Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Heute aß ich von einem Hausen. Diese kommen
mit den Huchen, einem hier sehr beliebten Fisch, aus
dem Kaspischen Meere in die Donau. Ihr Fleisch
verbessert sich immer mehr, je weiter sie im Strome stei-
gen. Einen Gulden gilt hier das Pfund Forelle, und
eben so viel das Pfund Aal.

Nun fing man erst an, junge Rettiche zu verkau-
fen; Erdbeeren sah man auch hie und da, die aber in
Gewächshäusern gezogen waren.

Den 21sten April.

Weil heute Sonntag war, so wohnte ich dem Got-
tesdienste in der Schwedischen Gesandschaftskapelle
bei. Sie besteht aus 3. grossen Zimmern, die sich
in einander öfnen, hat keine Orgel, statt der Kanzel
einen schlechten Stuhl und einen Altar, der mehr
ein Kranz oder ein runder Tisch um eine Säule herum
ist. Das Nürnberger Gesangbuch ist hier eingeführt.
Der Prediger trägt Mantel und Kragen. Die Kom-
munion war vorm Gottesdienst. Sechs bis sieben Per-
sonen knieten zugleich um den Altar herum, und nachher
sprach er über alle zusammen ein Votum. Der Gottes-
dienst fing nicht mit der Absolution an, sondern mit ei-
nem Gebet um Vergebung der Sünden, dann sang man:
Allein Gott in der Höh etc. Nun sprach der Prediger,
der immer schon auf der Kanzel war, das Evangelium,
darauf folgte der Hauptgesang, nach diesem betete er laut
das V. U., las den Text ab, und fing an zu predigen.
Der jetzige Prediger ist Hr. Suck, schon ein Mann bei
Jahren, aber von gutmüthiger Miene. Der Text war
die Unterredung J. Chr. mit dem Missethäter am Kreuz,

der

Heute aß ich von einem Hauſen. Dieſe kommen
mit den Huchen, einem hier ſehr beliebten Fiſch, aus
dem Kaſpiſchen Meere in die Donau. Ihr Fleiſch
verbeſſert ſich immer mehr, je weiter ſie im Strome ſtei-
gen. Einen Gulden gilt hier das Pfund Forelle, und
eben ſo viel das Pfund Aal.

Nun fing man erſt an, junge Rettiche zu verkau-
fen; Erdbeeren ſah man auch hie und da, die aber in
Gewaͤchshaͤuſern gezogen waren.

Den 21ſten April.

Weil heute Sonntag war, ſo wohnte ich dem Got-
tesdienſte in der Schwediſchen Geſandſchaftskapelle
bei. Sie beſteht aus 3. groſſen Zimmern, die ſich
in einander oͤfnen, hat keine Orgel, ſtatt der Kanzel
einen ſchlechten Stuhl und einen Altar, der mehr
ein Kranz oder ein runder Tiſch um eine Saͤule herum
iſt. Das Nuͤrnberger Geſangbuch iſt hier eingefuͤhrt.
Der Prediger traͤgt Mantel und Kragen. Die Kom-
munion war vorm Gottesdienſt. Sechs bis ſieben Per-
ſonen knieten zugleich um den Altar herum, und nachher
ſprach er uͤber alle zuſammen ein Votum. Der Gottes-
dienſt fing nicht mit der Abſolution an, ſondern mit ei-
nem Gebet um Vergebung der Suͤnden, dann ſang man:
Allein Gott in der Hoͤh ꝛc. Nun ſprach der Prediger,
der immer ſchon auf der Kanzel war, das Evangelium,
darauf folgte der Hauptgeſang, nach dieſem betete er laut
das V. U., las den Text ab, und fing an zu predigen.
Der jetzige Prediger iſt Hr. Suck, ſchon ein Mann bei
Jahren, aber von gutmuͤthiger Miene. Der Text war
die Unterredung J. Chr. mit dem Miſſethaͤter am Kreuz,

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0522" n="484"/>
              <p>Heute aß ich von einem <hi rendition="#fr">Hau&#x017F;en.</hi> Die&#x017F;e kommen<lb/>
mit den <hi rendition="#fr">Huchen,</hi> einem hier &#x017F;ehr beliebten Fi&#x017F;ch, aus<lb/>
dem <hi rendition="#fr">Ka&#x017F;pi&#x017F;chen Meere</hi> in die <hi rendition="#fr">Donau.</hi> Ihr Flei&#x017F;ch<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ert &#x017F;ich immer mehr, je weiter &#x017F;ie im Strome &#x017F;tei-<lb/>
gen. Einen Gulden gilt hier das Pfund <hi rendition="#fr">Forelle,</hi> und<lb/>
eben &#x017F;o viel das Pfund <hi rendition="#fr">Aal.</hi></p><lb/>
              <p>Nun fing man er&#x017F;t an, junge <hi rendition="#fr">Rettiche</hi> zu verkau-<lb/>
fen; <hi rendition="#fr">Erdbeeren</hi> &#x017F;ah man auch hie und da, die aber in<lb/>
Gewa&#x0364;chsha&#x0364;u&#x017F;ern gezogen waren.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head>Den 21&#x017F;ten April.</head><lb/>
              <p>Weil heute Sonntag war, &#x017F;o wohnte ich dem Got-<lb/>
tesdien&#x017F;te in der <hi rendition="#fr">Schwedi&#x017F;chen Ge&#x017F;and&#x017F;chaftskapelle</hi><lb/>
bei. Sie be&#x017F;teht aus 3. gro&#x017F;&#x017F;en Zimmern, die &#x017F;ich<lb/>
in einander o&#x0364;fnen, hat keine Orgel, &#x017F;tatt der Kanzel<lb/>
einen &#x017F;chlechten Stuhl und einen Altar, der mehr<lb/>
ein Kranz oder ein runder Ti&#x017F;ch um eine Sa&#x0364;ule herum<lb/>
i&#x017F;t. Das <hi rendition="#fr">Nu&#x0364;rnberg</hi>er Ge&#x017F;angbuch i&#x017F;t hier eingefu&#x0364;hrt.<lb/>
Der Prediger tra&#x0364;gt Mantel und Kragen. Die Kom-<lb/>
munion war vorm Gottesdien&#x017F;t. Sechs bis &#x017F;ieben Per-<lb/>
&#x017F;onen knieten zugleich um den Altar herum, und nachher<lb/>
&#x017F;prach er u&#x0364;ber alle zu&#x017F;ammen ein <hi rendition="#aq">Votum.</hi> Der Gottes-<lb/>
dien&#x017F;t fing nicht mit der Ab&#x017F;olution an, &#x017F;ondern mit ei-<lb/>
nem Gebet um Vergebung der Su&#x0364;nden, dann &#x017F;ang man:<lb/>
Allein Gott in der Ho&#x0364;h &#xA75B;c. Nun &#x017F;prach der Prediger,<lb/>
der immer &#x017F;chon auf der Kanzel war, das Evangelium,<lb/>
darauf folgte der Hauptge&#x017F;ang, nach die&#x017F;em betete er laut<lb/>
das V. U., las den Text ab, und fing an zu predigen.<lb/>
Der jetzige Prediger i&#x017F;t Hr. <hi rendition="#fr">Suck,</hi> &#x017F;chon ein Mann bei<lb/>
Jahren, aber von gutmu&#x0364;thiger Miene. Der Text war<lb/>
die Unterredung <hi rendition="#fr">J. Chr.</hi> mit dem Mi&#x017F;&#x017F;etha&#x0364;ter am Kreuz,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[484/0522] Heute aß ich von einem Hauſen. Dieſe kommen mit den Huchen, einem hier ſehr beliebten Fiſch, aus dem Kaſpiſchen Meere in die Donau. Ihr Fleiſch verbeſſert ſich immer mehr, je weiter ſie im Strome ſtei- gen. Einen Gulden gilt hier das Pfund Forelle, und eben ſo viel das Pfund Aal. Nun fing man erſt an, junge Rettiche zu verkau- fen; Erdbeeren ſah man auch hie und da, die aber in Gewaͤchshaͤuſern gezogen waren. Den 21ſten April. Weil heute Sonntag war, ſo wohnte ich dem Got- tesdienſte in der Schwediſchen Geſandſchaftskapelle bei. Sie beſteht aus 3. groſſen Zimmern, die ſich in einander oͤfnen, hat keine Orgel, ſtatt der Kanzel einen ſchlechten Stuhl und einen Altar, der mehr ein Kranz oder ein runder Tiſch um eine Saͤule herum iſt. Das Nuͤrnberger Geſangbuch iſt hier eingefuͤhrt. Der Prediger traͤgt Mantel und Kragen. Die Kom- munion war vorm Gottesdienſt. Sechs bis ſieben Per- ſonen knieten zugleich um den Altar herum, und nachher ſprach er uͤber alle zuſammen ein Votum. Der Gottes- dienſt fing nicht mit der Abſolution an, ſondern mit ei- nem Gebet um Vergebung der Suͤnden, dann ſang man: Allein Gott in der Hoͤh ꝛc. Nun ſprach der Prediger, der immer ſchon auf der Kanzel war, das Evangelium, darauf folgte der Hauptgeſang, nach dieſem betete er laut das V. U., las den Text ab, und fing an zu predigen. Der jetzige Prediger iſt Hr. Suck, ſchon ein Mann bei Jahren, aber von gutmuͤthiger Miene. Der Text war die Unterredung J. Chr. mit dem Miſſethaͤter am Kreuz, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/522
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 484. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/522>, abgerufen am 19.04.2024.