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Sanders, Daniel: Brief an Moritz Lazarus. Altstrelitz, 4. September 1882.

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Schul- und Reichs-Orthographie verschwiegen und nur die Verschiedenheit in den
einzelnen Schulorthographien erwähnt wird, heißt es p. IV:
"Da der Verfasser glaubte, daß keines der amtlichen Regelbücher das Beste getroffen
habe, hat er das seiner Auffassung am nächsten kommend in den Text auf
genommen und seine abweichende Ansicht in einer Anmerkung begründet pp."

Ich erwähne das als ein Zeichen dafür, daß auch unter den Lehrern, und zwar
auch unter denen, die als Ritter und Kämpfer für die "Schulorthographie" eintreten, wie
Duden (er ist Direktor des Gymnasiums in Hersfeld) die Willkür nicht überall
gebilligt wird.

Ein Ergebnis für die Sache verspreche auch ich mir von einer
Besprechung auf dem Schrifstellersttage - wenigstens in der allenächsten
Zeit - nicht, aber es scheint mir gut und dringend nothwendig, daß
sich Stimmen hören lassen, welche grade die Kluft zwischen der Schulorthographie
und der der Erwachsenen (welche zugleich die amtliche Reichsorthographie ist) her-
vorheben, um so mehr als durch eine freilich leicht nachzuweisendes Volks-
Schlagen immer die Schulorthographie von ihren Freunden und Förderern als Reichsorthographie
aufgegeben wird.

Verzeihen Sie, lieber Freund, die Geschwindigkeit in diesem Punkte,
indem Sie das neugriechische Sprichwort erwägen: des Huhns Zunge ist

Schul- und Reichs-Orthographie verschwiegen und nur die Verschiedenheit in den
einzelnen Schulorthographien erwähnt wird, heißt es p. IV:
„Da der Verfasser glaubte, daß keines der amtlichen Regelbücher das Beste getroffen
habe, hat er das seiner Auffassung am nächsten kom̃end in den Text auf
genom̃en und seine abweichende Ansicht in einer Anmerkung begründet pp.

Ich erwähne das als ein Zeichen dafür, daß auch unter den Lehrern, und zwar
auch unter denen, die als Ritter und Kämpfer für die „Schulorthographie“ eintreten, wie
Duden (er ist Direktor des Gymnasiums in Hersfeld) die Willkür nicht überall
gebilligt wird.

Ein Ergebnis für die Sache verspreche auch ich mir von einer
Besprechung auf dem Schrifstellersttage – wenigstens in der allenächsten
Zeit – nicht, aber es scheint mir gut und dringend nothwendig, daß
sich Stim̃en hören lassen, welche grade die Kluft zwischen der Schulorthographie
und der der Erwachsenen (welche zugleich die amtliche Reichsorthographie ist) her-
vorheben, um so mehr als durch eine freilich leicht nachzuweisendes Volks-
Schlagen im̃er die Schulorthographie von ihren Freunden und Förderern als Reichsorthographie
aufgegeben wird.

Verzeihen Sie, lieber Freund, die Geschwindigkeit in diesem Punkte,
indem Sie das neugriechische Sprichwort erwägen: des Huhns Zunge ist

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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Moritz Lazarus. Altstrelitz, 4. September 1882, S. [1v]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_lazarus2_1882/2>, abgerufen am 28.03.2024.