Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] Das erste Mahlen ware ein bloßer Umriß/ deren Erfinder Philocles, Cleanthes und Telephanes. reißen. Dann die erste Mahlerey ware eine geraume Zeit nur ein bloser Umriß/ und hieße bey den Latinern Linearis Pictura, in gezogenen Linien bestehend. Wie man darfür gehalten/ so hat solche erfunden einer/ mit Namen Philocles aus Egypten/ oder Cleanthes ein Corinther/ oder ein anderer Corinther/ Namens Ardices, oder Telephanes von Sicyon: Diese alle sollen nichts/ als nur den bloßen Umriß/ ohn einigen Gebrauch der Farben oder Schattirung/ bloß mit Kohlen gemachet haben.

Monochroma, das Mahlen mit einer Farbe. Darnach soll eine unbekandte Hand erfunden haben/ den bloßen Umriß mit einerley Farbe zu füllen: welche Art vom Mahlen bey den Griechen genennet war Monochroma, das ist/ Mahlerey mit einer Farbe. Es vermeinet aber Plinius, dieses heise mahlen mit zweyerley Farben/ als grau in blau/ oder Liecht in Dunckel/ und schreibet/ solches habe lang/ ja biß auf seine Zeit/ gewehret. Er kan aber wol hierinn fehlen/ in ansehung/ daß die alte Meistere/ so in der Wissenschaft noch nicht so hoch gestiegen waren/ ihre Werke/ mit verhöhen und schattiren auszufärtigen/ den Umriß nur mit einerley Saft oder Farbe mögen ausgefüllet haben. Und obwol die Griechen/ als Ehrsüchtig/ sich unterstanden/ die Ehre der ersten Erfindung ihnen selber zuzueignen/ so haben sie doch damit nichts anders gethan/ als daß sie andern ihre Ehren-Kron rauben wollen.

Ich beharre demnach auf der Meinung/ daß der Lydische Gyges, in Egypten wohnend/ der erste gewesen seye/ der die Zeichen-Kunst herfürgebracht/ und gleichsam gebohren habe/ da er im profil seinen selbst-eigenen Schatten/ an der weisen Polygnotus bässert die Mahler-Kunst/ mit Erfüllung des Umrißes Wand/ mit einer Kohle/ die er vom Feuer genommen/ abgerissen/ und daß dieser Polygnotus der erste diese Kunst vermehret/ und den Umriß mit Farben gefüllet habe. Wie er dann mehr Dinge erfunden/ und/ als hohe Gemüter pflegen/ immer weiter gesuchet. Dann man findet/ daß er auch in Holz künstlich schneiden können. Er hat auch erfunden/ zu den Tafeln ein Holtz zu gebrauchen/ welches in Latein Larix, bey den Griechen Aegis, wegen seiner Honigfarbe/ heiset. Dieses Holz/ zu Teutsch Lerchenbaum genennt/ ist so gar glatt/ daß es nicht den geringsten Ritz oder Riß hat: daher es zu diesem Gebrauch sehr dienlich ware. ich berede Es lebten zween Mahlere dieses Namens. mich aber/ es müssen zween Polygnoti gewesey seyn/ die weit von einander gelebt/ gleichwie man auch von zweyen Myconen/ dem Alten und Jungen/ schreibet. Dann ich finde von einem Polygnoto, der von Thasus bürtig ware/ und nicht von Athen, wie dieser/ von dem ich schreibe. Dieser Athener/ (von dem andern wird hernach folgen) soll zu einer Zeit mit dem Mycon, seinem Mit-Burger/ gelebet haben/ und waren sie beyde fürtreffliche Mahler/ auch die erste/ so das Athenische Okergelb gebraucht. Ihr Schwarz/ machten sie aus gebrannten Kernen von Weinbeeren. Von diesem Polygnoto find ich ferner nichtes/ als daß er auch künstlich grattiren/ oder mit dem Grab-Eisen umgehen können. Im übrigen weiß man nicht eigentlich/ zu was Zeit er gelebet habe.

[Spaltenumbruch]

DIe/ so von Mahlern und Bildhauern geschrieben/ (schreibet Plinius lib. 34. cap. 8.) IV.TELEPHANES, ein Phoceer. haben sehr gepriesen/ den Phoceer TELEPHANES. Doch weiß man nicht/ wer er gewesen/ weil seine Werke in Thessalien/ da er gewohnet/ verborgen gelegen. Diese Scribenten aber achten ihn so hoch/als den Polycletum, Myron, und Pythagoram. Von diesem hätte ich zwar mehr zu erzehlen/ weil ich aber befinde/ daß er ein Bildhauer und Giesser in Metall gewesen/ zur Zeit der Persischen Könige Xerxis und Darii, als achte ich es unnötig/ und ist genug/ den Unterschied zwischen diesem und dem vorgemeldten Sicyonischen Telephanes, der lang zuvor/ als einer der ersten Mahler/ gelebet/ gewiesen zu haben.

WAs die Erfindung mit Farben zu mahlen betrifft/ so ist hierinn die glaubwürdigste Meinung/ wie Plinius lib. 35. cap. 3. meldet/ daß V. CLEOPHANTUS von Corintho. solches am ersten in Gebrauch gebracht/ CLEOPHANTUS von Corintho. Dieser fienge an zu künstlen auf Spälten von gebrochenen Erdscherben/ eh sie gebrennt waren: Diese Stücke sind hernach gebrennt worden/ und soll daraus entstanden seyn/ das Mahlen auf irdine Geschirre. Dieser Cleophantus (sagt Plinius, oder ein anderer/ der also geheisen/ wie Cornelius Nepos bezeuget) folgte nach Italien dem Fürsten Demarato, des Tarquinii Prisci Vattern/ als er/ die Stadt Corintho zu verlassen/ und dem Gewalt des Tyrannen Cipselli zu entfliehen/ gezwungen war. Dieser Demaratus kame zu wohnen in Toscana, allda er einen Sohn zeugte/ welcher nachmals der fünfte König zu Rom geworden. Ihme folgten auch Corintho, Euchir und Eugrammus, welche sehr künstliche irdine Bilder und Geschirre machen konten/ und vermeinet man/ daß mit ihnen diese Kunst in Italien gekommen seye.

VI. BULARCHUS, Mahler. Sein Stuck wird mit so schwer Gold erkauft.BULARCHUS, der Historie nach/ auch ein Lydier/ muß ohne Zweifel schon damals sehr kunstreich und erfahren gewesen seyn/ weil eines von seinen Stucken/ vor so viel Gold/ als schwer es war/ an den Candaules, König von Lydien/ welcher in eben dem Jahr/ da Romulus gestorben/ verkauft worden. Nun mag Candaules dieses Stuck viel Jahre vor seinem Tod/ und villeicht auch lange Zeit nach dem Ableben des Künstlers/ erkauft haben: Weßwegen dieser für einen der ältsten Mahlere zu halten/ und dabey zu erachten ist/ daß damals die Mahler-Kunst schon in grosser Vollkommenheit müsse gewesen seyn. So muß (nach Plinii Anmerkung) auch notwendig hieraus folgen/ daß lang für dieser Zeit/ die Kunst ihren Anfang Higiaenon, Dinias und Charmas, machten die erste Contrafete mit einer Farbe. müsse gehabt haben/ und daß Higiaenon, Dinias und Charmas, welche die erste Contrafete mit einer Farbe gemacht/ damals schon lang todt gewesen: ob man schon nicht weiß/ wann sie gelebt haben. Das vorgemeldte Stuck/ von diesem Bularcho gemahlet/ war ein Streit des Volks von Magnesia . Was dieser Kunst-reiche Meister mehr gethan hat/ ist von der Zeit und älte verdunkelt/ und in Schriften nicht auf uns geerbet.

[Spaltenumbruch] Das erste Mahlen ware ein bloßer Umriß/ deren Erfinder Philocles, Cleanthes und Telephanes. reißen. Dann die erste Mahlerey ware eine geraume Zeit nur ein bloser Umriß/ und hieße bey den Latinern Linearis Pictura, in gezogenen Linien bestehend. Wie man darfür gehalten/ so hat solche erfunden einer/ mit Namen Philocles aus Egypten/ oder Cleanthes ein Corinther/ oder ein anderer Corinther/ Namens Ardices, oder Telephanes von Sicyon: Diese alle sollen nichts/ als nur den bloßen Umriß/ ohn einigen Gebrauch der Farben oder Schattirung/ bloß mit Kohlen gemachet haben.

Monochroma, das Mahlen mit einer Farbe. Darnach soll eine unbekandte Hand erfunden haben/ den bloßen Umriß mit einerley Farbe zu füllen: welche Art vom Mahlen bey den Griechen genennet war Monochroma, das ist/ Mahlerey mit einer Farbe. Es vermeinet aber Plinius, dieses heise mahlen mit zweyerley Farben/ als grau in blau/ oder Liecht in Dunckel/ und schreibet/ solches habe lang/ ja biß auf seine Zeit/ gewehret. Er kan aber wol hierinn fehlen/ in ansehung/ daß die alte Meistere/ so in der Wissenschaft noch nicht so hoch gestiegen waren/ ihre Werke/ mit verhöhen und schattiren auszufärtigen/ den Umriß nur mit einerley Saft oder Farbe mögen ausgefüllet haben. Und obwol die Griechen/ als Ehrsüchtig/ sich unterstanden/ die Ehre der ersten Erfindung ihnen selber zuzueignen/ so haben sie doch damit nichts anders gethan/ als daß sie andern ihre Ehren-Kron rauben wollen.

Ich beharre demnach auf der Meinung/ daß der Lydische Gyges, in Egypten wohnend/ der erste gewesen seye/ der die Zeichen-Kunst herfürgebracht/ und gleichsam gebohren habe/ da er im profil seinen selbst-eigenen Schatten/ an der weisen Polygnotus bässert die Mahler-Kunst/ mit Erfüllung des Umrißes Wand/ mit einer Kohle/ die er vom Feuer genommen/ abgerissen/ und daß dieser Polygnotus der erste diese Kunst vermehret/ und den Umriß mit Farben gefüllet habe. Wie er dann mehr Dinge erfunden/ und/ als hohe Gemüter pflegen/ immer weiter gesuchet. Dann man findet/ daß er auch in Holz künstlich schneiden können. Er hat auch erfunden/ zu den Tafeln ein Holtz zu gebrauchen/ welches in Latein Larix, bey den Griechen Aegis, wegen seiner Honigfarbe/ heiset. Dieses Holz/ zu Teutsch Lerchenbaum genennt/ ist so gar glatt/ daß es nicht den geringsten Ritz oder Riß hat: daher es zu diesem Gebrauch sehr dienlich ware. ich berede Es lebten zween Mahlere dieses Namens. mich aber/ es müssen zween Polygnoti gewesey seyn/ die weit von einander gelebt/ gleichwie man auch von zweyen Myconen/ dem Alten und Jungen/ schreibet. Dann ich finde von einem Polygnoto, der von Thasus bürtig ware/ und nicht von Athen, wie dieser/ von dem ich schreibe. Dieser Athener/ (von dem andern wird hernach folgen) soll zu einer Zeit mit dem Mycon, seinem Mit-Burger/ gelebet haben/ und waren sie beyde fürtreffliche Mahler/ auch die erste/ so das Athenische Okergelb gebraucht. Ihr Schwarz/ machten sie aus gebrannten Kernen von Weinbeeren. Von diesem Polygnoto find ich ferner nichtes/ als daß er auch künstlich grattiren/ oder mit dem Grab-Eisen umgehen können. Im übrigen weiß man nicht eigentlich/ zu was Zeit er gelebet habe.

[Spaltenumbruch]

DIe/ so von Mahlern und Bildhauern geschrieben/ (schreibet Plinius lib. 34. cap. 8.) IV.TELEPHANES, ein Phoceer. haben sehr gepriesen/ den Phoceer TELEPHANES. Doch weiß man nicht/ wer er gewesen/ weil seine Werke in Thessalien/ da er gewohnet/ verborgen gelegen. Diese Scribenten aber achten ihn so hoch/als den Polycletum, Myron, und Pythagoram. Von diesem hätte ich zwar mehr zu erzehlen/ weil ich aber befinde/ daß er ein Bildhauer und Giesser in Metall gewesen/ zur Zeit der Persischen Könige Xerxis und Darii, als achte ich es unnötig/ und ist genug/ den Unterschied zwischen diesem und dem vorgemeldten Sicyonischen Telephanes, der lang zuvor/ als einer der ersten Mahler/ gelebet/ gewiesen zu haben.

WAs die Erfindung mit Farben zu mahlen betrifft/ so ist hierinn die glaubwürdigste Meinung/ wie Plinius lib. 35. cap. 3. meldet/ daß V. CLEOPHANTUS von Corintho. solches am ersten in Gebrauch gebracht/ CLEOPHANTUS von Corintho. Dieser fienge an zu künstlen auf Spälten von gebrochenen Erdscherben/ eh sie gebrennt waren: Diese Stücke sind hernach gebrennt worden/ und soll daraus entstanden seyn/ das Mahlen auf irdine Geschirre. Dieser Cleophantus (sagt Plinius, oder ein anderer/ der also geheisen/ wie Cornelius Nepos bezeuget) folgte nach Italien dem Fürsten Demarato, des Tarquinii Prisci Vattern/ als er/ die Stadt Corintho zu verlassen/ und dem Gewalt des Tyrannen Cipselli zu entfliehen/ gezwungen war. Dieser Demaratus kame zu wohnen in Toscana, allda er einen Sohn zeugte/ welcher nachmals der fünfte König zu Rom geworden. Ihme folgten auch Corintho, Euchir und Eugrammus, welche sehr künstliche irdine Bilder und Geschirre machen konten/ und vermeinet man/ daß mit ihnen diese Kunst in Italien gekommen seye.

VI. BULARCHUS, Mahler. Sein Stuck wird mit so schwer Gold erkauft.BULARCHUS, der Historie nach/ auch ein Lydier/ muß ohne Zweifel schon damals sehr kunstreich und erfahren gewesen seyn/ weil eines von seinen Stucken/ vor so viel Gold/ als schwer es war/ an den Candaules, König von Lydien/ welcher in eben dem Jahr/ da Romulus gestorben/ verkauft worden. Nun mag Candaules dieses Stuck viel Jahre vor seinem Tod/ und villeicht auch lange Zeit nach dem Ableben des Künstlers/ erkauft haben: Weßwegen dieser für einen der ältsten Mahlere zu halten/ und dabey zu erachten ist/ daß damals die Mahler-Kunst schon in grosser Vollkommenheit müsse gewesen seyn. So muß (nach Plinii Anmerkung) auch notwendig hieraus folgen/ daß lang für dieser Zeit/ die Kunst ihren Anfang Higiaenon, Dinias und Charmas, machten die erste Contrafete mit einer Farbe. müsse gehabt haben/ und daß Higiaenon, Dinias und Charmas, welche die erste Contrafete mit einer Farbe gemacht/ damals schon lang todt gewesen: ob man schon nicht weiß/ wann sie gelebt haben. Das vorgemeldte Stuck/ von diesem Bularcho gemahlet/ war ein Streit des Volks von Magnesia . Was dieser Kunst-reiche Meister mehr gethan hat/ ist von der Zeit und älte verdunkelt/ und in Schriften nicht auf uns geerbet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p xml:id="p0210.4"><pb facs="#f0017" xml:id="pb-211" n="[II, Buch 1 (antike Künstler), S. 13]"/><cb/><note place="right">Das erste Mahlen ware ein bloßer Umriß/ deren Erfinder <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-233">Philocles</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4600 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123623 http://viaf.org/viaf/96594088">Cleanthes</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-234">Telephanes</persName></hi>.</note>  reißen. Dann die erste Mahlerey ware eine geraume Zeit nur ein bloser Umriß/ und hieße bey den <hi rendition="#aq">Latin</hi>ern <hi rendition="#aq">Linearis Pictura,</hi> in gezogenen Linien bestehend. Wie man darfür gehalten/ so hat solche erfunden einer/ mit Namen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-233">Philocles</persName></hi> aus <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-331 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7014986">Egypten</placeName>/ oder <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4600 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123623 http://viaf.org/viaf/96594088">Cleanthes</persName></hi> ein Corinther/ oder ein anderer Corinther/ Namens <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4582">Ardices</persName>,</hi> oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-234"><hi rendition="#aq">Telephanes</hi> von <hi rendition="#aq">Sicyon</hi></persName>: Diese alle sollen nichts/ als nur den bloßen Umriß/ ohn einigen Gebrauch der Farben oder Schattirung/ bloß mit Kohlen gemachet haben.</p>
        <p xml:id="p211.1"><note place="right"><hi rendition="#aq">Monochroma,</hi> das Mahlen mit einer Farbe.</note> Darnach soll eine unbekandte Hand erfunden haben/ den bloßen Umriß mit einerley Farbe zu füllen: welche Art vom Mahlen bey den Griechen genennet war <hi rendition="#aq">Monochroma,</hi> das ist/ Mahlerey mit einer Farbe. Es vermeinet aber <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName>,</hi> dieses heise mahlen mit zweyerley Farben/ als grau in blau/ oder Liecht in Dunckel/ und schreibet/ solches habe lang/ ja biß auf seine Zeit/ gewehret. Er kan aber wol hierinn fehlen/ in ansehung/ daß die alte Meistere/ so in der Wissenschaft noch nicht so hoch gestiegen waren/ ihre Werke/ mit verhöhen und schattiren auszufärtigen/ den Umriß nur mit einerley Saft oder Farbe mögen ausgefüllet haben. Und obwol die Griechen/ als Ehrsüchtig/ sich unterstanden/ die Ehre der ersten Erfindung ihnen selber zuzueignen/ so haben sie doch damit nichts anders gethan/ als daß sie andern ihre Ehren-Kron rauben wollen.</p>
        <p xml:id="p211.2"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">Ich</persName> beharre demnach auf der Meinung/ daß der <hi rendition="#aq">Lydi</hi>sche <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-232">Gyges</persName>,</hi> in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-331 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7014986">Egypten</placeName> wohnend/ der erste gewesen seye/ der die Zeichen-Kunst herfürgebracht/ und gleichsam gebohren habe/ da er im <hi rendition="#aq">profil</hi> seinen selbst-eigenen Schatten/ an der weisen <note place="right"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4190">Polygnotus</persName></hi> bässert die Mahler-Kunst/ mit Erfüllung des Umrißes</note> Wand/ mit einer Kohle/ die er vom Feuer genommen/ abgerissen/ und daß dieser <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4190">Polygnotus</persName></hi> der erste diese Kunst vermehret/ und den Umriß mit Farben gefüllet habe. Wie er dann mehr Dinge erfunden/ und/ als hohe Gemüter pflegen/ immer weiter gesuchet. Dann man findet/ daß er auch in Holz künstlich schneiden können. Er hat auch erfunden/ zu den Tafeln ein Holtz zu gebrauchen/ welches in Latein <hi rendition="#aq">Larix,</hi> bey den Griechen <hi rendition="#aq">Aegis,</hi> wegen seiner Honigfarbe/ heiset. Dieses Holz/ zu Teutsch Lerchenbaum genennt/ ist so gar glatt/ daß es nicht den geringsten Ritz oder Riß hat: daher es zu diesem Gebrauch sehr dienlich ware. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> berede <note place="right">Es lebten zween Mahlere dieses Namens.</note> <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">mich</persName> aber/ es müssen zween <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4190,polyg">Polygnoti</persName></hi> gewesey seyn/ die weit von einander gelebt/ gleichwie man auch von zweyen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-299,miko http://d-nb.info/gnd/119548097 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500058184">Myconen</persName></hi>/ dem Alten und Jungen/ schreibet. Dann <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> finde von einem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-237 http://d-nb.info/gnd/119385198 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500115803">Polygnoto</persName>,</hi> der von <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-101 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011070">Thasus</placeName></hi> bürtig ware/ und nicht von <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-25 http://www.geonames.org/264371/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001393">Athen</placeName>,</hi> wie dieser/ von dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> schreibe. Dieser <hi rendition="#aq">Athen</hi>er/ (von dem andern wird hernach folgen) soll zu einer Zeit mit dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-299 http://d-nb.info/gnd/119548097 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500058184">Mycon</persName>,</hi> seinem Mit-Burger/ gelebet haben/ und waren sie beyde fürtreffliche Mahler/ auch die erste/ so das <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-25 http://www.geonames.org/264371/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001393"><hi rendition="#aq">Athen</hi>ische</placeName> Okergelb gebraucht. Ihr Schwarz/ machten sie aus gebrannten Kernen von Weinbeeren. Von diesem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4190">Polygnoto</persName></hi> find <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> ferner nichtes/ als daß er auch künstlich <hi rendition="#aq">gratt</hi>iren/ oder mit dem Grab-Eisen umgehen können. Im übrigen weiß man nicht eigentlich/ zu was Zeit er gelebet habe.</p>
        <cb/>
        <p xml:id="p211.3">DIe/ so von Mahlern und Bildhauern geschrieben/ (schreibet <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> lib.</hi> 34. <hi rendition="#aq">cap.</hi> 8.</ref></bibl>) <note place="right"><hi rendition="#aq">IV.<persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4786 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500112229 http://viaf.org/viaf/96524288">TELEPHANES</persName>,</hi> ein <hi rendition="#aq">Phoc</hi>eer.</note> haben sehr gepriesen/ den <hi rendition="#aq">Phoc</hi>eer <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4786 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500112229 http://viaf.org/viaf/96524288">TELEPHANES</persName></hi>. Doch weiß man nicht/ wer er gewesen/ weil seine Werke in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-194 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7001399"><hi rendition="#aq">Thessali</hi>en</placeName>/ da er gewohnet/ verborgen gelegen. Diese <hi rendition="#aq">Scribent</hi>en aber achten ihn so hoch/als den <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-123 http://d-nb.info/gnd/118741438 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500014683">Polycletum</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-304 http://d-nb.info/gnd/118735497 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500120889">Myron</persName>,</hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4219 http://d-nb.info/gnd/118793756 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500100010">Pythagoram</persName></hi>. Von diesem hätte <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> zwar mehr zu erzehlen/ weil <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> aber befinde/ daß er ein Bildhauer und Giesser in Metall gewesen/ zur Zeit der Persischen Könige <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-306 http://d-nb.info/gnd/118808109 http://viaf.org/viaf/19983268">Xerxis</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-307 http://d-nb.info/gnd/118523791 http://viaf.org/viaf/15560660">Darii</persName>,</hi> als achte <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> es unnötig/ und ist genug/ den Unterschied zwischen diesem und dem vorgemeldten <hi rendition="#aq">Sicyoni</hi>schen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-234">Telephanes</persName>,</hi> der lang zuvor/ als einer der ersten Mahler/ gelebet/ gewiesen zu haben.</p>
        <p xml:id="p211.4">WAs die Erfindung mit Farben zu mahlen betrifft/ so ist hierinn die glaubwürdigste Meinung/ wie <bibl><ref target="http://ta.sandrart.net/-bibliography-1348"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName> lib. 35. cap. 3.</hi></ref></bibl> meldet/ daß <note place="right"><hi rendition="#aq">V.</hi><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-238 http://d-nb.info/gnd/119088169 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500104651"><hi rendition="#aq">CLEOPHANTUS</hi> von <hi rendition="#aq">Corintho</hi></persName>.</note> solches am ersten in Gebrauch gebracht/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-238 http://d-nb.info/gnd/119088169 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500104651"><hi rendition="#aq">CLEOPHANTUS</hi> von <hi rendition="#aq">Corintho</hi></persName>. Dieser fienge an zu künstlen auf Spälten von gebrochenen Erdscherben/ eh sie gebrennt waren: Diese Stücke sind hernach gebrennt worden/ und soll daraus entstanden seyn/ das Mahlen auf irdine Geschirre. Dieser <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-238 http://d-nb.info/gnd/119088169 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500104651">Cleophantus</persName></hi> (sagt <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinius</persName>,</hi> oder ein anderer/ der also geheisen/ wie <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-224 http://d-nb.info/gnd/118747681 http://viaf.org/viaf/100219060">Cornelius Nepos</persName></hi> bezeuget) folgte nach <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080"><hi rendition="#aq">Itali</hi>en</placeName> dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-308">Fürsten <hi rendition="#aq">Demarato</hi></persName>, des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-309 http://d-nb.info/gnd/119007509 http://viaf.org/viaf/37717265">Tarquinii Prisci</persName></hi> Vattern/ als er/ die Stadt <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-33 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7010734">Corintho</placeName></hi> zu verlassen/ und dem Gewalt des Tyrannen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3528">Cipselli</persName></hi> zu entfliehen/ gezwungen war. Dieser <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-308">Demaratus</persName></hi> kame zu wohnen in <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-38 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7009760">Toscana</placeName>,</hi> allda er einen Sohn zeugte/ welcher nachmals der fünfte König zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-6 http://www.geonames.org/3169070/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7000874">Rom</placeName> geworden. Ihme folgten auch <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5332 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500022908 http://viaf.org/viaf/95822388">Corintho</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-310">Euchir</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-311 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500104215 http://viaf.org/viaf/96456671">Eugrammus</persName>,</hi> welche sehr künstliche irdine Bilder und Geschirre machen konten/ und vermeinet man/ daß mit ihnen diese Kunst in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-352 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=1000080"><hi rendition="#aq">Itali</hi>en</placeName> gekommen seye.</p>
        <p xml:id="p211.5"><note place="right"><hi rendition="#aq">VI. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-291 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123615 http://viaf.org/viaf/96594019">BULARCHUS</persName>,</hi> Mahler. Sein Stuck wird mit so schwer Gold erkauft.</note><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-291 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123615 http://viaf.org/viaf/96594019">BULARCHUS</persName>,</hi> der Historie nach/ auch ein Lydier/ muß ohne Zweifel schon damals sehr kunstreich und erfahren gewesen seyn/ weil eines von seinen Stucken/ vor so viel Gold/ als schwer es war/ an den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-312 http://d-nb.info/gnd/120810425 http://viaf.org/viaf/20521748"><hi rendition="#aq">Candaules,</hi> König von <hi rendition="#aq">Lydi</hi>en</persName>/ welcher in eben dem Jahr/ da <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-548 http://d-nb.info/gnd/118749617 http://viaf.org/viaf/89106867">Romulus</persName></hi> gestorben/ verkauft worden. Nun mag <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-312 http://d-nb.info/gnd/120810425 http://viaf.org/viaf/20521748">Candaules</persName></hi> dieses Stuck viel Jahre vor seinem Tod/ und villeicht auch lange Zeit nach dem Ableben des Künstlers/ erkauft haben: Weßwegen dieser für einen der ältsten Mahlere zu halten/ und dabey zu erachten ist/ daß damals die Mahler-Kunst schon in grosser Vollkommenheit müsse gewesen seyn. So muß (nach <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-326 http://d-nb.info/gnd/118595083 http://viaf.org/viaf/100219162">Plinii</persName></hi> Anmerkung) auch notwendig hieraus folgen/ daß lang für dieser Zeit/ die Kunst ihren Anfang <note place="right"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4053">Higiaenon</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4043">Dinias</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4040">Charmas</persName>,</hi> machten die erste <hi rendition="#aq">Contrafete</hi> mit einer Farbe.</note> müsse gehabt haben/ und daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4053">Higiaenon</persName>, <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4043">Dinias</persName></hi> und <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4040">Charmas</persName>,</hi> welche die erste <hi rendition="#aq">Contrafete</hi> mit einer Farbe gemacht/ damals schon lang todt gewesen: ob man schon nicht weiß/ wann sie gelebt haben. Das vorgemeldte Stuck/ von diesem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-291 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123615 http://viaf.org/viaf/96594019">Bularcho</persName></hi> gemahlet/ war ein Streit des Volks von <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-113">Magnesia</placeName></hi> . Was dieser Kunst-reiche Meister mehr gethan <choice><sic>hab</sic><corr>hat</corr></choice>/ ist von der Zeit und älte verdunkelt/ und in Schriften nicht auf uns geerbet.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[II, Buch 1 (antike Künstler), S. 13]/0017] reißen. Dann die erste Mahlerey ware eine geraume Zeit nur ein bloser Umriß/ und hieße bey den Latinern Linearis Pictura, in gezogenen Linien bestehend. Wie man darfür gehalten/ so hat solche erfunden einer/ mit Namen Philocles aus Egypten/ oder Cleanthes ein Corinther/ oder ein anderer Corinther/ Namens Ardices, oder Telephanes von Sicyon: Diese alle sollen nichts/ als nur den bloßen Umriß/ ohn einigen Gebrauch der Farben oder Schattirung/ bloß mit Kohlen gemachet haben. Das erste Mahlen ware ein bloßer Umriß/ deren Erfinder Philocles, Cleanthes und Telephanes. Darnach soll eine unbekandte Hand erfunden haben/ den bloßen Umriß mit einerley Farbe zu füllen: welche Art vom Mahlen bey den Griechen genennet war Monochroma, das ist/ Mahlerey mit einer Farbe. Es vermeinet aber Plinius, dieses heise mahlen mit zweyerley Farben/ als grau in blau/ oder Liecht in Dunckel/ und schreibet/ solches habe lang/ ja biß auf seine Zeit/ gewehret. Er kan aber wol hierinn fehlen/ in ansehung/ daß die alte Meistere/ so in der Wissenschaft noch nicht so hoch gestiegen waren/ ihre Werke/ mit verhöhen und schattiren auszufärtigen/ den Umriß nur mit einerley Saft oder Farbe mögen ausgefüllet haben. Und obwol die Griechen/ als Ehrsüchtig/ sich unterstanden/ die Ehre der ersten Erfindung ihnen selber zuzueignen/ so haben sie doch damit nichts anders gethan/ als daß sie andern ihre Ehren-Kron rauben wollen. Monochroma, das Mahlen mit einer Farbe. Ich beharre demnach auf der Meinung/ daß der Lydische Gyges, in Egypten wohnend/ der erste gewesen seye/ der die Zeichen-Kunst herfürgebracht/ und gleichsam gebohren habe/ da er im profil seinen selbst-eigenen Schatten/ an der weisen Wand/ mit einer Kohle/ die er vom Feuer genommen/ abgerissen/ und daß dieser Polygnotus der erste diese Kunst vermehret/ und den Umriß mit Farben gefüllet habe. Wie er dann mehr Dinge erfunden/ und/ als hohe Gemüter pflegen/ immer weiter gesuchet. Dann man findet/ daß er auch in Holz künstlich schneiden können. Er hat auch erfunden/ zu den Tafeln ein Holtz zu gebrauchen/ welches in Latein Larix, bey den Griechen Aegis, wegen seiner Honigfarbe/ heiset. Dieses Holz/ zu Teutsch Lerchenbaum genennt/ ist so gar glatt/ daß es nicht den geringsten Ritz oder Riß hat: daher es zu diesem Gebrauch sehr dienlich ware. ich berede mich aber/ es müssen zween Polygnoti gewesey seyn/ die weit von einander gelebt/ gleichwie man auch von zweyen Myconen/ dem Alten und Jungen/ schreibet. Dann ich finde von einem Polygnoto, der von Thasus bürtig ware/ und nicht von Athen, wie dieser/ von dem ich schreibe. Dieser Athener/ (von dem andern wird hernach folgen) soll zu einer Zeit mit dem Mycon, seinem Mit-Burger/ gelebet haben/ und waren sie beyde fürtreffliche Mahler/ auch die erste/ so das Athenische Okergelb gebraucht. Ihr Schwarz/ machten sie aus gebrannten Kernen von Weinbeeren. Von diesem Polygnoto find ich ferner nichtes/ als daß er auch künstlich grattiren/ oder mit dem Grab-Eisen umgehen können. Im übrigen weiß man nicht eigentlich/ zu was Zeit er gelebet habe. Polygnotus bässert die Mahler-Kunst/ mit Erfüllung des Umrißes Es lebten zween Mahlere dieses Namens. DIe/ so von Mahlern und Bildhauern geschrieben/ (schreibet Plinius lib. 34. cap. 8.) haben sehr gepriesen/ den Phoceer TELEPHANES. Doch weiß man nicht/ wer er gewesen/ weil seine Werke in Thessalien/ da er gewohnet/ verborgen gelegen. Diese Scribenten aber achten ihn so hoch/als den Polycletum, Myron, und Pythagoram. Von diesem hätte ich zwar mehr zu erzehlen/ weil ich aber befinde/ daß er ein Bildhauer und Giesser in Metall gewesen/ zur Zeit der Persischen Könige Xerxis und Darii, als achte ich es unnötig/ und ist genug/ den Unterschied zwischen diesem und dem vorgemeldten Sicyonischen Telephanes, der lang zuvor/ als einer der ersten Mahler/ gelebet/ gewiesen zu haben. IV.TELEPHANES, ein Phoceer. WAs die Erfindung mit Farben zu mahlen betrifft/ so ist hierinn die glaubwürdigste Meinung/ wie Plinius lib. 35. cap. 3. meldet/ daß solches am ersten in Gebrauch gebracht/ CLEOPHANTUS von Corintho. Dieser fienge an zu künstlen auf Spälten von gebrochenen Erdscherben/ eh sie gebrennt waren: Diese Stücke sind hernach gebrennt worden/ und soll daraus entstanden seyn/ das Mahlen auf irdine Geschirre. Dieser Cleophantus (sagt Plinius, oder ein anderer/ der also geheisen/ wie Cornelius Nepos bezeuget) folgte nach Italien dem Fürsten Demarato, des Tarquinii Prisci Vattern/ als er/ die Stadt Corintho zu verlassen/ und dem Gewalt des Tyrannen Cipselli zu entfliehen/ gezwungen war. Dieser Demaratus kame zu wohnen in Toscana, allda er einen Sohn zeugte/ welcher nachmals der fünfte König zu Rom geworden. Ihme folgten auch Corintho, Euchir und Eugrammus, welche sehr künstliche irdine Bilder und Geschirre machen konten/ und vermeinet man/ daß mit ihnen diese Kunst in Italien gekommen seye. V. CLEOPHANTUS von Corintho. BULARCHUS, der Historie nach/ auch ein Lydier/ muß ohne Zweifel schon damals sehr kunstreich und erfahren gewesen seyn/ weil eines von seinen Stucken/ vor so viel Gold/ als schwer es war/ an den Candaules, König von Lydien/ welcher in eben dem Jahr/ da Romulus gestorben/ verkauft worden. Nun mag Candaules dieses Stuck viel Jahre vor seinem Tod/ und villeicht auch lange Zeit nach dem Ableben des Künstlers/ erkauft haben: Weßwegen dieser für einen der ältsten Mahlere zu halten/ und dabey zu erachten ist/ daß damals die Mahler-Kunst schon in grosser Vollkommenheit müsse gewesen seyn. So muß (nach Plinii Anmerkung) auch notwendig hieraus folgen/ daß lang für dieser Zeit/ die Kunst ihren Anfang müsse gehabt haben/ und daß Higiaenon, Dinias und Charmas, welche die erste Contrafete mit einer Farbe gemacht/ damals schon lang todt gewesen: ob man schon nicht weiß/ wann sie gelebt haben. Das vorgemeldte Stuck/ von diesem Bularcho gemahlet/ war ein Streit des Volks von Magnesia . Was dieser Kunst-reiche Meister mehr gethan hat/ ist von der Zeit und älte verdunkelt/ und in Schriften nicht auf uns geerbet. VI. BULARCHUS, Mahler. Sein Stuck wird mit so schwer Gold erkauft. Higiaenon, Dinias und Charmas, machten die erste Contrafete mit einer Farbe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/17
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 1 (antike Künstler), S. 13]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/17>, abgerufen am 29.03.2024.