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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
die zweyten peremptoriae oder perpetuae (t). -- Die Wir-
kung der dilatorischen Exceptionen war aber im alten
Prozeß ganz verschieden, je nachdem sie sich auf den In-
halt der Intentio selbst bezogen oder nicht. War z. B. die
exceptio pacti in diem vorgebracht, und überzeugte sich
der Judex von ihrer Richtigkeit, so mußte er nun ganz
absolviren, und die Forderung war für immer verloren;
war also der Kläger vorsichtig, so nahm er die Klage
vorläufig ganz zurück, und ließ es gar nicht zu einem ju-
dicium
kommen (u). Anders bey denjenigen dilatorischen
Exceptionen, die keinen Bezug auf den Inhalt der Inten-

ganz in der Analogie der actio
perpetua
und temporalis. Daß
sie nicht herrschend geworden sind,
erklärt sich wohl aus der Selten-
heit der verjährbaren Exceptionen.
(t) Gajus IV. § 120--125, L. 2
§ 4 L. 3 de exc. (44. 1.), § 8--10
J. de exc.
(4. 13.). Die Pro-
zeßregeln, worauf sich dilatorische
Exceptionen gründeten, nahmen nur
dann diese Gestalt an, wenn sie
vor dem Prätor geltend gemacht
wurden; kamen sie erst vor dem
Judex zur Sprache, so mußten sie
zwar auch beachtet werden, sie hie-
ßen aber nun nicht exceptiones,
sondern translationes, oder trans-
lativae constitutiones.
Die be-
stimmteste Stelle hierüber ist Ci-
cero
de invent. II.
19. 20. Nach
anderen, unbestimmteren Stellen
könnte man glauben, die exceptio
dilatoria
selbst habe den Namen
translatio geführt. De invent. I. 8,
ad Herenn. I. 12, II. 12, Fortuna-
tian.
und Sulp. Victor bey Ca-
perronner. Rhetores ant. p.

63. 284.
(u) Gajus IV. § 123. Vgl. Zim-
mern
§ 95. Nach der Allgemein-
heit, womit sich Gajus ausdrückt,
könnte man glauben, Dieses sey
bey allen dilatorischen Exceptionen
der Fall gewesen, und auf die von
ihm angeführten Beyspiele paßt
die Regel auch wirklich. Aber
wenn bey der fori praescriptio
anerkannt wurde, daß der magi-
stratus
nicht competent sey, so
hatte auch der Judex keine wirk-
liche Macht empfangen, er konnte
weder condemniren noch absolviren,
und die Sache wurde nicht consu-
mirt, weil sie gar nicht in judi-
cium
deducirt war. Bey der ex-
ceptio praejudicialis
sollte das
Urtheil aufgeschoben, also für den
Augenblick weder condemnirt noch
absolvirt werden.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
die zweyten peremptoriae oder perpetuae (t). — Die Wir-
kung der dilatoriſchen Exceptionen war aber im alten
Prozeß ganz verſchieden, je nachdem ſie ſich auf den In-
halt der Intentio ſelbſt bezogen oder nicht. War z. B. die
exceptio pacti in diem vorgebracht, und überzeugte ſich
der Judex von ihrer Richtigkeit, ſo mußte er nun ganz
abſolviren, und die Forderung war für immer verloren;
war alſo der Kläger vorſichtig, ſo nahm er die Klage
vorläufig ganz zurück, und ließ es gar nicht zu einem ju-
dicium
kommen (u). Anders bey denjenigen dilatoriſchen
Exceptionen, die keinen Bezug auf den Inhalt der Inten-

ganz in der Analogie der actio
perpetua
und temporalis. Daß
ſie nicht herrſchend geworden ſind,
erklärt ſich wohl aus der Selten-
heit der verjährbaren Exceptionen.
(t) Gajus IV. § 120—125, L. 2
§ 4 L. 3 de exc. (44. 1.), § 8—10
J. de exc.
(4. 13.). Die Pro-
zeßregeln, worauf ſich dilatoriſche
Exceptionen gründeten, nahmen nur
dann dieſe Geſtalt an, wenn ſie
vor dem Prätor geltend gemacht
wurden; kamen ſie erſt vor dem
Judex zur Sprache, ſo mußten ſie
zwar auch beachtet werden, ſie hie-
ßen aber nun nicht exceptiones,
ſondern translationes, oder trans-
lativae constitutiones.
Die be-
ſtimmteſte Stelle hierüber iſt Ci-
cero
de invent. II.
19. 20. Nach
anderen, unbeſtimmteren Stellen
könnte man glauben, die exceptio
dilatoria
ſelbſt habe den Namen
translatio geführt. De invent. I. 8,
ad Herenn. I. 12, II. 12, Fortuna-
tian.
und Sulp. Victor bey Ca-
perronner. Rhetores ant. p.

63. 284.
(u) Gajus IV. § 123. Vgl. Zim-
mern
§ 95. Nach der Allgemein-
heit, womit ſich Gajus ausdrückt,
könnte man glauben, Dieſes ſey
bey allen dilatoriſchen Exceptionen
der Fall geweſen, und auf die von
ihm angeführten Beyſpiele paßt
die Regel auch wirklich. Aber
wenn bey der fori praescriptio
anerkannt wurde, daß der magi-
stratus
nicht competent ſey, ſo
hatte auch der Judex keine wirk-
liche Macht empfangen, er konnte
weder condemniren noch abſolviren,
und die Sache wurde nicht conſu-
mirt, weil ſie gar nicht in judi-
cium
deducirt war. Bey der ex-
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ſollte das
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[176/0190] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. die zweyten peremptoriae oder perpetuae (t). — Die Wir- kung der dilatoriſchen Exceptionen war aber im alten Prozeß ganz verſchieden, je nachdem ſie ſich auf den In- halt der Intentio ſelbſt bezogen oder nicht. War z. B. die exceptio pacti in diem vorgebracht, und überzeugte ſich der Judex von ihrer Richtigkeit, ſo mußte er nun ganz abſolviren, und die Forderung war für immer verloren; war alſo der Kläger vorſichtig, ſo nahm er die Klage vorläufig ganz zurück, und ließ es gar nicht zu einem ju- dicium kommen (u). Anders bey denjenigen dilatoriſchen Exceptionen, die keinen Bezug auf den Inhalt der Inten- (s) (t) Gajus IV. § 120—125, L. 2 § 4 L. 3 de exc. (44. 1.), § 8—10 J. de exc. (4. 13.). Die Pro- zeßregeln, worauf ſich dilatoriſche Exceptionen gründeten, nahmen nur dann dieſe Geſtalt an, wenn ſie vor dem Prätor geltend gemacht wurden; kamen ſie erſt vor dem Judex zur Sprache, ſo mußten ſie zwar auch beachtet werden, ſie hie- ßen aber nun nicht exceptiones, ſondern translationes, oder trans- lativae constitutiones. Die be- ſtimmteſte Stelle hierüber iſt Ci- cero de invent. II. 19. 20. Nach anderen, unbeſtimmteren Stellen könnte man glauben, die exceptio dilatoria ſelbſt habe den Namen translatio geführt. De invent. I. 8, ad Herenn. I. 12, II. 12, Fortuna- tian. und Sulp. Victor bey Ca- perronner. Rhetores ant. p. 63. 284. (u) Gajus IV. § 123. Vgl. Zim- mern § 95. Nach der Allgemein- heit, womit ſich Gajus ausdrückt, könnte man glauben, Dieſes ſey bey allen dilatoriſchen Exceptionen der Fall geweſen, und auf die von ihm angeführten Beyſpiele paßt die Regel auch wirklich. Aber wenn bey der fori praescriptio anerkannt wurde, daß der magi- stratus nicht competent ſey, ſo hatte auch der Judex keine wirk- liche Macht empfangen, er konnte weder condemniren noch abſolviren, und die Sache wurde nicht conſu- mirt, weil ſie gar nicht in judi- cium deducirt war. Bey der ex- ceptio praejudicialis ſollte das Urtheil aufgeſchoben, alſo für den Augenblick weder condemnirt noch abſolvirt werden. (s) ganz in der Analogie der actio perpetua und temporalis. Daß ſie nicht herrſchend geworden ſind, erklärt ſich wohl aus der Selten- heit der verjährbaren Exceptionen.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/190>, abgerufen am 19.04.2024.