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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortsetzung.)
Zusammenhang der ganzen Stelle, deren unmittelbar vor-
hergehende Worte so lauten: Nemo ex his, qui negant
se debere, prohibetur etiam alia defensione uti, nisi lex
impedit
(b). Ulpian will hier augenscheinlich auf einen
Unterschied zwischen der Lage des Beklagten und des Klä-
gers aufmerksam machen; Jener könne auch mehrere Ver-
theidigungsmittel zugleich (Verneinung und Exceptionen)
geltend machen; der Kläger dürfe unter mehreren, für
denselben Zweck concurrirenden, Klagen nur Eine gebrau-
chen (c). Eine fernere Bestätigung dieser Erklärung liegt
in einer andern Stelle desselben Ulpian, worin mehrere
Klagen de eadem re für solche erklärt werden, die den-
selben Gegenstand verfolgen (d).

Anwendungen dieser Regel finden sich in bedeutender
Anzahl, und zwar sowohl bey Klagen unter denselben,
als bey Klagen unter verschiedenen Personen.

Unter denselben Personen erscheint dieses Verhält-

(b) L. 43 pr. eod.
(c) Der hier von Ulpian be-
merkte Gegensatz zwischen den
Rechtsmitteln des Beklagten und
des Klägers ist insofern mehr
scheinbar als wahr, daß auch der
Beklagte durch die verschiedensten
Vertheidigungsmittel seinen Zweck
(die Lossprechung) doch immer nur
einmal erreichen kann, eben so wie
der Kläger, welcher mehrere con-
currirende Klagen hat. Darin aber
ist allerdings zwischen Beiden ein
praktischer Unterschied, daß der
Kläger, wenn er mit einer der
concurrirenden Klagen abgewiesen
ist, nicht mehr die andere gebrau-
chen kann, anstatt daß der Beklagte
alle Vertheidigungen zugleich vor-
bringt, wobey es ihm nicht schadet,
wenn die meisten als ungegründet
verworfen werden, und nur eine
als richtig anerkannt wird.
(d) L. 5 de exc. rei jud.
(44. 2.). "De eadem re agere
videtur, et qui non eadem ac-
tione agat ... Recteque ita de-
finietur, eum demum de (eadem)
re non agere, qui prorsus rem
ipsam non persequitur
"
....

§. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.)
Zuſammenhang der ganzen Stelle, deren unmittelbar vor-
hergehende Worte ſo lauten: Nemo ex his, qui negant
se debere, prohibetur etiam alia defensione uti, nisi lex
impedit
(b). Ulpian will hier augenſcheinlich auf einen
Unterſchied zwiſchen der Lage des Beklagten und des Klä-
gers aufmerkſam machen; Jener könne auch mehrere Ver-
theidigungsmittel zugleich (Verneinung und Exceptionen)
geltend machen; der Kläger dürfe unter mehreren, für
denſelben Zweck concurrirenden, Klagen nur Eine gebrau-
chen (c). Eine fernere Beſtätigung dieſer Erklärung liegt
in einer andern Stelle deſſelben Ulpian, worin mehrere
Klagen de eadem re für ſolche erklärt werden, die den-
ſelben Gegenſtand verfolgen (d).

Anwendungen dieſer Regel finden ſich in bedeutender
Anzahl, und zwar ſowohl bey Klagen unter denſelben,
als bey Klagen unter verſchiedenen Perſonen.

Unter denſelben Perſonen erſcheint dieſes Verhält-

(b) L. 43 pr. eod.
(c) Der hier von Ulpian be-
merkte Gegenſatz zwiſchen den
Rechtsmitteln des Beklagten und
des Klägers iſt inſofern mehr
ſcheinbar als wahr, daß auch der
Beklagte durch die verſchiedenſten
Vertheidigungsmittel ſeinen Zweck
(die Losſprechung) doch immer nur
einmal erreichen kann, eben ſo wie
der Kläger, welcher mehrere con-
currirende Klagen hat. Darin aber
iſt allerdings zwiſchen Beiden ein
praktiſcher Unterſchied, daß der
Kläger, wenn er mit einer der
concurrirenden Klagen abgewieſen
iſt, nicht mehr die andere gebrau-
chen kann, anſtatt daß der Beklagte
alle Vertheidigungen zugleich vor-
bringt, wobey es ihm nicht ſchadet,
wenn die meiſten als ungegründet
verworfen werden, und nur eine
als richtig anerkannt wird.
(d) L. 5 de exc. rei jud.
(44. 2.). „De eadem re agere
videtur, et qui non eadem ac-
tione agat … Recteque ita de-
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re non agere, qui prorsus rem
ipsam non persequitur
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[217/0231] §. 232. Concurrenz der Klagen. (Fortſetzung.) Zuſammenhang der ganzen Stelle, deren unmittelbar vor- hergehende Worte ſo lauten: Nemo ex his, qui negant se debere, prohibetur etiam alia defensione uti, nisi lex impedit (b). Ulpian will hier augenſcheinlich auf einen Unterſchied zwiſchen der Lage des Beklagten und des Klä- gers aufmerkſam machen; Jener könne auch mehrere Ver- theidigungsmittel zugleich (Verneinung und Exceptionen) geltend machen; der Kläger dürfe unter mehreren, für denſelben Zweck concurrirenden, Klagen nur Eine gebrau- chen (c). Eine fernere Beſtätigung dieſer Erklärung liegt in einer andern Stelle deſſelben Ulpian, worin mehrere Klagen de eadem re für ſolche erklärt werden, die den- ſelben Gegenſtand verfolgen (d). Anwendungen dieſer Regel finden ſich in bedeutender Anzahl, und zwar ſowohl bey Klagen unter denſelben, als bey Klagen unter verſchiedenen Perſonen. Unter denſelben Perſonen erſcheint dieſes Verhält- (b) L. 43 pr. eod. (c) Der hier von Ulpian be- merkte Gegenſatz zwiſchen den Rechtsmitteln des Beklagten und des Klägers iſt inſofern mehr ſcheinbar als wahr, daß auch der Beklagte durch die verſchiedenſten Vertheidigungsmittel ſeinen Zweck (die Losſprechung) doch immer nur einmal erreichen kann, eben ſo wie der Kläger, welcher mehrere con- currirende Klagen hat. Darin aber iſt allerdings zwiſchen Beiden ein praktiſcher Unterſchied, daß der Kläger, wenn er mit einer der concurrirenden Klagen abgewieſen iſt, nicht mehr die andere gebrau- chen kann, anſtatt daß der Beklagte alle Vertheidigungen zugleich vor- bringt, wobey es ihm nicht ſchadet, wenn die meiſten als ungegründet verworfen werden, und nur eine als richtig anerkannt wird. (d) L. 5 de exc. rei jud. (44. 2.). „De eadem re agere videtur, et qui non eadem ac- tione agat … Recteque ita de- finietur, eum demum de (eadem) re non agere, qui prorsus rem ipsam non persequitur” ….

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/231>, abgerufen am 28.03.2024.