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Sanders, Daniel: Brief an Joachim Meyer. Altstrelitz, 12. April 1861.

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nicht, ja ich möchte fast glauben, daß Sie in Form Sprachen pp. oft gehört
wird. Wenigstens heißt es zum Beispiel bei Hackländer (Europäisches
Sklavenleben 1,118):
Rückt in Gottes Namen zusammen und nimmt den Kerl
mit fort!

Vielleicht kann ich Ihnen, wenn Ihnen daran liegt, noch mehr
solche Stellen mittheilen; jedenfalls aber entsinne ich mich aus
meiner Studienzeit, daß wir häufig genug schwäbische
Kommilitonen damit aufzuziehen pflegten, daß sie den Vokal-
wechsel in der 2[.] u[.] 3[.] Person der Einzahl wider Zeiten unterlie-
ßen, ihn dagegen in der 2. Person der Mehrzahl eintreten ließen,
zum Beispiel: Ich stoße, du stoßest, er stoßt; wir stoßen, ihr stößt pp.,
wobei ich unentschieden lassen will, wie viel von solchen For-
men ausschließlich "schwäbisch" ist. Vergleichen Sie: Wenn Ihr vorüber-
kömmt
. Hölderlin (siehe mein Wörterbuch I, 975a); Ihr beköm[n]t. Gott-
helf
Uli
I*), 356; Ihn läuft. 382 p; Warum kömmt ihr? 356.

Seite 23 theilen Sie ein Schiller'sches Gedicht "mit genau der Beob-
haltung des ursprünglichen Textes"
mit. Ich habe, bis jetzt wenig-
stens das Taschenbuch für Damen (von 1809) nicht vergleichen können
- das ich auch schwerlich hier werde auftreiben kön[n]en - aber auch
ohne solchen Vergleich ist klar, daß dieser "ursprüngliche Text" die-
sen Namen nicht verdient, sondern von einem Abschreiber (der
vielleicht aus dem Gedächtnis niederschrieb?) herrührt, der, ohne

*) Uli der Knecht. Von Jeremias Gotthelf. Berlin 1846[.]

nicht, ja ich möchte fast glauben, daß Sie in Form Sprachen pp. oft gehört
wird. Wenigstens heißt es zum Beispiel bei Hackländer (Europäisches
Sklavenleben 1,118):
Rückt in Gottes Namen zusam̃en und nim̃t den Kerl
mit fort!

Vielleicht kañ ich Ihnen, weñ Ihnen daran liegt, noch mehr
solche Stellen mittheilen; jedenfalls aber entsiñe ich mich aus
meiner Studienzeit, daß wir häufig genug schwäbische
Kom̃ilitonen damit aufzuziehen pflegten, daß sie den Vokal-
wechsel in der 2[.] u[.] 3[.] Person der Einzahl wider Zeiten unterlie-
ßen, ihn dagegen in der 2. Person der Mehrzahl eintreten ließen,
zum Beispiel: Ich stoße, du stoßest, er stoßt; wir stoßen, ihr stößt pp.,
wobei ich unentschieden lassen will, wie viel von solchen For-
men ausschließlich „schwäbisch“ ist. Vergleichen Sie: Weñ Ihr vorüber-
kömmt
. Hölderlin (siehe mein Wörterbuch I, 975a); Ihr beköm[̃]t. Gott-
helf
Uli
I*), 356; Ihn läuft. 382 p; Warum kömmt ihr? 356.

Seite 23 theilen Sie ein Schiller’sches Gedicht „mit genau der Beob-
haltung des ursprünglichen Textes“
mit. Ich habe, bis jetzt wenig-
stens das Taschenbuch für Damen (von 1809) nicht vergleichen köñen
– das ich auch schwerlich hier werde auftreiben kön[̃]en – aber auch
ohne solchen Vergleich ist klar, daß dieser „ursprüngliche Text“ die-
sen Namen nicht verdient, sondern von einem Abschreiber (der
vielleicht aus dem Gedächtnis niederschrieb?) herrührt, der, ohne

*) Uli der Knecht. Von Jeremias Gotthelf. Berlin 1846[.]
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[[1v]/0002] nicht, ja ich möchte fast glauben, daß Sie in Form Sprachen p. oft gehört wird. Wenigstens heißt es z.B. bei Hackländer (Europäisches Sklavenleben 1,118): Rückt in Gottes Namen zusam̃en und nim̃t den Kerl mit fort! Vielleicht kañ ich Ihnen, weñ Ihnen daran liegt, noch mehr solche Stellen mittheilen; jedenfalls aber entsiñe ich mich aus meiner Studienzeit, daß wir häufig genug schwäbische Kom̃ilitonen damit aufzuziehen pflegten, daß sie den Vokal- wechsel in der 2. u. 3. Pers. der Einzahl wider Zeiten unterlie- ßen, ihn dagegen in der 2. Pers. der Mehrz. eintreten ließen, z.B.: Ich stoße, du stoßest, er stoßt; wir stoßen, ihr stößt p., wobei ich unentschieden lassen will, wie viel von solchen For- men ausschließlich „schwäbisch“ ist. Vgl. Sie: Weñ Ihr vorüber- kömmt. Hölderlin (s. mein Wörterb. I, 975a); Ihr beköm̃t. Gott- helf Uli I*) , 356; Ihn läuft. 382 p; Warum kömmt ihr? 356. S. 23 theilen Sie ein Schiller’sches Gedicht „mit genau der Beob- haltung des ursprüngl. Textes“ mit. Ich habe, bis jetzt wenig- stens das Taschenbuch f. Damen (v. 1809) nicht vergleichen köñen – das ich auch schwerlich hier werde auftreiben köñen – aber auch ohne solchen Vergleich ist klar, daß dieser „ursprüngl. Text“ die- sen Namen nicht verdient, sondern v. einem Abschreiber (der vielleicht aus dem Gedächtnis niederschrieb?) herrührt, der, ohne *) Uli der Knecht. v. Jer. Gotthelf. Berl. 1846.

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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Joachim Meyer. Altstrelitz, 12. April 1861, S. [1v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_meyer_1861/2>, abgerufen am 16.04.2024.