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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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ten, herabgelassen wurde. Aussen sieht das Gebäude
wie ein Thurm, wie ein Gefängnis aus. Inwendig
sind die Maschinen selber tief im Boden versteckt; in der
Wohnung des Aufsehers sieht man fast nichts, als ein
Rad, das ohne Mühe von einer Weibsperson in Bewe-
gung gesetzt werden kan, und das Obertheil von einem
eisernen Baume, auf dem im ganzen Werke das Meiste
ankommen soll, und der daher nicht gezeigt wird. Der
Mann hat mit grosser Genauigkeit die Stärke und die
Wirkung aller Triebfedern überdacht und berechnet. Denn
wenn das Werk jetzt von Zeit zu Zeit ausgebessert wird,
so machen oft die geschicktesten Schlosser einen Fehler, der
so versteckt, so klein seyn kan, daß man ihn oft kaum ent-
deckt, und doch stockt gleich die ganze Maschine. Man
hat seither diesen Einlaß immer gebraucht. Vor kur-
zem aber hat man eine andre Einrichtung mit den soge-
nannten Bazenthoren getroffen, und das Werk wird
jetzt nur, als ein würdiger Beweis von der Geschicklichkeit
eines Tyroler Grobschmidts erhalten.

Bei Hrn. Brander *) kan man einen vortreflichen
Vorrath von mathematischen, optischen, astronomischen
und mikroskopischen Instrumenten sehen. Ich bewun-
derte besonders die Skala oder das Mikrometer an sei-
nen Vergrösserungsgläsern, die er mit Diamanten in
böhmisches Glas unendlich fein schneidet.

Im bischöflichen Pallaste sieht man noch die
zwei Fenster des Zimmers, in welchem 1530. die aug-
spurgische Konfession verlesen wurde. In das Zimmer

selber
*) Dieser würdige Künstler ist gegenwärtig nicht mehr
am Leben. Herausgeber.
B 5

ten, herabgelaſſen wurde. Auſſen ſieht das Gebaͤude
wie ein Thurm, wie ein Gefaͤngnis aus. Inwendig
ſind die Maſchinen ſelber tief im Boden verſteckt; in der
Wohnung des Aufſehers ſieht man faſt nichts, als ein
Rad, das ohne Muͤhe von einer Weibsperſon in Bewe-
gung geſetzt werden kan, und das Obertheil von einem
eiſernen Baume, auf dem im ganzen Werke das Meiſte
ankommen ſoll, und der daher nicht gezeigt wird. Der
Mann hat mit groſſer Genauigkeit die Staͤrke und die
Wirkung aller Triebfedern uͤberdacht und berechnet. Denn
wenn das Werk jetzt von Zeit zu Zeit ausgebeſſert wird,
ſo machen oft die geſchickteſten Schloſſer einen Fehler, der
ſo verſteckt, ſo klein ſeyn kan, daß man ihn oft kaum ent-
deckt, und doch ſtockt gleich die ganze Maſchine. Man
hat ſeither dieſen Einlaß immer gebraucht. Vor kur-
zem aber hat man eine andre Einrichtung mit den ſoge-
nannten Bazenthoren getroffen, und das Werk wird
jetzt nur, als ein wuͤrdiger Beweis von der Geſchicklichkeit
eines Tyroler Grobſchmidts erhalten.

Bei Hrn. Brander *) kan man einen vortreflichen
Vorrath von mathematiſchen, optiſchen, aſtronomiſchen
und mikroſkopiſchen Inſtrumenten ſehen. Ich bewun-
derte beſonders die Skala oder das Mikrometer an ſei-
nen Vergroͤſſerungsglaͤſern, die er mit Diamanten in
boͤhmiſches Glas unendlich fein ſchneidet.

Im biſchoͤflichen Pallaſte ſieht man noch die
zwei Fenſter des Zimmers, in welchem 1530. die aug-
ſpurgiſche Konfeſſion verleſen wurde. In das Zimmer

ſelber
*) Dieſer wuͤrdige Kuͤnſtler iſt gegenwaͤrtig nicht mehr
am Leben. Herausgeber.
B 5
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[25/0063] ten, herabgelaſſen wurde. Auſſen ſieht das Gebaͤude wie ein Thurm, wie ein Gefaͤngnis aus. Inwendig ſind die Maſchinen ſelber tief im Boden verſteckt; in der Wohnung des Aufſehers ſieht man faſt nichts, als ein Rad, das ohne Muͤhe von einer Weibsperſon in Bewe- gung geſetzt werden kan, und das Obertheil von einem eiſernen Baume, auf dem im ganzen Werke das Meiſte ankommen ſoll, und der daher nicht gezeigt wird. Der Mann hat mit groſſer Genauigkeit die Staͤrke und die Wirkung aller Triebfedern uͤberdacht und berechnet. Denn wenn das Werk jetzt von Zeit zu Zeit ausgebeſſert wird, ſo machen oft die geſchickteſten Schloſſer einen Fehler, der ſo verſteckt, ſo klein ſeyn kan, daß man ihn oft kaum ent- deckt, und doch ſtockt gleich die ganze Maſchine. Man hat ſeither dieſen Einlaß immer gebraucht. Vor kur- zem aber hat man eine andre Einrichtung mit den ſoge- nannten Bazenthoren getroffen, und das Werk wird jetzt nur, als ein wuͤrdiger Beweis von der Geſchicklichkeit eines Tyroler Grobſchmidts erhalten. Bei Hrn. Brander *) kan man einen vortreflichen Vorrath von mathematiſchen, optiſchen, aſtronomiſchen und mikroſkopiſchen Inſtrumenten ſehen. Ich bewun- derte beſonders die Skala oder das Mikrometer an ſei- nen Vergroͤſſerungsglaͤſern, die er mit Diamanten in boͤhmiſches Glas unendlich fein ſchneidet. Im biſchoͤflichen Pallaſte ſieht man noch die zwei Fenſter des Zimmers, in welchem 1530. die aug- ſpurgiſche Konfeſſion verleſen wurde. In das Zimmer ſelber *) Dieſer wuͤrdige Kuͤnſtler iſt gegenwaͤrtig nicht mehr am Leben. Herausgeber. B 5

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/63>, abgerufen am 28.03.2024.