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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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Schwager, der Amtsverwalter ist. Das eigentliche
Schlos ist alt, es sind aber noch 2. herrliche Pavillons
da und diese bewohnt der Hof. Im Garten hat der
Churfürst eine Partie im Englischen Geschmack mit gros-
sen Kosten anlegen lassen, und man will von den benach-
barten hohen Gebürgen das Wasser herableiten, und eine
Art von Kasselschen Winterkasten machen. Es fehlt
aber grade in der heissesten Jahrszeit an Wasser. Das
Schönste für mich war, daß hinten am Garten die Elbe
fließt, wo schöne Jatchen und Gondeln liegen. Im
Garten findet man allerlei Spiele. Auch ist darin ein
eigner kleiner Garten, mit dessen Wartung sich der Chur-
fürst selbst vergnügt. Er stand eben, gegen seinen Be-
fehl, offen.

Im Venustempel, einem schönen und grossen
Saal, in dem man viele Bildnisse vormaliger berühmter
Damen antrift, sahen wir den Hof zu Mittage speisen.
Es ward dazu Mufik im Nebenzimmer gemacht.

Die Zimmer des Churfürsten bekömmt Niemand zu
sehen. In den Zimmern der Churfürstin lagen die
Rhein Beitr. und Hist. univ. profane & sacree,
ein Rahmen, worin sie arbeitete. etc. Ein Klavier, ei-
ne Voliere von Kanarienvögeln war auch darin, und
darneben ein Hünerhaus, das sie erst jetzt mit vielen
Kosten bauen läst.

Man kan hier Schnallen von Pinschbeck zu Kauf be-
kommen, die ein Mann in Peterswalde in Böhmen,
ganz im Englischen Geschmack macht. Die Kaiserin
hats ihm dort lernen lassen. Die Meinigen kosten
mich 1. Thaler 18. Groschen. Er macht sie nach allen
möglichen Dessein, die man ihm schicken muß.

Abends

Schwager, der Amtsverwalter iſt. Das eigentliche
Schlos iſt alt, es ſind aber noch 2. herrliche Pavillons
da und dieſe bewohnt der Hof. Im Garten hat der
Churfuͤrſt eine Partie im Engliſchen Geſchmack mit groſ-
ſen Koſten anlegen laſſen, und man will von den benach-
barten hohen Gebuͤrgen das Waſſer herableiten, und eine
Art von Kaſſelſchen Winterkaſten machen. Es fehlt
aber grade in der heiſſeſten Jahrszeit an Waſſer. Das
Schoͤnſte fuͤr mich war, daß hinten am Garten die Elbe
fließt, wo ſchoͤne Jatchen und Gondeln liegen. Im
Garten findet man allerlei Spiele. Auch iſt darin ein
eigner kleiner Garten, mit deſſen Wartung ſich der Chur-
fuͤrſt ſelbſt vergnuͤgt. Er ſtand eben, gegen ſeinen Be-
fehl, offen.

Im Venustempel, einem ſchoͤnen und groſſen
Saal, in dem man viele Bildniſſe vormaliger beruͤhmter
Damen antrift, ſahen wir den Hof zu Mittage ſpeiſen.
Es ward dazu Mufik im Nebenzimmer gemacht.

Die Zimmer des Churfuͤrſten bekoͤmmt Niemand zu
ſehen. In den Zimmern der Churfuͤrſtin lagen die
Rhein Beitr. und Hiſt. univ. profane & ſacrée,
ein Rahmen, worin ſie arbeitete. ꝛc. Ein Klavier, ei-
ne Voliere von Kanarienvoͤgeln war auch darin, und
darneben ein Huͤnerhaus, das ſie erſt jetzt mit vielen
Koſten bauen laͤſt.

Man kan hier Schnallen von Pinſchbeck zu Kauf be-
kommen, die ein Mann in Peterswalde in Boͤhmen,
ganz im Engliſchen Geſchmack macht. Die Kaiſerin
hats ihm dort lernen laſſen. Die Meinigen koſten
mich 1. Thaler 18. Groſchen. Er macht ſie nach allen
moͤglichen Deſſein, die man ihm ſchicken muß.

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[175/0213] Schwager, der Amtsverwalter iſt. Das eigentliche Schlos iſt alt, es ſind aber noch 2. herrliche Pavillons da und dieſe bewohnt der Hof. Im Garten hat der Churfuͤrſt eine Partie im Engliſchen Geſchmack mit groſ- ſen Koſten anlegen laſſen, und man will von den benach- barten hohen Gebuͤrgen das Waſſer herableiten, und eine Art von Kaſſelſchen Winterkaſten machen. Es fehlt aber grade in der heiſſeſten Jahrszeit an Waſſer. Das Schoͤnſte fuͤr mich war, daß hinten am Garten die Elbe fließt, wo ſchoͤne Jatchen und Gondeln liegen. Im Garten findet man allerlei Spiele. Auch iſt darin ein eigner kleiner Garten, mit deſſen Wartung ſich der Chur- fuͤrſt ſelbſt vergnuͤgt. Er ſtand eben, gegen ſeinen Be- fehl, offen. Im Venustempel, einem ſchoͤnen und groſſen Saal, in dem man viele Bildniſſe vormaliger beruͤhmter Damen antrift, ſahen wir den Hof zu Mittage ſpeiſen. Es ward dazu Mufik im Nebenzimmer gemacht. Die Zimmer des Churfuͤrſten bekoͤmmt Niemand zu ſehen. In den Zimmern der Churfuͤrſtin lagen die Rhein Beitr. und Hiſt. univ. profane & ſacrée, ein Rahmen, worin ſie arbeitete. ꝛc. Ein Klavier, ei- ne Voliere von Kanarienvoͤgeln war auch darin, und darneben ein Huͤnerhaus, das ſie erſt jetzt mit vielen Koſten bauen laͤſt. Man kan hier Schnallen von Pinſchbeck zu Kauf be- kommen, die ein Mann in Peterswalde in Boͤhmen, ganz im Engliſchen Geſchmack macht. Die Kaiſerin hats ihm dort lernen laſſen. Die Meinigen koſten mich 1. Thaler 18. Groſchen. Er macht ſie nach allen moͤglichen Deſſein, die man ihm ſchicken muß. Abends

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/213>, abgerufen am 28.03.2024.