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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der Ertzschelm hasset das Wort Gottes/
so ist auch der Himmel nur vor den gemeinen Mann/ dann
Christus der HErr hat selbsten gesagt: Seelig sind/ die das
Luc. 11.Wort GOttes hören/ etc. Ich weiß aber gar wohl/ mein
Lakey/ daß Magdalena keine Käßstecherin oder Bauern-
Weib gewesen/ zumalen ihr die gantze Herrschafft Be-
thama
zugehört. So ware auch Joseph von Arimathaea
keine Burger oder Kotzenmacher/ Item Nieodemus kein
gemeiner Tagwercker oder Vaßzieher/ sondern diese und
andere noch mehrere sehr gute von Adel/ und gleichwolen
waren sie eifferig bey der Predig des HErrn/ ja durch
dieselbige zu grösserer Frömmigkeit und Heiligkeit ge-
langet. Allein ihr Kerl/ hätte sollen sagen/ mein Herr
hat grosse und überhäuffige Geschäfften/ woran dem
Land und Lands-Fürsten viel gelegen/ die machen ihme
ein Verhindernuß/ sonst glaub ich/ würde er keine Predig
so bald versaumen.

Mein Paschy/ wer ist diese Dama? Es ist diese/ und
diese/ von diesem Berg/ von diesem Eck/ von diesem Thal/
von dieser Au/ etc. O ich kenne schon diese. Diese hat wol
auch diese Predig nicht gehöret/ die dieser Pater an diesem
Tag/ auf dieser Cantzel hat vorgetragen/ O was hätte
vielleicht diese vor einen grossen Nutzen davon getragen!
dann eine Predig ist ein Spiegel/ worinn sich ein Mensch
ersihet. Eine Predig ist ein Haanen-Geschrey/ welches
den Mensch vom sündigen Schlaff aufwecket. Eine Pre-
dig ist ein Gastmahl/ welches die Seele speiset. Der Pa-
ter
hat sehr eifferig geprediget wider die Hoffarth der
Weiber/ und zwar hat er solches gantz manierlich bey-
gebracht/ dann er lobte über alle massen das weibliche
Geschlecht/ allein/ sagte er/ daß ein jedes Weib einen
Nachtretter habe/ der heisse Dionisi. gewiß ist es/ sagte
er/ daß die Weiber an Frömmigkeit und Andacht die
Männer weit übertreffen/ das hat man sattsam abge-
nommen zur Zeit des Leidens Christi/ allwo sich kein ei-

nige

Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort Gottes/
ſo iſt auch der Him̄el nur vor den gemeinen Mann/ dann
Chriſtus der HErꝛ hat ſelbſten geſagt: Seelig ſind/ die das
Luc. 11.Wort GOttes hoͤren/ ꝛc. Ich weiß aber gar wohl/ mein
Lakey/ daß Magdalena keine Kaͤßſtecherin oder Bauern-
Weib geweſen/ zumalen ihr die gantze Herrſchafft Be-
thama
zugehoͤrt. So ware auch Joſeph von Arimathæa
keine Burger oder Kotzenmacher/ Item Nieodemus kein
gemeiner Tagwercker oder Vaßzieher/ ſondern dieſe und
andere noch mehrere ſehr gute von Adel/ und gleichwolen
waren ſie eifferig bey der Predig des HErrn/ ja durch
dieſelbige zu groͤſſerer Froͤmmigkeit und Heiligkeit ge-
langet. Allein ihr Kerl/ haͤtte ſollen ſagen/ mein Herr
hat groſſe und uͤberhaͤuffige Geſchaͤfften/ woran dem
Land und Lands-Fuͤrſten viel gelegen/ die machen ihme
ein Verhindernuß/ ſonſt glaub ich/ wuͤrde er keine Predig
ſo bald verſaumen.

Mein Paſchy/ wer iſt dieſe Dama? Es iſt dieſe/ und
dieſe/ von dieſem Berg/ von dieſem Eck/ von dieſem Thal/
von dieſer Au/ ꝛc. O ich kenne ſchon dieſe. Dieſe hat wol
auch dieſe Predig nicht gehoͤret/ die dieſer Pater an dieſem
Tag/ auf dieſer Cantzel hat vorgetragen/ O was haͤtte
vielleicht dieſe vor einen groſſen Nutzen davon getragen!
dann eine Predig iſt ein Spiegel/ worinn ſich ein Menſch
erſihet. Eine Predig iſt ein Haanen-Geſchrey/ welches
den Menſch vom ſuͤndigen Schlaff aufwecket. Eine Pre-
dig iſt ein Gaſtmahl/ welches die Seele ſpeiſet. Der Pa-
ter
hat ſehr eifferig geprediget wider die Hoffarth der
Weiber/ und zwar hat er ſolches gantz manierlich bey-
gebracht/ dann er lobte uͤber alle maſſen das weibliche
Geſchlecht/ allein/ ſagte er/ daß ein jedes Weib einen
Nachtretter habe/ der heiſſe Dioniſi. gewiß iſt es/ ſagte
er/ daß die Weiber an Froͤmmigkeit und Andacht die
Maͤnner weit uͤbertreffen/ das hat man ſattſam abge-
nommen zur Zeit des Leidens Chriſti/ allwo ſich kein ei-

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[8/0040] Judas der Ertzſchelm haſſet das Wort Gottes/ ſo iſt auch der Him̄el nur vor den gemeinen Mann/ dann Chriſtus der HErꝛ hat ſelbſten geſagt: Seelig ſind/ die das Wort GOttes hoͤren/ ꝛc. Ich weiß aber gar wohl/ mein Lakey/ daß Magdalena keine Kaͤßſtecherin oder Bauern- Weib geweſen/ zumalen ihr die gantze Herrſchafft Be- thama zugehoͤrt. So ware auch Joſeph von Arimathæa keine Burger oder Kotzenmacher/ Item Nieodemus kein gemeiner Tagwercker oder Vaßzieher/ ſondern dieſe und andere noch mehrere ſehr gute von Adel/ und gleichwolen waren ſie eifferig bey der Predig des HErrn/ ja durch dieſelbige zu groͤſſerer Froͤmmigkeit und Heiligkeit ge- langet. Allein ihr Kerl/ haͤtte ſollen ſagen/ mein Herr hat groſſe und uͤberhaͤuffige Geſchaͤfften/ woran dem Land und Lands-Fuͤrſten viel gelegen/ die machen ihme ein Verhindernuß/ ſonſt glaub ich/ wuͤrde er keine Predig ſo bald verſaumen. Luc. 11. Mein Paſchy/ wer iſt dieſe Dama? Es iſt dieſe/ und dieſe/ von dieſem Berg/ von dieſem Eck/ von dieſem Thal/ von dieſer Au/ ꝛc. O ich kenne ſchon dieſe. Dieſe hat wol auch dieſe Predig nicht gehoͤret/ die dieſer Pater an dieſem Tag/ auf dieſer Cantzel hat vorgetragen/ O was haͤtte vielleicht dieſe vor einen groſſen Nutzen davon getragen! dann eine Predig iſt ein Spiegel/ worinn ſich ein Menſch erſihet. Eine Predig iſt ein Haanen-Geſchrey/ welches den Menſch vom ſuͤndigen Schlaff aufwecket. Eine Pre- dig iſt ein Gaſtmahl/ welches die Seele ſpeiſet. Der Pa- ter hat ſehr eifferig geprediget wider die Hoffarth der Weiber/ und zwar hat er ſolches gantz manierlich bey- gebracht/ dann er lobte uͤber alle maſſen das weibliche Geſchlecht/ allein/ ſagte er/ daß ein jedes Weib einen Nachtretter habe/ der heiſſe Dioniſi. gewiß iſt es/ ſagte er/ daß die Weiber an Froͤmmigkeit und Andacht die Maͤnner weit uͤbertreffen/ das hat man ſattſam abge- nommen zur Zeit des Leidens Chriſti/ allwo ſich kein ei- nige

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/40>, abgerufen am 19.04.2024.