aber so wie's möglich gewesen war, sie vom blossen Zu- hören zu fassen.
Die Titelnarrheit kan in keiner Stadt weiter ge- hen, als hier. Ueber Tische beklagte es ein vornehmer Mann recht ernstlich, daß er gestern Einem, der doch nur Gnädiger Herr sei, die Excellenz gegeben. -- Und darüber entstand ein langer Diskurs, wie er in aller Welt dazu gekommen sei.
Man hat hier einen greulichen Lärmen mit den Na- menstagen. Da muß gratulirt werden. Die Be- dientin werden herum geschickt, die Haussekretäre ver- säumen nicht, dem Verwandten vom Hause an solchen Tagen im Staat aufzuwarten.
Die Laternen, womit Wien erleuchtet wird, thun auch in der Stadt, bei den engen Strassen keine sonder- liche Wirkung. Und erst seit einiger Zeit sind es runde aus Einem Stück; die viereckigten und zusammengesetz- ten that man in die Vorstädte.
Die Taxen, die hier auf der Reichskanzlei beim Taxamt für Standeserhöhungen entrichtet werden müssen, sind ungeheuer, oft 2000. Gulden auf einmahl. Der Churfürst von Maynz kan die ganze Reichskanzlei da- mit eralten.
Man redet hier von 80. Millionen Gulden Ein- künfte, die der Kaiser haben soll.
Ofener Wein, Böhmisches Glas, und andre Dinge, die im Lande gemacht werden, kosten hier in der Stadt, wegen der Mauth, Tranksteuer, und an- dern schweren Auflagen mehr, als sie ausser Land kosten. z. E. der Eimer Ofener Wein kan im Ankauf 6. Gul- den, und mit Mauth und Transport auf der Achse 13.
Gulden
Zweiter Theil. P p
aber ſo wie’s moͤglich geweſen war, ſie vom bloſſen Zu- hoͤren zu faſſen.
Die Titelnarrheit kan in keiner Stadt weiter ge- hen, als hier. Ueber Tiſche beklagte es ein vornehmer Mann recht ernſtlich, daß er geſtern Einem, der doch nur Gnaͤdiger Herr ſei, die Excellenz gegeben. — Und daruͤber entſtand ein langer Diskurs, wie er in aller Welt dazu gekommen ſei.
Man hat hier einen greulichen Laͤrmen mit den Na- menstagen. Da muß gratulirt werden. Die Be- dientin werden herum geſchickt, die Hausſekretaͤre ver- ſaͤumen nicht, dem Verwandten vom Hauſe an ſolchen Tagen im Staat aufzuwarten.
Die Laternen, womit Wien erleuchtet wird, thun auch in der Stadt, bei den engen Straſſen keine ſonder- liche Wirkung. Und erſt ſeit einiger Zeit ſind es runde aus Einem Stuͤck; die viereckigten und zuſammengeſetz- ten that man in die Vorſtaͤdte.
Die Taxen, die hier auf der Reichskanzlei beim Taxamt fuͤr Standeserhoͤhungen entrichtet werden muͤſſen, ſind ungeheuer, oft 2000. Gulden auf einmahl. Der Churfuͤrſt von Maynz kan die ganze Reichskanzlei da- mit eralten.
Man redet hier von 80. Millionen Gulden Ein- kuͤnfte, die der Kaiſer haben ſoll.
Ofener Wein, Boͤhmiſches Glas, und andre Dinge, die im Lande gemacht werden, koſten hier in der Stadt, wegen der Mauth, Trankſteuer, und an- dern ſchweren Auflagen mehr, als ſie auſſer Land koſten. z. E. der Eimer Ofener Wein kan im Ankauf 6. Gul- den, und mit Mauth und Transport auf der Achſe 13.
Gulden
Zweiter Theil. P p
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aber ſo wie’s moͤglich geweſen war, ſie vom bloſſen Zu-
hoͤren zu faſſen.
Die Titelnarrheit kan in keiner Stadt weiter ge-
hen, als hier. Ueber Tiſche beklagte es ein vornehmer
Mann recht ernſtlich, daß er geſtern Einem, der doch
nur Gnaͤdiger Herr ſei, die Excellenz gegeben. — Und
daruͤber entſtand ein langer Diskurs, wie er in aller
Welt dazu gekommen ſei.
Man hat hier einen greulichen Laͤrmen mit den Na-
menstagen. Da muß gratulirt werden. Die Be-
dientin werden herum geſchickt, die Hausſekretaͤre ver-
ſaͤumen nicht, dem Verwandten vom Hauſe an ſolchen
Tagen im Staat aufzuwarten.
Die Laternen, womit Wien erleuchtet wird, thun
auch in der Stadt, bei den engen Straſſen keine ſonder-
liche Wirkung. Und erſt ſeit einiger Zeit ſind es runde
aus Einem Stuͤck; die viereckigten und zuſammengeſetz-
ten that man in die Vorſtaͤdte.
Die Taxen, die hier auf der Reichskanzlei beim
Taxamt fuͤr Standeserhoͤhungen entrichtet werden muͤſſen,
ſind ungeheuer, oft 2000. Gulden auf einmahl. Der
Churfuͤrſt von Maynz kan die ganze Reichskanzlei da-
mit eralten.
Man redet hier von 80. Millionen Gulden Ein-
kuͤnfte, die der Kaiſer haben ſoll.
Ofener Wein, Boͤhmiſches Glas, und andre
Dinge, die im Lande gemacht werden, koſten hier
in der Stadt, wegen der Mauth, Trankſteuer, und an-
dern ſchweren Auflagen mehr, als ſie auſſer Land koſten.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/631>, abgerufen am 19.04.2024.
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