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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 105. Successionen.

3) Das eigentliche Kennzeichen der Universalsuccession
ist der unmittelbare Übergang der zu diesem Vermögen ge-
hörenden Forderungen und Schulden (e), für welche die-
ses sogar der einzig mögliche Übergang ist, indem sie durch
Singularsuccession gar nicht übertragen werden können (f).

4) Dieses künstliche Rechtsverhältniß kann nicht etwa
nach Gutdünken auf irgend einen beliebigen Zweck ange-
wendet werden, sondern es ist vielmehr ausschließend für
eine Anzahl bestimmter, einzelner Fälle angeordnet, in wel-
chen es dann aber auch immer, und wiederum ohne Rück-
sicht auf eine möglicherweise entgegengesetzte individuelle
Willkühr eintritt (g). Die wichtigsten dieser Fälle betreffen
den Nachlaß eines Verstorbenen, als: hereditas, bonorum
possessio, fideicommissaria hereditas,
und andere ähnliche
Verhältnisse. Das Vermögen eines Lebenden geht auf
diese Weise über: erstlich, wenn der Inhaber in eines An-
dern Gewalt kommt (arrogatio, in manum conventio, Skla-
verey zur Strafe), zweytens wenn das Vermögen dessel-
ben im Concurse (nach der älteren Form desselben) ver-

(e) Hasse a. a. O., S. 21. --
Bey der Erbschaft ist dieses un-
zweifelhaft. Bey der Arrogation
gehen wenigstens die meisten For-
derungen über; die Schulden
würden auch übergehen, wenn sie
nicht durch capitis deminutio zer-
stört würden (§ 70 N. III.). -- In
Beziehung auf den Erben wird
dieser Umstand geradezu als Kenn-
zeichen angegeben in L. 37 de
adqu. vel om. her.
(29. 2.).
(f) Bey den Obligationen giebt
es keine Singularsuccession, son-
dern nur Surrogate derselben für
die Zwecke des Verkehrs; näm-
lich Umtausch gegen eine neue
Obligation von gleichem Werth
(novatio), oder Verfolgung der
Schuld durch einen Stellvertre-
ter (cessio actionis).
(g) Eine Aufzählung dieser Fälle
findet sich bey Hasse S. 49.
§. 105. Succeſſionen.

3) Das eigentliche Kennzeichen der Univerſalſucceſſion
iſt der unmittelbare Übergang der zu dieſem Vermögen ge-
hörenden Forderungen und Schulden (e), für welche die-
ſes ſogar der einzig mögliche Übergang iſt, indem ſie durch
Singularſucceſſion gar nicht übertragen werden können (f).

4) Dieſes künſtliche Rechtsverhältniß kann nicht etwa
nach Gutdünken auf irgend einen beliebigen Zweck ange-
wendet werden, ſondern es iſt vielmehr ausſchließend für
eine Anzahl beſtimmter, einzelner Fälle angeordnet, in wel-
chen es dann aber auch immer, und wiederum ohne Rück-
ſicht auf eine möglicherweiſe entgegengeſetzte individuelle
Willkühr eintritt (g). Die wichtigſten dieſer Fälle betreffen
den Nachlaß eines Verſtorbenen, als: hereditas, bonorum
possessio, fideicommissaria hereditas,
und andere ähnliche
Verhältniſſe. Das Vermögen eines Lebenden geht auf
dieſe Weiſe über: erſtlich, wenn der Inhaber in eines An-
dern Gewalt kommt (arrogatio, in manum conventio, Skla-
verey zur Strafe), zweytens wenn das Vermögen deſſel-
ben im Concurſe (nach der älteren Form deſſelben) ver-

(e) Haſſe a. a. O., S. 21. —
Bey der Erbſchaft iſt dieſes un-
zweifelhaft. Bey der Arrogation
gehen wenigſtens die meiſten For-
derungen über; die Schulden
würden auch übergehen, wenn ſie
nicht durch capitis deminutio zer-
ſtört würden (§ 70 N. III.). — In
Beziehung auf den Erben wird
dieſer Umſtand geradezu als Kenn-
zeichen angegeben in L. 37 de
adqu. vel om. her.
(29. 2.).
(f) Bey den Obligationen giebt
es keine Singularſucceſſion, ſon-
dern nur Surrogate derſelben für
die Zwecke des Verkehrs; näm-
lich Umtauſch gegen eine neue
Obligation von gleichem Werth
(novatio), oder Verfolgung der
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ter (cessio actionis).
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findet ſich bey Haſſe S. 49.
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[15/0027] §. 105. Succeſſionen. 3) Das eigentliche Kennzeichen der Univerſalſucceſſion iſt der unmittelbare Übergang der zu dieſem Vermögen ge- hörenden Forderungen und Schulden (e), für welche die- ſes ſogar der einzig mögliche Übergang iſt, indem ſie durch Singularſucceſſion gar nicht übertragen werden können (f). 4) Dieſes künſtliche Rechtsverhältniß kann nicht etwa nach Gutdünken auf irgend einen beliebigen Zweck ange- wendet werden, ſondern es iſt vielmehr ausſchließend für eine Anzahl beſtimmter, einzelner Fälle angeordnet, in wel- chen es dann aber auch immer, und wiederum ohne Rück- ſicht auf eine möglicherweiſe entgegengeſetzte individuelle Willkühr eintritt (g). Die wichtigſten dieſer Fälle betreffen den Nachlaß eines Verſtorbenen, als: hereditas, bonorum possessio, fideicommissaria hereditas, und andere ähnliche Verhältniſſe. Das Vermögen eines Lebenden geht auf dieſe Weiſe über: erſtlich, wenn der Inhaber in eines An- dern Gewalt kommt (arrogatio, in manum conventio, Skla- verey zur Strafe), zweytens wenn das Vermögen deſſel- ben im Concurſe (nach der älteren Form deſſelben) ver- (e) Haſſe a. a. O., S. 21. — Bey der Erbſchaft iſt dieſes un- zweifelhaft. Bey der Arrogation gehen wenigſtens die meiſten For- derungen über; die Schulden würden auch übergehen, wenn ſie nicht durch capitis deminutio zer- ſtört würden (§ 70 N. III.). — In Beziehung auf den Erben wird dieſer Umſtand geradezu als Kenn- zeichen angegeben in L. 37 de adqu. vel om. her. (29. 2.). (f) Bey den Obligationen giebt es keine Singularſucceſſion, ſon- dern nur Surrogate derſelben für die Zwecke des Verkehrs; näm- lich Umtauſch gegen eine neue Obligation von gleichem Werth (novatio), oder Verfolgung der Schuld durch einen Stellvertre- ter (cessio actionis). (g) Eine Aufzählung dieſer Fälle findet ſich bey Haſſe S. 49.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/27>, abgerufen am 16.04.2024.