Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 226. Exceptionen. Form. Geschichte.

Da die Exceptionen Bestandtheile der von dem Prä-
tor ausgehenden formula waren, so hatte der Beklagte
darum zu bitten, der Prätor sie zu gewähren oder zu ver-
weigern (g). Ihre wörtliche Aufnahme in die Formel war
bey den strengen Klagen nöthig, bey den freyen Klagen
zwar nicht nöthig, aber doch sehr gewöhnlich, und sie
wurde auch hier schwerlich verweigert, wenn der Beklagte
darum bat (§ 225.). Sie wurde aber, eben so wie die
actio, nur gegeben, wo eine Thatsache streitig war, da
außerdem der Prätor gleich unmittelbar entscheiden konnte,
ohne eines Judex zu bedürfen (h).

Der Ausdruck Praescriptio ist im Justinianischen Recht
völlig gleichbedeutend mit Exceptio, so daß überall beide
Ausdrücke ohne Gefahr abwechslend gebraucht werden kön-
nen (i). Erst durch Gajus haben wir folgenden Ursprung

von einer absoluten Verneinung
die Rede, und von dieser behaup-
tet Niemand, daß sie von den Rö-
mern exceptio genannt worden
sey, oder von uns so genannt wer-
den dürfe.
(g) Darauf gehen die Ausdrücke:
exceptionem petere, postulare,
dare, addere, reddere, dene-
gare.
(h) L. 9 pr. de jurejur. (12.
2.). ".. posteaquam juratum
est, denegatur actio: aut, si
controversia erit, id est si am-
bigitur, an jusjurandum datum
sit, exceptioni locus est."
Die
Exception wird also nur angewen-
det, wenn die Thatsache bestrit-
ten ist.
(i) Dafür beweisen die Rubri-
ken Dig. 44. 1 und Cod. 8. 36;
dann eine Stelle des Paulus, wor-
in für einen und denselben Fall
abwechslend praescriptio und ex-
ceptio
gesagt wird. L. 12 de
div. temp. pr.
(44. 3.); ferner
praescriptio peremtoria, dila-
toria in L. 8. 12 C. de except.
(8. 36.); doli, rei judicatae, in
factum praescriptio,
wo sonst
fast immer exceptio vorkommt.
L. 91 de solut. (46. 3.), L. 29
pr. de exc. rei jud. (44. 2.),
L. 23 de except.
(44. 1.). -- Um-
gekehrt: Exceptio longae pos-
sessionis
in L. 5 § 1 de div.
11*
§. 226. Exceptionen. Form. Geſchichte.

Da die Exceptionen Beſtandtheile der von dem Prä-
tor ausgehenden formula waren, ſo hatte der Beklagte
darum zu bitten, der Prätor ſie zu gewähren oder zu ver-
weigern (g). Ihre wörtliche Aufnahme in die Formel war
bey den ſtrengen Klagen nöthig, bey den freyen Klagen
zwar nicht nöthig, aber doch ſehr gewöhnlich, und ſie
wurde auch hier ſchwerlich verweigert, wenn der Beklagte
darum bat (§ 225.). Sie wurde aber, eben ſo wie die
actio, nur gegeben, wo eine Thatſache ſtreitig war, da
außerdem der Prätor gleich unmittelbar entſcheiden konnte,
ohne eines Judex zu bedürfen (h).

Der Ausdruck Praescriptio iſt im Juſtinianiſchen Recht
völlig gleichbedeutend mit Exceptio, ſo daß überall beide
Ausdrücke ohne Gefahr abwechſlend gebraucht werden kön-
nen (i). Erſt durch Gajus haben wir folgenden Urſprung

von einer abſoluten Verneinung
die Rede, und von dieſer behaup-
tet Niemand, daß ſie von den Rö-
mern exceptio genannt worden
ſey, oder von uns ſo genannt wer-
den dürfe.
(g) Darauf gehen die Ausdrücke:
exceptionem petere, postulare,
dare, addere, reddere, dene-
gare.
(h) L. 9 pr. de jurejur. (12.
2.). „.. posteaquam juratum
est, denegatur actio: aut, si
controversia erit, id est si am-
bigitur, an jusjurandum datum
sit, exceptioni locus est.
Die
Exception wird alſo nur angewen-
det, wenn die Thatſache beſtrit-
ten iſt.
(i) Dafür beweiſen die Rubri-
ken Dig. 44. 1 und Cod. 8. 36;
dann eine Stelle des Paulus, wor-
in für einen und denſelben Fall
abwechſlend praescriptio und ex-
ceptio
geſagt wird. L. 12 de
div. temp. pr.
(44. 3.); ferner
praescriptio peremtoria, dila-
toria in L. 8. 12 C. de except.
(8. 36.); doli, rei judicatae, in
factum praescriptio,
wo ſonſt
faſt immer exceptio vorkommt.
L. 91 de solut. (46. 3.), L. 29
pr. de exc. rei jud. (44. 2.),
L. 23 de except.
(44. 1.). — Um-
gekehrt: Exceptio longae pos-
sessionis
in L. 5 § 1 de div.
11*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0177" n="163"/>
            <fw place="top" type="header">§. 226. Exceptionen. Form. Ge&#x017F;chichte.</fw><lb/>
            <p>Da die Exceptionen Be&#x017F;tandtheile der von dem Prä-<lb/>
tor ausgehenden <hi rendition="#aq">formula</hi> waren, &#x017F;o hatte der Beklagte<lb/>
darum zu bitten, der Prätor &#x017F;ie zu gewähren oder zu ver-<lb/>
weigern <note place="foot" n="(g)">Darauf gehen die Ausdrücke:<lb/><hi rendition="#aq">exceptionem petere, postulare,<lb/>
dare, addere, reddere, dene-<lb/>
gare.</hi></note>. Ihre wörtliche Aufnahme in die Formel war<lb/>
bey den &#x017F;trengen Klagen nöthig, bey den freyen Klagen<lb/>
zwar nicht nöthig, aber doch &#x017F;ehr gewöhnlich, und &#x017F;ie<lb/>
wurde auch hier &#x017F;chwerlich verweigert, wenn der Beklagte<lb/>
darum bat (§ 225.). Sie wurde aber, eben &#x017F;o wie die<lb/><hi rendition="#aq">actio,</hi> nur gegeben, wo eine That&#x017F;ache &#x017F;treitig war, da<lb/>
außerdem der Prätor gleich unmittelbar ent&#x017F;cheiden konnte,<lb/>
ohne eines Judex zu bedürfen <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 9 <hi rendition="#i">pr. de jurejur.</hi> (12.<lb/>
2.). &#x201E;.. posteaquam juratum<lb/>
est, <hi rendition="#i">denegatur actio:</hi> aut, si<lb/>
controversia erit, id est si am-<lb/>
bigitur, an jusjurandum datum<lb/>
sit, <hi rendition="#i">exceptioni locus est.</hi>&#x201D;</hi> Die<lb/>
Exception wird al&#x017F;o nur angewen-<lb/>
det, wenn die That&#x017F;ache be&#x017F;trit-<lb/>
ten i&#x017F;t.</note>.</p><lb/>
            <p>Der Ausdruck <hi rendition="#aq">Praescriptio</hi> i&#x017F;t im Ju&#x017F;tiniani&#x017F;chen Recht<lb/>
völlig gleichbedeutend mit <hi rendition="#aq">Exceptio,</hi> &#x017F;o daß überall beide<lb/>
Ausdrücke ohne Gefahr abwech&#x017F;lend gebraucht werden kön-<lb/>
nen <note xml:id="seg2pn_34_1" next="#seg2pn_34_2" place="foot" n="(i)">Dafür bewei&#x017F;en die Rubri-<lb/>
ken <hi rendition="#aq">Dig.</hi> 44. 1 und <hi rendition="#aq">Cod.</hi> 8. 36;<lb/>
dann eine Stelle des Paulus, wor-<lb/>
in für einen und den&#x017F;elben Fall<lb/>
abwech&#x017F;lend <hi rendition="#aq">praescriptio</hi> und <hi rendition="#aq">ex-<lb/>
ceptio</hi> ge&#x017F;agt wird. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 12 <hi rendition="#i">de<lb/>
div. temp. pr.</hi></hi> (44. 3.); ferner<lb/><hi rendition="#aq">praescriptio peremtoria, dila-<lb/>
toria in <hi rendition="#i">L.</hi> 8. 12 <hi rendition="#i">C. de except.</hi><lb/>
(8. 36.); doli, rei judicatae, in<lb/>
factum praescriptio,</hi> wo &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
fa&#x017F;t immer <hi rendition="#aq">exceptio</hi> vorkommt.<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 91 <hi rendition="#i">de solut.</hi> (46. 3.), <hi rendition="#i">L.</hi> 29<lb/><hi rendition="#i">pr. de exc. rei jud.</hi> (44. 2.),<lb/><hi rendition="#i">L.</hi> 23 <hi rendition="#i">de except.</hi></hi> (44. 1.). &#x2014; Um-<lb/>
gekehrt: <hi rendition="#aq">Exceptio longae pos-<lb/>
sessionis</hi> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 § 1 <hi rendition="#i">de div.</hi></hi></note>. Er&#x017F;t durch Gajus haben wir folgenden Ur&#x017F;prung<lb/><note xml:id="seg2pn_33_2" prev="#seg2pn_33_1" place="foot" n="(f)">von einer ab&#x017F;oluten Verneinung<lb/>
die Rede, und von die&#x017F;er behaup-<lb/>
tet Niemand, daß &#x017F;ie von den Rö-<lb/>
mern <hi rendition="#aq">exceptio</hi> genannt worden<lb/>
&#x017F;ey, oder von uns &#x017F;o genannt wer-<lb/>
den dürfe.</note><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">11*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0177] §. 226. Exceptionen. Form. Geſchichte. Da die Exceptionen Beſtandtheile der von dem Prä- tor ausgehenden formula waren, ſo hatte der Beklagte darum zu bitten, der Prätor ſie zu gewähren oder zu ver- weigern (g). Ihre wörtliche Aufnahme in die Formel war bey den ſtrengen Klagen nöthig, bey den freyen Klagen zwar nicht nöthig, aber doch ſehr gewöhnlich, und ſie wurde auch hier ſchwerlich verweigert, wenn der Beklagte darum bat (§ 225.). Sie wurde aber, eben ſo wie die actio, nur gegeben, wo eine Thatſache ſtreitig war, da außerdem der Prätor gleich unmittelbar entſcheiden konnte, ohne eines Judex zu bedürfen (h). Der Ausdruck Praescriptio iſt im Juſtinianiſchen Recht völlig gleichbedeutend mit Exceptio, ſo daß überall beide Ausdrücke ohne Gefahr abwechſlend gebraucht werden kön- nen (i). Erſt durch Gajus haben wir folgenden Urſprung (f) (g) Darauf gehen die Ausdrücke: exceptionem petere, postulare, dare, addere, reddere, dene- gare. (h) L. 9 pr. de jurejur. (12. 2.). „.. posteaquam juratum est, denegatur actio: aut, si controversia erit, id est si am- bigitur, an jusjurandum datum sit, exceptioni locus est.” Die Exception wird alſo nur angewen- det, wenn die Thatſache beſtrit- ten iſt. (i) Dafür beweiſen die Rubri- ken Dig. 44. 1 und Cod. 8. 36; dann eine Stelle des Paulus, wor- in für einen und denſelben Fall abwechſlend praescriptio und ex- ceptio geſagt wird. L. 12 de div. temp. pr. (44. 3.); ferner praescriptio peremtoria, dila- toria in L. 8. 12 C. de except. (8. 36.); doli, rei judicatae, in factum praescriptio, wo ſonſt faſt immer exceptio vorkommt. L. 91 de solut. (46. 3.), L. 29 pr. de exc. rei jud. (44. 2.), L. 23 de except. (44. 1.). — Um- gekehrt: Exceptio longae pos- sessionis in L. 5 § 1 de div. (f) von einer abſoluten Verneinung die Rede, und von dieſer behaup- tet Niemand, daß ſie von den Rö- mern exceptio genannt worden ſey, oder von uns ſo genannt wer- den dürfe. 11*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/177
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/177>, abgerufen am 19.04.2024.