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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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sigkeiten in der Schreibart wird man freilich wohl
hie und da bemerken, aber welche Reisebeschrei-
bung ist ie ganz davon frey gewesen? Oder kan
es bey der Einschränkung des menschlichen Gei-
stes seyn? ubi plura -- nitent, non ego pau-
cis offendar maculis.
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Alle diese Schriften, die Gedichte, die er
bald einzeln drucken, bald in verschiedene Mo-
nathsschriften einrücken lassen, ungerechnet, schrieb
Sander vor dem acht und zwanzigsten Jahre!
Was würde er nicht noch geleistet haben, wenn
ihm die Vorsehung ein längeres Leben verliehen
hätte! Hier ist noch eine Schilderung seines Cha-
rakters, wozu ich die Züge aus einer öffentli-
chen Schrift entlehne, die ich um desto eher be-
nutzen darf, da sie meine eigene Arbeit ist.

Sander war von mittlerer Größe, bräun-
lich von Gesichtsfarbe, und mehr mager als flei-
schigt. Sein Anzug war simpel, und so lange
er nicht sprach, schien er ganz zu der Classe von
gewöhnlichen Menschen zu gehören, nur sein gros-
ses feuriges Auge kündigte die rastlose Thätigkeit
seines Geistes an. So bald er aber den Mund
öfnete, sprach er mit Feuer und Energie, und
alle Züge seines Gesichts wurden beseelt. Er
besaß jene Leichtigkeit im Umgange, die man nur

durch
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ſigkeiten in der Schreibart wird man freilich wohl
hie und da bemerken, aber welche Reiſebeſchrei-
bung iſt ie ganz davon frey geweſen? Oder kan
es bey der Einſchraͤnkung des menſchlichen Gei-
ſtes ſeyn? ubi plura — nitent, non ego pau-
cis offendar maculis.

Alle dieſe Schriften, die Gedichte, die er
bald einzeln drucken, bald in verſchiedene Mo-
nathsſchriften einruͤcken laſſen, ungerechnet, ſchrieb
Sander vor dem acht und zwanzigſten Jahre!
Was wuͤrde er nicht noch geleiſtet haben, wenn
ihm die Vorſehung ein laͤngeres Leben verliehen
haͤtte! Hier iſt noch eine Schilderung ſeines Cha-
rakters, wozu ich die Zuͤge aus einer oͤffentli-
chen Schrift entlehne, die ich um deſto eher be-
nutzen darf, da ſie meine eigene Arbeit iſt.

Sander war von mittlerer Groͤße, braͤun-
lich von Geſichtsfarbe, und mehr mager als flei-
ſchigt. Sein Anzug war ſimpel, und ſo lange
er nicht ſprach, ſchien er ganz zu der Claſſe von
gewoͤhnlichen Menſchen zu gehoͤren, nur ſein groſ-
ſes feuriges Auge kuͤndigte die raſtloſe Thaͤtigkeit
ſeines Geiſtes an. So bald er aber den Mund
oͤfnete, ſprach er mit Feuer und Energie, und
alle Zuͤge ſeines Geſichts wurden beſeelt. Er
beſaß jene Leichtigkeit im Umgange, die man nur

durch
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[XXI/0027] ſigkeiten in der Schreibart wird man freilich wohl hie und da bemerken, aber welche Reiſebeſchrei- bung iſt ie ganz davon frey geweſen? Oder kan es bey der Einſchraͤnkung des menſchlichen Gei- ſtes ſeyn? ubi plura — nitent, non ego pau- cis offendar maculis. — Alle dieſe Schriften, die Gedichte, die er bald einzeln drucken, bald in verſchiedene Mo- nathsſchriften einruͤcken laſſen, ungerechnet, ſchrieb Sander vor dem acht und zwanzigſten Jahre! Was wuͤrde er nicht noch geleiſtet haben, wenn ihm die Vorſehung ein laͤngeres Leben verliehen haͤtte! Hier iſt noch eine Schilderung ſeines Cha- rakters, wozu ich die Zuͤge aus einer oͤffentli- chen Schrift entlehne, die ich um deſto eher be- nutzen darf, da ſie meine eigene Arbeit iſt. Sander war von mittlerer Groͤße, braͤun- lich von Geſichtsfarbe, und mehr mager als flei- ſchigt. Sein Anzug war ſimpel, und ſo lange er nicht ſprach, ſchien er ganz zu der Claſſe von gewoͤhnlichen Menſchen zu gehoͤren, nur ſein groſ- ſes feuriges Auge kuͤndigte die raſtloſe Thaͤtigkeit ſeines Geiſtes an. So bald er aber den Mund oͤfnete, ſprach er mit Feuer und Energie, und alle Zuͤge ſeines Geſichts wurden beſeelt. Er beſaß jene Leichtigkeit im Umgange, die man nur durch b 3

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/27>, abgerufen am 19.04.2024.