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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
daß der Name Exceptio im Justinianischen Recht, nach-
dem seine eigentliche Bedeutung verschwunden sey, auf ge-
dankenlose Weise beybehalten worden wäre, und schon
deshalb verworfen werden müßte. Allerdings war die un-
mittelbare Beziehung jenes Namens die auf die alten
Klagformeln, und diese war zu Justinians Zeit verschwun-
den. Allein die Fassung der Formeln war nicht zufällig,
vielmehr drückte sie das innere Wesen der Rechtsverhält-
nisse aus, und dieses ist unverändert geblieben. Noch jetzt
also bezeichnet Exceptio stets das Verhältniß einer Aus-
nahme von der aus der Klage eigentlich hervorgehenden
Verpflichtung, obgleich diese Ausnahme nicht mehr auf die
Anweisung an einen Judex zur regelmäßigen Condemnation
sich bezieht.

Diese Bemerkungen sind aber nicht blos auf das Ju-
stinianische Recht anzuwenden, sondern in gewissem Grade
selbst auf deutsche Prozeßgesetze. Nach einer sehr verbrei-
teten Meynung nämlich soll, was auch der Inhalt des
neuesten Römischen Rechts seyn möge, wenigstens der
Jüngste Reichsabschied (von 1654) für die Exceptionen
das Recht und den Sprachgebrauch gänzlich umgeändert
haben. Es gehören dahin folgende zwey Stellen:

§ 37 "was er dabey dilatorie oder peremptorie einzu-
wenden
haben möchte."
§ 38 "wann er verzügliche oder andere dergleichen Ex-
ceptiones
vorzunehmen hätte."

Das ist unverkennbar, daß hier unter den Einwendun-

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
daß der Name Exceptio im Juſtinianiſchen Recht, nach-
dem ſeine eigentliche Bedeutung verſchwunden ſey, auf ge-
dankenloſe Weiſe beybehalten worden wäre, und ſchon
deshalb verworfen werden müßte. Allerdings war die un-
mittelbare Beziehung jenes Namens die auf die alten
Klagformeln, und dieſe war zu Juſtinians Zeit verſchwun-
den. Allein die Faſſung der Formeln war nicht zufällig,
vielmehr drückte ſie das innere Weſen der Rechtsverhält-
niſſe aus, und dieſes iſt unverändert geblieben. Noch jetzt
alſo bezeichnet Exceptio ſtets das Verhältniß einer Aus-
nahme von der aus der Klage eigentlich hervorgehenden
Verpflichtung, obgleich dieſe Ausnahme nicht mehr auf die
Anweiſung an einen Judex zur regelmäßigen Condemnation
ſich bezieht.

Dieſe Bemerkungen ſind aber nicht blos auf das Ju-
ſtinianiſche Recht anzuwenden, ſondern in gewiſſem Grade
ſelbſt auf deutſche Prozeßgeſetze. Nach einer ſehr verbrei-
teten Meynung nämlich ſoll, was auch der Inhalt des
neueſten Römiſchen Rechts ſeyn möge, wenigſtens der
Jüngſte Reichsabſchied (von 1654) für die Exceptionen
das Recht und den Sprachgebrauch gänzlich umgeändert
haben. Es gehören dahin folgende zwey Stellen:

§ 37 „was er dabey dilatorie oder peremptorie einzu-
wenden
haben möchte.“
§ 38 „wann er verzügliche oder andere dergleichen Ex-
ceptiones
vorzunehmen hätte.“

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[168/0182] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. daß der Name Exceptio im Juſtinianiſchen Recht, nach- dem ſeine eigentliche Bedeutung verſchwunden ſey, auf ge- dankenloſe Weiſe beybehalten worden wäre, und ſchon deshalb verworfen werden müßte. Allerdings war die un- mittelbare Beziehung jenes Namens die auf die alten Klagformeln, und dieſe war zu Juſtinians Zeit verſchwun- den. Allein die Faſſung der Formeln war nicht zufällig, vielmehr drückte ſie das innere Weſen der Rechtsverhält- niſſe aus, und dieſes iſt unverändert geblieben. Noch jetzt alſo bezeichnet Exceptio ſtets das Verhältniß einer Aus- nahme von der aus der Klage eigentlich hervorgehenden Verpflichtung, obgleich dieſe Ausnahme nicht mehr auf die Anweiſung an einen Judex zur regelmäßigen Condemnation ſich bezieht. Dieſe Bemerkungen ſind aber nicht blos auf das Ju- ſtinianiſche Recht anzuwenden, ſondern in gewiſſem Grade ſelbſt auf deutſche Prozeßgeſetze. Nach einer ſehr verbrei- teten Meynung nämlich ſoll, was auch der Inhalt des neueſten Römiſchen Rechts ſeyn möge, wenigſtens der Jüngſte Reichsabſchied (von 1654) für die Exceptionen das Recht und den Sprachgebrauch gänzlich umgeändert haben. Es gehören dahin folgende zwey Stellen: § 37 „was er dabey dilatorie oder peremptorie einzu- wenden haben möchte.“ § 38 „wann er verzügliche oder andere dergleichen Ex- ceptiones vorzunehmen hätte.“ Das iſt unverkennbar, daß hier unter den Einwendun-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/182>, abgerufen am 28.03.2024.