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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortsetzung.)

So die condictio furtiva und die furti actio aus dem-
selben Diebstahl, deren gegenseitige Unabhängigkeit stets unbe-
stritten war (a). Eben so, nach der richtigeren Betrach-
tung, die Injurienklage und die Aquilische Klage, wenn
ein Sklave durch Schläge hart mishandelt war. Darin
lag eine Injurie gegen den Herrn, und eine Beschädigung
des Eigenthums, die Injurienklage verfolgte eine Strafe,
die Aquilische den Schadensersatz (b).

Es liegt also hierin dasselbe Princip, wie bey den ge-
mischten Pönalklagen. Die actio vi bonorum raptorum
geht auf den einfachen Ersatz, und daneben, auf den drey-
fachen Werth als Strafe (c). Wie hier durch eine und
dieselbe Klage die Strafe noch außer der Entschädigung
gefordert wird, so in jenen Fällen durch verschiedene
Klagen.

B) Die Injurie gegen eine Ehefrau ist zugleich eine
Injurie gegen den Mann. Hier entstehen aus derselben
Handlung zwey gleichnamige Strafklagen, deren jede von

(a) L. 7 § 1 de cond. furt.
(13. 1.), L. 45. 46. 47 pr. pro
soc.
(17. 2.), L. 34 § 2 de O. et
A.
(44. 7.), L. 54 § 3 de furtis

(47. 2.).
(b) L. 15 § 46 de injur. (47.
10.). So war es unbestritten, wenn
man in der Aquilischen Klage die
Entschädigung als das Überwie-
gende betrachtete. Paulus freylich
sieht sie in L. 34 pr. de O. et A.
(44. 7.) vorzugsweise als Straf-
klage an, und wendet daher auf
diesen Fall ganz unpassender Weise
das Princip des bloßen amplius
in der zweyten Klage an. Nach
Ulpians Meynung kann auch diese
Betrachtungsweise kein anderes
Resultat geben, wie sich unten in
diesem §. zeigen wird.
(c) pr. J. de vi bon. rapt.
(4. 2.). -- Unter den früheren Ju-
risten freylich hatten Manche be-
hauptet, das Vierfache sey hier
reine Strafe. Gajus IV. § 8.
§. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)

So die condictio furtiva und die furti actio aus dem-
ſelben Diebſtahl, deren gegenſeitige Unabhängigkeit ſtets unbe-
ſtritten war (a). Eben ſo, nach der richtigeren Betrach-
tung, die Injurienklage und die Aquiliſche Klage, wenn
ein Sklave durch Schläge hart mishandelt war. Darin
lag eine Injurie gegen den Herrn, und eine Beſchädigung
des Eigenthums, die Injurienklage verfolgte eine Strafe,
die Aquiliſche den Schadenserſatz (b).

Es liegt alſo hierin daſſelbe Princip, wie bey den ge-
miſchten Pönalklagen. Die actio vi bonorum raptorum
geht auf den einfachen Erſatz, und daneben, auf den drey-
fachen Werth als Strafe (c). Wie hier durch eine und
dieſelbe Klage die Strafe noch außer der Entſchädigung
gefordert wird, ſo in jenen Fällen durch verſchiedene
Klagen.

B) Die Injurie gegen eine Ehefrau iſt zugleich eine
Injurie gegen den Mann. Hier entſtehen aus derſelben
Handlung zwey gleichnamige Strafklagen, deren jede von

(a) L. 7 § 1 de cond. furt.
(13. 1.), L. 45. 46. 47 pr. pro
soc.
(17. 2.), L. 34 § 2 de O. et
A.
(44. 7.), L. 54 § 3 de furtis

(47. 2.).
(b) L. 15 § 46 de injur. (47.
10.). So war es unbeſtritten, wenn
man in der Aquiliſchen Klage die
Entſchädigung als das Überwie-
gende betrachtete. Paulus freylich
ſieht ſie in L. 34 pr. de O. et A.
(44. 7.) vorzugsweiſe als Straf-
klage an, und wendet daher auf
dieſen Fall ganz unpaſſender Weiſe
das Princip des bloßen amplius
in der zweyten Klage an. Nach
Ulpians Meynung kann auch dieſe
Betrachtungsweiſe kein anderes
Reſultat geben, wie ſich unten in
dieſem §. zeigen wird.
(c) pr. J. de vi bon. rapt.
(4. 2.). — Unter den früheren Ju-
riſten freylich hatten Manche be-
hauptet, das Vierfache ſey hier
reine Strafe. Gajus IV. § 8.
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[233/0247] §. 234. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.) So die condictio furtiva und die furti actio aus dem- ſelben Diebſtahl, deren gegenſeitige Unabhängigkeit ſtets unbe- ſtritten war (a). Eben ſo, nach der richtigeren Betrach- tung, die Injurienklage und die Aquiliſche Klage, wenn ein Sklave durch Schläge hart mishandelt war. Darin lag eine Injurie gegen den Herrn, und eine Beſchädigung des Eigenthums, die Injurienklage verfolgte eine Strafe, die Aquiliſche den Schadenserſatz (b). Es liegt alſo hierin daſſelbe Princip, wie bey den ge- miſchten Pönalklagen. Die actio vi bonorum raptorum geht auf den einfachen Erſatz, und daneben, auf den drey- fachen Werth als Strafe (c). Wie hier durch eine und dieſelbe Klage die Strafe noch außer der Entſchädigung gefordert wird, ſo in jenen Fällen durch verſchiedene Klagen. B) Die Injurie gegen eine Ehefrau iſt zugleich eine Injurie gegen den Mann. Hier entſtehen aus derſelben Handlung zwey gleichnamige Strafklagen, deren jede von (a) L. 7 § 1 de cond. furt. (13. 1.), L. 45. 46. 47 pr. pro soc. (17. 2.), L. 34 § 2 de O. et A. (44. 7.), L. 54 § 3 de furtis (47. 2.). (b) L. 15 § 46 de injur. (47. 10.). So war es unbeſtritten, wenn man in der Aquiliſchen Klage die Entſchädigung als das Überwie- gende betrachtete. Paulus freylich ſieht ſie in L. 34 pr. de O. et A. (44. 7.) vorzugsweiſe als Straf- klage an, und wendet daher auf dieſen Fall ganz unpaſſender Weiſe das Princip des bloßen amplius in der zweyten Klage an. Nach Ulpians Meynung kann auch dieſe Betrachtungsweiſe kein anderes Reſultat geben, wie ſich unten in dieſem §. zeigen wird. (c) pr. J. de vi bon. rapt. (4. 2.). — Unter den früheren Ju- riſten freylich hatten Manche be- hauptet, das Vierfache ſey hier reine Strafe. Gajus IV. § 8.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/247>, abgerufen am 24.04.2024.