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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
geführt worden ist (§ 73). -- C) Die Klage auf den Wi-
derruf einer Schenkung wegen Undankbarkeit soll gleich-
falls nicht auf die Erben des Gebers übergehen (§ 169. b.).
Auch dieses läßt sich auf den Begriff der Vindicta zurück
führen, wozu der eingeklagte Vermögenswerth nur als
Mittel gebraucht werden soll (k). -- D) Eben so die (im
Justinianischen Recht verschwundene) morum coercitio,
das heißt die actio de moribus und die retentio propter
mores
im Fall der Sittenlosigkeit eines Ehegatten (l). Daß
diese Rechtsmittel auf reine Vindicta gehen, ist unverkennbar.

Mit Unrecht zählt Gajus unter die positiven Ausnah-
men von der Vererblichkeit der Klagrechte, die dem Adsti-
pulator zustehende Klage (m). Denn da er selbst sagt,
daß das Verhältniß des Glaubigers zum Adstipulator stets
auf einem Mandat beruhe (n), das Mandat aber niemals
auf die Erben des Bevollmächtigten übergeht, so folgt von
selbst, daß die Erben des Adstipulators den nur ihm selbst
ertheilten Auftrag nicht durch Anstellung der Stipulations-
klage besorgen können, weshalb dieser Fall der Unvererb-
lichkeit als eine besondere Ausnahme von der Regel nicht
anzusehen ist.

Von Seiten des Beklagten ist die Zahl der unver-
erblichen Klagen bedeutender als von Seiten des Klägers.

Die persönlichen Klagen aus Contracten und Quasi-

(k) Vgl. Kierulff Theorie I.
228.
(l) L. 15 § 1 sol. matr. (24. 3.).
(m) Gajus III. § 114, IV.
§ 113.
(n) Gajus III. § 111. 216.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
geführt worden iſt (§ 73). — C) Die Klage auf den Wi-
derruf einer Schenkung wegen Undankbarkeit ſoll gleich-
falls nicht auf die Erben des Gebers übergehen (§ 169. b.).
Auch dieſes läßt ſich auf den Begriff der Vindicta zurück
führen, wozu der eingeklagte Vermögenswerth nur als
Mittel gebraucht werden ſoll (k). — D) Eben ſo die (im
Juſtinianiſchen Recht verſchwundene) morum coercitio,
das heißt die actio de moribus und die retentio propter
mores
im Fall der Sittenloſigkeit eines Ehegatten (l). Daß
dieſe Rechtsmittel auf reine Vindicta gehen, iſt unverkennbar.

Mit Unrecht zählt Gajus unter die poſitiven Ausnah-
men von der Vererblichkeit der Klagrechte, die dem Adſti-
pulator zuſtehende Klage (m). Denn da er ſelbſt ſagt,
daß das Verhältniß des Glaubigers zum Adſtipulator ſtets
auf einem Mandat beruhe (n), das Mandat aber niemals
auf die Erben des Bevollmächtigten übergeht, ſo folgt von
ſelbſt, daß die Erben des Adſtipulators den nur ihm ſelbſt
ertheilten Auftrag nicht durch Anſtellung der Stipulations-
klage beſorgen können, weshalb dieſer Fall der Unvererb-
lichkeit als eine beſondere Ausnahme von der Regel nicht
anzuſehen iſt.

Von Seiten des Beklagten iſt die Zahl der unver-
erblichen Klagen bedeutender als von Seiten des Klägers.

Die perſönlichen Klagen aus Contracten und Quaſi-

(k) Vgl. Kierulff Theorie I.
228.
(l) L. 15 § 1 sol. matr. (24. 3.).
(m) Gajus III. § 114, IV.
§ 113.
(n) Gajus III. § 111. 216.
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[202/0216] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. geführt worden iſt (§ 73). — C) Die Klage auf den Wi- derruf einer Schenkung wegen Undankbarkeit ſoll gleich- falls nicht auf die Erben des Gebers übergehen (§ 169. b.). Auch dieſes läßt ſich auf den Begriff der Vindicta zurück führen, wozu der eingeklagte Vermögenswerth nur als Mittel gebraucht werden ſoll (k). — D) Eben ſo die (im Juſtinianiſchen Recht verſchwundene) morum coercitio, das heißt die actio de moribus und die retentio propter mores im Fall der Sittenloſigkeit eines Ehegatten (l). Daß dieſe Rechtsmittel auf reine Vindicta gehen, iſt unverkennbar. Mit Unrecht zählt Gajus unter die poſitiven Ausnah- men von der Vererblichkeit der Klagrechte, die dem Adſti- pulator zuſtehende Klage (m). Denn da er ſelbſt ſagt, daß das Verhältniß des Glaubigers zum Adſtipulator ſtets auf einem Mandat beruhe (n), das Mandat aber niemals auf die Erben des Bevollmächtigten übergeht, ſo folgt von ſelbſt, daß die Erben des Adſtipulators den nur ihm ſelbſt ertheilten Auftrag nicht durch Anſtellung der Stipulations- klage beſorgen können, weshalb dieſer Fall der Unvererb- lichkeit als eine beſondere Ausnahme von der Regel nicht anzuſehen iſt. Von Seiten des Beklagten iſt die Zahl der unver- erblichen Klagen bedeutender als von Seiten des Klägers. Die perſönlichen Klagen aus Contracten und Quaſi- (k) Vgl. Kierulff Theorie I. 228. (l) L. 15 § 1 sol. matr. (24. 3.). (m) Gajus III. § 114, IV. § 113. (n) Gajus III. § 111. 216.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/216>, abgerufen am 23.04.2024.