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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§ 243. Klagverjährung. Bedingungen. Ununterbrochen. (Forts.)
Klägers jetzt nicht ungünstiger werden dürfe, als vor dem
Urtheil, wo das Recht des Klägers noch ungewiß war (w).
Dennoch müssen jetzt dreyßig Jahre gelten (x). Denn das
rechtskräftige Urtheil enthält der Sache nach eine wahre
Novation, da es sogar den ursprünglichen Anspruch ganz
umbilden kann; es führt auch geradezu den Namen nova-
tio
(y). Daher ist denn auch die ursprüngliche Klage, von
deren modificirter Verjährung etwa die Rede seyn könnte,
gar nicht mehr vorhanden, es ist eine neue Klage aus dem
Urtheil selbst entstanden, und diese ist der gewöhnlichen
Verjährung, wie jede andere Klage, unterworfen. Fol-
gende, mehr practische, Betrachtung führt zu demselben
Erfolg. Solange die Sache liegen blieb, konnte der Klä-
ger dadurch entschuldigt werden, daß er über der Been-
digung derselben ermüdete und daran verzweifelte. Wenn
aber Alles zu seinem Vortheil klar entschieden ist, fällt
diese Entschuldigung gänzlich hinweg.

II. Im Fall der Beendigung eines Rechtsstreits durch
Vergleich treten dieselben Gründe, und selbst noch unzwei-
felhafter, ein. Denn es ist jetzt nicht mehr die ursprüng-
liche Klage vorhanden, der Vertrag ist ein neuer Rechts-
grund geworden, und die Klage aus demselben verjährt
wie jede andere, in dreyßig Jahren.

III. Der letzte Fall einer Ausnahme von der Regel

(w) Unterholzner I. § 125.
S. 444, II. § 267.
(x) Pufendorf T. 1 Obs. 117.
(y) L. 3 pr. C. de usuris rei
jud.
(7. 54.).

§ 243. Klagverjährung. Bedingungen. Ununterbrochen. (Fortſ.)
Klägers jetzt nicht ungünſtiger werden dürfe, als vor dem
Urtheil, wo das Recht des Klägers noch ungewiß war (w).
Dennoch müſſen jetzt dreyßig Jahre gelten (x). Denn das
rechtskräftige Urtheil enthält der Sache nach eine wahre
Novation, da es ſogar den urſprünglichen Anſpruch ganz
umbilden kann; es führt auch geradezu den Namen nova-
tio
(y). Daher iſt denn auch die urſprüngliche Klage, von
deren modificirter Verjährung etwa die Rede ſeyn könnte,
gar nicht mehr vorhanden, es iſt eine neue Klage aus dem
Urtheil ſelbſt entſtanden, und dieſe iſt der gewöhnlichen
Verjährung, wie jede andere Klage, unterworfen. Fol-
gende, mehr practiſche, Betrachtung führt zu demſelben
Erfolg. Solange die Sache liegen blieb, konnte der Klä-
ger dadurch entſchuldigt werden, daß er über der Been-
digung derſelben ermüdete und daran verzweifelte. Wenn
aber Alles zu ſeinem Vortheil klar entſchieden iſt, fällt
dieſe Entſchuldigung gänzlich hinweg.

II. Im Fall der Beendigung eines Rechtsſtreits durch
Vergleich treten dieſelben Gründe, und ſelbſt noch unzwei-
felhafter, ein. Denn es iſt jetzt nicht mehr die urſprüng-
liche Klage vorhanden, der Vertrag iſt ein neuer Rechts-
grund geworden, und die Klage aus demſelben verjährt
wie jede andere, in dreyßig Jahren.

III. Der letzte Fall einer Ausnahme von der Regel

(w) Unterholzner I. § 125.
S. 444, II. § 267.
(x) Pufendorf T. 1 Obs. 117.
(y) L. 3 pr. C. de usuris rei
jud.
(7. 54.).
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[325/0339] § 243. Klagverjährung. Bedingungen. Ununterbrochen. (Fortſ.) Klägers jetzt nicht ungünſtiger werden dürfe, als vor dem Urtheil, wo das Recht des Klägers noch ungewiß war (w). Dennoch müſſen jetzt dreyßig Jahre gelten (x). Denn das rechtskräftige Urtheil enthält der Sache nach eine wahre Novation, da es ſogar den urſprünglichen Anſpruch ganz umbilden kann; es führt auch geradezu den Namen nova- tio (y). Daher iſt denn auch die urſprüngliche Klage, von deren modificirter Verjährung etwa die Rede ſeyn könnte, gar nicht mehr vorhanden, es iſt eine neue Klage aus dem Urtheil ſelbſt entſtanden, und dieſe iſt der gewöhnlichen Verjährung, wie jede andere Klage, unterworfen. Fol- gende, mehr practiſche, Betrachtung führt zu demſelben Erfolg. Solange die Sache liegen blieb, konnte der Klä- ger dadurch entſchuldigt werden, daß er über der Been- digung derſelben ermüdete und daran verzweifelte. Wenn aber Alles zu ſeinem Vortheil klar entſchieden iſt, fällt dieſe Entſchuldigung gänzlich hinweg. II. Im Fall der Beendigung eines Rechtsſtreits durch Vergleich treten dieſelben Gründe, und ſelbſt noch unzwei- felhafter, ein. Denn es iſt jetzt nicht mehr die urſprüng- liche Klage vorhanden, der Vertrag iſt ein neuer Rechts- grund geworden, und die Klage aus demſelben verjährt wie jede andere, in dreyßig Jahren. III. Der letzte Fall einer Ausnahme von der Regel (w) Unterholzner I. § 125. S. 444, II. § 267. (x) Pufendorf T. 1 Obs. 117. (y) L. 3 pr. C. de usuris rei jud. (7. 54.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/339>, abgerufen am 25.04.2024.