Halae 1750 § 13 —22.
Seuffert Erörterungen Abth. 1
S. 134. Kierulff S. 206—209.
(h) Vertheidiger dieſer Mey-
nung: Giphanius p. 255. 256.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/344>, abgerufen am 25.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.