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Sanders, Daniel: Brief an Julius Campe. Altstrelitz, 17. Mai 1871.

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Geehrter Herr.



Im Anschluss an mein gestriges Schreiben will ich Ihnen in möglichster Kürze
die Gründe darlegen, die mich bestimmten, von der - wie sich von selbst versteht
und auch aus der Anlage ersichtlich ist - zu erst im engsten Anschluss an Roget
von mir versuchten Anordnungsweise abzugehen.

Das R.'sche System, das es unternimmt , den Schatz einer ganzen Spra-
che in 6 Klassen einzuferchen, welche in eine Anzahl Abtheilungen ges-
ondert sind, die dann wieder in Kategorien (in der Zahl 1000) zerlegt sind,
dies System - sage ich - ist (an dies jedes ähnlich System wird sein müssen)
ein künstliches und in vielen Punkten willkürliches. Jedenfalls wird
der Nachschlagende bei der großen Zahl (1000) von Kategorien einer
langen und ununterbrochenen fortgesetzten Benutzung der Bücher bedürfen,
um sich so in das System hineinzuarbeiten, daß er für jeden Begriff
sofort das richtige der 1000 Fächer auffinden kann, in welchem der Verfasser
das zu Suchende untergebracht hat. Diesen Mangel hat der Verfasser auch selbst
anerkannt dadurch, daß er als eine nothwendige Ergänzung dem Buch
ein alphabetisches Verzeichnis beigegeben, das dem eigentlichen Werk an Stärke
fast gleich ist, ohne doch wirklich vollständig zu sein und so seinem
Zweck zu genügen. Ohne ein längeres Hin- und Hersuchen oder ohne
in doppeltes Nachschlagen - erst im "Index" und dann im Buch selbst
wird schwerlich Jemand irgend Etwas hier auffinden können. Diesem
Übelstand entgeht man, da doch die alphabetische Anordnung
unentbehrlich ist, wenn man diese, die jedem Nachschlagenden ohne
alles Nachdenken geläufig ist, zum Prinzip erhebt, wie ich das in
der früher Ihnen gesandten Probe gethan.

Ein zweiter, und noch unfreundlicher Übelstand des R.'schen
und jedes ähnlichen Systems ist, daß die noch so künstlich und eng

Geehrter Herr.



Im Anschluss an mein gestriges Schreiben will ich Ihnen in möglichster Kürze
die Gründe darlegen, die mich bestim̃ten, von der – wie sich von selbst versteht
und auch aus der Anlage ersichtlich ist – zu erst im engsten Anschluss an Roget
von mir versuchten Anordnungsweise abzugehen.

Das R.‘sche System, das es unternim̃t , den Schatz einer ganzen Spra-
che in 6 Klassen einzuferchen, welche in eine Anzahl Abtheilungen ges-
ondert sind, die dañ wieder in Kategorien (in der Zahl 1000) zerlegt sind,
dies System – sage ich – ist (an dies jedes ähnlich System wird sein müssen)
ein künstliches und in vielen Punkten willkürliches. Jedenfalls wird
der Nachschlagende bei der großen Zahl (1000) von Kategorien einer
langen und ununterbrochenen fortgesetzten Benutzung der Bücher bedürfen,
um sich so in das System hineinzuarbeiten, daß er für jeden Begriff
sofort das richtige der 1000 Fächer auffinden kañ, in welchem der Verfasser
das zu Suchende untergebracht hat. Diesen Mangel hat der Verfasser auch selbst
anerkañt dadurch, daß er als eine nothwendige Ergänzung dem Buch
ein alphabetisches Verzeichnis beigegeben, das dem eigentlichen Werk an Stärke
fast gleich ist, ohne doch wirklich vollständig zu sein und so seinem
Zweck zu genügen. Ohne ein längeres Hin- und Hersuchen oder ohne
in doppeltes Nachschlagen – erst im „Index“ und dañ im Buch selbst
wird schwerlich Jemand irgend Etwas hier auffinden köñen. Diesem
Übelstand entgeht man, da doch die alphabetische Anordnung
unentbehrlich ist, weñ man diese, die jedem Nachschlagenden ohne
alles Nachdenken geläufig ist, zum Prinzip erhebt, wie ich das in
der früher Ihnen gesandten Probe gethan.

Ein zweiter, und noch unfreundlicher Übelstand des R.‘schen
und jedes ähnlichen Systems ist, daß die noch so künstlich und eng

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[[1r]/0001] Geehrter Herr. Im Anschluss an mein gestriges Schreiben will ich Ihnen in möglichster Kürze die Gründe darlegen, die mich bestim̃ten, von der – wie sich von selbst versteht und auch aus der Anlage ersichtlich ist – zu erst im engsten Anschluss an Roget von mir versuchten Anordnungsweise abzugehen. Das R.‘sche System, das es unternim̃t , den Schatz einer ganzen Spra- che in 6 Klassen einzuferchen, welche in eine Anzahl Abtheilungen ges- ondert sind, die dañ wieder in Kategorien (in der Zahl 1000) zerlegt sind, dies System – sage ich – ist (an dies jedes ähnlich System wird sein müssen) ein künstliches und in vielen Punkten willkürliches. Jedenfalls wird der Nachschlagende bei der großen Zahl (1000) von Kategorien einer langen und ununterbrochenen fortgesetzten Benutzung der Bücher bedürfen, um sich so in das System hineinzuarbeiten, daß er für jeden Begriff sofort das richtige der 1000 Fächer auffinden kañ, in welchem der Vf. das zu Suchende untergebracht hat. Diesen Mangel hat der Vf. auch selbst anerkañt dadurch, daß er als eine nothwendige Ergänzung dem Buch ein alphabetisches Verzeichnis beigegeben, das dem eigentlichen Werk an Stärke fast gleich ist, ohne doch wirklich vollständig zu sein und so seinem Zweck zu genügen. Ohne ein längeres Hin- und Hersuchen oder ohne in doppeltes Nachschlagen – erst im „Index“ und dañ im Buch selbst wird schwerlich Jemand irgend Etwas hier auffinden köñen. Diesem Übelstand entgeht man, da doch die alphabetische Anordnung unentbehrlich ist, weñ man diese, die jedem Nachschlagenden ohne alles Nachdenken geläufig ist, zum Prinzip erhebt, wie ich das in der früher Ihnen gesandten Probe gethan. Ein zweiter, und noch unfreundlicher Übelstand des R.‘schen u jedes ähnlichen Systems ist, daß die noch so künstlich und eng

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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Julius Campe. Altstrelitz, 17. Mai 1871, S. [1r]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_campe_1871/1>, abgerufen am 28.03.2024.