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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 226. Exceptionen. Form. Geschichte.
erhalten hatten, behielten denselben, auch nachdem er auf-
gehört hatte passend zu seyn, dennoch bey, und so ge-
wöhnte man sich daran, Praescriptio für einen mit Ex-
ceptio
gleichbedeutenden Namen anzusehen. Dieser ver-
änderte Sprachgebrauch aber wurde noch sehr befördert
durch den Untergang des ordo judiciorum, indem nun
keine formulae mehr geschrieben wurden, in welchen man
verschiedene Stellen hätte unterscheiden können, auch die
früheren im Interesse des Klägers gemachten Einschrän-
kungen völlig verschwanden. Allerdings ist bey den ein-
zelnen Exceptionen der eine oder der andere Name vor-
herrschend, so daß die abweichende Bezeichnung nur als
seltene Ausnahme erscheint (Note i.). Dieses ist ohne Zwei-
fel daraus zu erklären, daß z. B. die doli und rei judi-
catae exceptio
stets am Ende der Formel standen, anstatt
daß die temporis und die fori praescriptio in früherer
Zeit voran geschrieben wurden. -- Bey den neueren Ju-
risten freylich, und schon seit mehreren Jahrhunderten, hat
der Ausdruck Praescriptio, zur großen Verwirrung der
Rechtswissenschaft, eine ganz andere Bedeutung angenom-
men, nämlich die der Verjährung, welche Veränderung
des Sprachgebrauchs jedoch an dieser Stelle gar nicht zu
beachten ist (l1).

Die Exceptio, in der hier dargestellten Prozeßform,
kann erst gebraucht worden seyn seit der Entstehung des
ordo judiciorum, in den alten Legis actiones kam sie

(l1) Vgl. oben B. 4 § 178.

§. 226. Exceptionen. Form. Geſchichte.
erhalten hatten, behielten denſelben, auch nachdem er auf-
gehört hatte paſſend zu ſeyn, dennoch bey, und ſo ge-
wöhnte man ſich daran, Praescriptio für einen mit Ex-
ceptio
gleichbedeutenden Namen anzuſehen. Dieſer ver-
änderte Sprachgebrauch aber wurde noch ſehr befördert
durch den Untergang des ordo judiciorum, indem nun
keine formulae mehr geſchrieben wurden, in welchen man
verſchiedene Stellen hätte unterſcheiden können, auch die
früheren im Intereſſe des Klägers gemachten Einſchrän-
kungen völlig verſchwanden. Allerdings iſt bey den ein-
zelnen Exceptionen der eine oder der andere Name vor-
herrſchend, ſo daß die abweichende Bezeichnung nur als
ſeltene Ausnahme erſcheint (Note i.). Dieſes iſt ohne Zwei-
fel daraus zu erklären, daß z. B. die doli und rei judi-
catae exceptio
ſtets am Ende der Formel ſtanden, anſtatt
daß die temporis und die fori praescriptio in früherer
Zeit voran geſchrieben wurden. — Bey den neueren Ju-
riſten freylich, und ſchon ſeit mehreren Jahrhunderten, hat
der Ausdruck Praescriptio, zur großen Verwirrung der
Rechtswiſſenſchaft, eine ganz andere Bedeutung angenom-
men, nämlich die der Verjährung, welche Veränderung
des Sprachgebrauchs jedoch an dieſer Stelle gar nicht zu
beachten iſt (l¹).

Die Exceptio, in der hier dargeſtellten Prozeßform,
kann erſt gebraucht worden ſeyn ſeit der Entſtehung des
ordo judiciorum, in den alten Legis actiones kam ſie

(l¹) Vgl. oben B. 4 § 178.
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[165/0179] §. 226. Exceptionen. Form. Geſchichte. erhalten hatten, behielten denſelben, auch nachdem er auf- gehört hatte paſſend zu ſeyn, dennoch bey, und ſo ge- wöhnte man ſich daran, Praescriptio für einen mit Ex- ceptio gleichbedeutenden Namen anzuſehen. Dieſer ver- änderte Sprachgebrauch aber wurde noch ſehr befördert durch den Untergang des ordo judiciorum, indem nun keine formulae mehr geſchrieben wurden, in welchen man verſchiedene Stellen hätte unterſcheiden können, auch die früheren im Intereſſe des Klägers gemachten Einſchrän- kungen völlig verſchwanden. Allerdings iſt bey den ein- zelnen Exceptionen der eine oder der andere Name vor- herrſchend, ſo daß die abweichende Bezeichnung nur als ſeltene Ausnahme erſcheint (Note i.). Dieſes iſt ohne Zwei- fel daraus zu erklären, daß z. B. die doli und rei judi- catae exceptio ſtets am Ende der Formel ſtanden, anſtatt daß die temporis und die fori praescriptio in früherer Zeit voran geſchrieben wurden. — Bey den neueren Ju- riſten freylich, und ſchon ſeit mehreren Jahrhunderten, hat der Ausdruck Praescriptio, zur großen Verwirrung der Rechtswiſſenſchaft, eine ganz andere Bedeutung angenom- men, nämlich die der Verjährung, welche Veränderung des Sprachgebrauchs jedoch an dieſer Stelle gar nicht zu beachten iſt (l¹). Die Exceptio, in der hier dargeſtellten Prozeßform, kann erſt gebraucht worden ſeyn ſeit der Entſtehung des ordo judiciorum, in den alten Legis actiones kam ſie (l¹) Vgl. oben B. 4 § 178.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/179>, abgerufen am 19.04.2024.