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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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dern durch Schlangengänge an einen Ort, wo
ihn das aus dem Grunde hervorsteigende herrli-
che Schloß, nebst den dazu gehörigen Gärten
und Häusern auf einmal ins Auge fiel. Nie
werde ich den Eindruck vergessen, den diese ro-
mantische Gegend auf ihn machte. Er stand ei-
nige Minuten mit in einander geschlagenen Ar-
men in überhangender Stellung, und schien zu
untersuchen, obs Feerey oder Natur wäre, was
sein Aug' erblickte. "Nein," sagte er endlich,
"das muß ich gestehen, ein solches Schloß hätt'
"ich hier nicht vermuthet. Die kühnste Einbil-
"dungskraft wagt sich das kaum zu denken, was
"Kunst und Natur hier realisiret haben." Die
hohen Berge, die das Schloß von allen Seiten
umgeben, und sich gleichsam in einander winden,
sind, einige Plätze ausgenommen, mit lebendi-
gem Holz bewachsen. Sie bilden in der Ge-
gend, wo das Schloß liegt, einen großen Kes-
sel, vereinigen sich nach und nach, und lassen
endlich nur so viel Land übrig, als nöthig zu
seyn scheint, um der durchs Thal rauschenden
Müglitz den Aus- und Eingang zu verstatten.
In der Mitte des Thals erhebt sich ein mäßiger
Hügel, welcher mit dem herrlichsten Schloß, der
Bewunderung aller Fremden, überbaut ist, aus

dessen

dern durch Schlangengaͤnge an einen Ort, wo
ihn das aus dem Grunde hervorſteigende herrli-
che Schloß, nebſt den dazu gehoͤrigen Gaͤrten
und Haͤuſern auf einmal ins Auge fiel. Nie
werde ich den Eindruck vergeſſen, den dieſe ro-
mantiſche Gegend auf ihn machte. Er ſtand ei-
nige Minuten mit in einander geſchlagenen Ar-
men in uͤberhangender Stellung, und ſchien zu
unterſuchen, obs Feerey oder Natur waͤre, was
ſein Aug’ erblickte. „Nein,“ ſagte er endlich,
„das muß ich geſtehen, ein ſolches Schloß haͤtt’
„ich hier nicht vermuthet. Die kuͤhnſte Einbil-
„dungskraft wagt ſich das kaum zu denken, was
„Kunſt und Natur hier realiſiret haben.“ Die
hohen Berge, die das Schloß von allen Seiten
umgeben, und ſich gleichſam in einander winden,
ſind, einige Plaͤtze ausgenommen, mit lebendi-
gem Holz bewachſen. Sie bilden in der Ge-
gend, wo das Schloß liegt, einen großen Keſ-
ſel, vereinigen ſich nach und nach, und laſſen
endlich nur ſo viel Land uͤbrig, als noͤthig zu
ſeyn ſcheint, um der durchs Thal rauſchenden
Muͤglitz den Aus- und Eingang zu verſtatten.
In der Mitte des Thals erhebt ſich ein maͤßiger
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[XXVII/0033] dern durch Schlangengaͤnge an einen Ort, wo ihn das aus dem Grunde hervorſteigende herrli- che Schloß, nebſt den dazu gehoͤrigen Gaͤrten und Haͤuſern auf einmal ins Auge fiel. Nie werde ich den Eindruck vergeſſen, den dieſe ro- mantiſche Gegend auf ihn machte. Er ſtand ei- nige Minuten mit in einander geſchlagenen Ar- men in uͤberhangender Stellung, und ſchien zu unterſuchen, obs Feerey oder Natur waͤre, was ſein Aug’ erblickte. „Nein,“ ſagte er endlich, „das muß ich geſtehen, ein ſolches Schloß haͤtt’ „ich hier nicht vermuthet. Die kuͤhnſte Einbil- „dungskraft wagt ſich das kaum zu denken, was „Kunſt und Natur hier realiſiret haben.“ Die hohen Berge, die das Schloß von allen Seiten umgeben, und ſich gleichſam in einander winden, ſind, einige Plaͤtze ausgenommen, mit lebendi- gem Holz bewachſen. Sie bilden in der Ge- gend, wo das Schloß liegt, einen großen Keſ- ſel, vereinigen ſich nach und nach, und laſſen endlich nur ſo viel Land uͤbrig, als noͤthig zu ſeyn ſcheint, um der durchs Thal rauſchenden Muͤglitz den Aus- und Eingang zu verſtatten. In der Mitte des Thals erhebt ſich ein maͤßiger Huͤgel, welcher mit dem herrlichſten Schloß, der Bewunderung aller Fremden, uͤberbaut iſt, aus deſſen

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. XXVII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/33>, abgerufen am 29.03.2024.