Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

würde haben geschehen können. Folglich schei-
nen die in seinen Schriften häufig vorkommen-
den Klagen über das Unangenehme seiner Situa-
tion, und über die undankbare Mühe des Schul-
standes ein wenig übertrieben zu seyn. Die Vor-
sicht wußte besser, was ihm und andern gut war.
Nicht nur die öftern Unterredungen mit gelehr-
ten Männern, sondern auch die Kollisionen mit
ihnen, gleichen den physikalischen Friktionen, die
den elektrischen Funken hervorlocken, und das
Feuer des Genies in Bewegung setzen, welches
bei einer ruhigen Lebensart zwischen Wald und
Sträuchen am schilfbekränzten Bach oft nur
glimmt und dann verlöscht. Ueberdies ward
ja das Unangenehme des Schulstandes durch die
vielen Reisen, wozu er die Erlaubnis seines
weisen und gnädigen Fürsten erhielt, gar sehr
versüßt. Im Anfange des Mays 1777. trat
er seine Reise nach Frankreich an, wurde
aber in Straßburg von einer schmerzhaften
Krankheit befallen, wo er, wie er in der Vorrede
zum Buch Hiob zum allgemeinen Gebrauch
sagt, die Kraft der Religion an seinem Herzen
sehr lebhaft erfuhr, und unter stillen Betrachtun-
gen über Welt und Menschenleben die frömmsten
Entschließungen sich tief in die Seele drückte.

Als

wuͤrde haben geſchehen koͤnnen. Folglich ſchei-
nen die in ſeinen Schriften haͤufig vorkommen-
den Klagen uͤber das Unangenehme ſeiner Situa-
tion, und uͤber die undankbare Muͤhe des Schul-
ſtandes ein wenig uͤbertrieben zu ſeyn. Die Vor-
ſicht wußte beſſer, was ihm und andern gut war.
Nicht nur die oͤftern Unterredungen mit gelehr-
ten Maͤnnern, ſondern auch die Kolliſionen mit
ihnen, gleichen den phyſikaliſchen Friktionen, die
den elektriſchen Funken hervorlocken, und das
Feuer des Genies in Bewegung ſetzen, welches
bei einer ruhigen Lebensart zwiſchen Wald und
Straͤuchen am ſchilfbekraͤnzten Bach oft nur
glimmt und dann verloͤſcht. Ueberdies ward
ja das Unangenehme des Schulſtandes durch die
vielen Reiſen, wozu er die Erlaubnis ſeines
weiſen und gnaͤdigen Fuͤrſten erhielt, gar ſehr
verſuͤßt. Im Anfange des Mays 1777. trat
er ſeine Reiſe nach Frankreich an, wurde
aber in Straßburg von einer ſchmerzhaften
Krankheit befallen, wo er, wie er in der Vorrede
zum Buch Hiob zum allgemeinen Gebrauch
ſagt, die Kraft der Religion an ſeinem Herzen
ſehr lebhaft erfuhr, und unter ſtillen Betrachtun-
gen uͤber Welt und Menſchenleben die froͤmmſten
Entſchließungen ſich tief in die Seele druͤckte.

Als
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="X"/>
wu&#x0364;rde haben ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nnen. Folglich &#x017F;chei-<lb/>
nen die in &#x017F;einen Schriften ha&#x0364;ufig vorkommen-<lb/>
den Klagen u&#x0364;ber das Unangenehme &#x017F;einer Situa-<lb/>
tion, und u&#x0364;ber die undankbare Mu&#x0364;he des Schul-<lb/>
&#x017F;tandes ein wenig u&#x0364;bertrieben zu &#x017F;eyn. Die Vor-<lb/>
&#x017F;icht wußte be&#x017F;&#x017F;er, was ihm und andern gut war.<lb/>
Nicht nur die o&#x0364;ftern Unterredungen mit gelehr-<lb/>
ten Ma&#x0364;nnern, &#x017F;ondern auch die Kolli&#x017F;ionen mit<lb/>
ihnen, gleichen den phy&#x017F;ikali&#x017F;chen Friktionen, die<lb/>
den elektri&#x017F;chen Funken hervorlocken, und das<lb/>
Feuer des Genies in Bewegung &#x017F;etzen, welches<lb/>
bei einer ruhigen Lebensart zwi&#x017F;chen Wald und<lb/>
Stra&#x0364;uchen am &#x017F;chilfbekra&#x0364;nzten Bach oft nur<lb/>
glimmt und dann verlo&#x0364;&#x017F;cht. Ueberdies ward<lb/>
ja das Unangenehme des Schul&#x017F;tandes durch die<lb/>
vielen Rei&#x017F;en, wozu er die Erlaubnis &#x017F;eines<lb/>
wei&#x017F;en und gna&#x0364;digen Fu&#x0364;r&#x017F;ten erhielt, gar &#x017F;ehr<lb/>
ver&#x017F;u&#x0364;ßt. Im Anfange des Mays 1777. trat<lb/>
er &#x017F;eine Rei&#x017F;e nach <hi rendition="#fr">Frankreich</hi> an, wurde<lb/>
aber in <hi rendition="#fr">Straßburg</hi> von einer &#x017F;chmerzhaften<lb/>
Krankheit befallen, wo er, wie er in der Vorrede<lb/>
zum <hi rendition="#fr">Buch Hiob zum allgemeinen Gebrauch</hi><lb/>
&#x017F;agt, die Kraft der Religion an &#x017F;einem Herzen<lb/>
&#x017F;ehr lebhaft erfuhr, und unter &#x017F;tillen Betrachtun-<lb/>
gen u&#x0364;ber Welt und Men&#x017F;chenleben die fro&#x0364;mm&#x017F;ten<lb/>
Ent&#x017F;chließungen &#x017F;ich tief in die Seele dru&#x0364;ckte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Als</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[X/0016] wuͤrde haben geſchehen koͤnnen. Folglich ſchei- nen die in ſeinen Schriften haͤufig vorkommen- den Klagen uͤber das Unangenehme ſeiner Situa- tion, und uͤber die undankbare Muͤhe des Schul- ſtandes ein wenig uͤbertrieben zu ſeyn. Die Vor- ſicht wußte beſſer, was ihm und andern gut war. Nicht nur die oͤftern Unterredungen mit gelehr- ten Maͤnnern, ſondern auch die Kolliſionen mit ihnen, gleichen den phyſikaliſchen Friktionen, die den elektriſchen Funken hervorlocken, und das Feuer des Genies in Bewegung ſetzen, welches bei einer ruhigen Lebensart zwiſchen Wald und Straͤuchen am ſchilfbekraͤnzten Bach oft nur glimmt und dann verloͤſcht. Ueberdies ward ja das Unangenehme des Schulſtandes durch die vielen Reiſen, wozu er die Erlaubnis ſeines weiſen und gnaͤdigen Fuͤrſten erhielt, gar ſehr verſuͤßt. Im Anfange des Mays 1777. trat er ſeine Reiſe nach Frankreich an, wurde aber in Straßburg von einer ſchmerzhaften Krankheit befallen, wo er, wie er in der Vorrede zum Buch Hiob zum allgemeinen Gebrauch ſagt, die Kraft der Religion an ſeinem Herzen ſehr lebhaft erfuhr, und unter ſtillen Betrachtun- gen uͤber Welt und Menſchenleben die froͤmmſten Entſchließungen ſich tief in die Seele druͤckte. Als

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/16
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. X. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/16>, abgerufen am 28.03.2024.