Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

det, in dem sie von dieser Art von Aus-
schweifung entweder gar nichts wissen, oder
sie für unschuldig und unschaedlich halten;
theils um der Verirrten selbst willen, die
durch Vorlesung solcher Zeugnisse am besten
erschüttert und gebessert werden können.

I.

Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah-
re zu spaet! Tissot, von der Onanie in die Haen-
de. Ich las, und ward als vom Schlage ge-
ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und
Schrecken und Entsetzen erfaulleten meine
ganze Seele. Ich war damals schon ganz ent-
kraeftet und abgezehrt; und jedermann sagte:
der hat die Schwindsucht im höchsten Grade.
Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der
wahren Ursache meiner Auszehrung gekom-
men: nun erfuhr ich mit Entsetzen die Ur-
sache derselben. O, dachte ich, was sind das
faur abscheuliche Eltern, Lehrer und Freunde,
die dich nicht vor diesem Laster warnten und
dir das unabsehbare Elend, in das es staurzt,
vor Augen mahlten, oder dir dies Tissotsche
Buch in die Haende gaben! Oder vielmehr,
was für eine unaussprechlich schaedliche Un-
wissenheit herrscht noch in Absicht auf dieses

Laster

det, in dem ſie von dieſer Art von Aus-
ſchweifung entweder gar nichts wiſſen, oder
ſie für unſchuldig und unſchædlich halten;
theils um der Verirrten ſelbſt willen, die
durch Vorleſung ſolcher Zeugniſſe am beſten
erſchüttert und gebeſſert werden können.

I.

Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah-
re zu ſpæt! Tiſſot, von der Onanie in die Hæn-
de. Ich las, und ward als vom Schlage ge-
ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und
Schrecken und Entſetzen erfûlleten meine
ganze Seele. Ich war damals ſchon ganz ent-
kræftet und abgezehrt; und jedermann ſagte:
der hat die Schwindſucht im höchſten Grade.
Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der
wahren Urſache meiner Auszehrung gekom-
men: nun erfuhr ich mit Entſetzen die Ur-
ſache derſelben. O, dachte ich, was ſind das
fûr abſcheuliche Eltern, Lehrer und Freunde,
die dich nicht vor dieſem Laſter warnten und
dir das unabſehbare Elend, in das es ſtûrzt,
vor Augen mahlten, oder dir dies Tiſſotſche
Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr,
was für eine unausſprechlich ſchædliche Un-
wiſſenheit herrſcht noch in Abſicht auf dieſes

Laſter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0087" n="77"/>
det, in dem &#x017F;ie von die&#x017F;er Art von Aus-<lb/>
&#x017F;chweifung entweder gar nichts wi&#x017F;&#x017F;en, oder<lb/>
&#x017F;ie für un&#x017F;chuldig und un&#x017F;chædlich halten;<lb/>
theils um der Verirrten &#x017F;elb&#x017F;t willen, die<lb/>
durch Vorle&#x017F;ung &#x017F;olcher Zeugni&#x017F;&#x017F;e am be&#x017F;ten<lb/>
er&#x017F;chüttert und gebe&#x017F;&#x017F;ert werden können.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>I.</head><lb/>
            <p>Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah-<lb/>
re zu &#x017F;pæt! <hi rendition="#i">Ti&#x017F;&#x017F;ot, von der Onanie</hi> in die Hæn-<lb/>
de. Ich las, und ward als vom Schlage ge-<lb/>
ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und<lb/>
Schrecken und Ent&#x017F;etzen erfûlleten meine<lb/>
ganze Seele. Ich war damals &#x017F;chon ganz ent-<lb/>
kræftet und abgezehrt; und jedermann &#x017F;agte:<lb/>
der hat die Schwind&#x017F;ucht im höch&#x017F;ten Grade.<lb/>
Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der<lb/>
wahren Ur&#x017F;ache meiner Auszehrung gekom-<lb/>
men: nun erfuhr ich mit Ent&#x017F;etzen die Ur-<lb/>
&#x017F;ache der&#x017F;elben. O, dachte ich, was &#x017F;ind das<lb/>
fûr ab&#x017F;cheuliche Eltern, Lehrer und Freunde,<lb/>
die dich nicht vor die&#x017F;em La&#x017F;ter warnten und<lb/>
dir das unab&#x017F;ehbare Elend, in das es &#x017F;tûrzt,<lb/>
vor Augen mahlten, oder dir dies Ti&#x017F;&#x017F;ot&#x017F;che<lb/>
Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr,<lb/>
was für eine unaus&#x017F;prechlich &#x017F;chædliche Un-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;enheit herr&#x017F;cht noch in Ab&#x017F;icht auf die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">La&#x017F;ter</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0087] det, in dem ſie von dieſer Art von Aus- ſchweifung entweder gar nichts wiſſen, oder ſie für unſchuldig und unſchædlich halten; theils um der Verirrten ſelbſt willen, die durch Vorleſung ſolcher Zeugniſſe am beſten erſchüttert und gebeſſert werden können. I. Endlich fiel mir, nur aber um zehen Jah- re zu ſpæt! Tiſſot, von der Onanie in die Hæn- de. Ich las, und ward als vom Schlage ge- ruhrt. Nun giengen mir die Augen auf, und Schrecken und Entſetzen erfûlleten meine ganze Seele. Ich war damals ſchon ganz ent- kræftet und abgezehrt; und jedermann ſagte: der hat die Schwindſucht im höchſten Grade. Dennoch war ich nie auf die Vermuthung der wahren Urſache meiner Auszehrung gekom- men: nun erfuhr ich mit Entſetzen die Ur- ſache derſelben. O, dachte ich, was ſind das fûr abſcheuliche Eltern, Lehrer und Freunde, die dich nicht vor dieſem Laſter warnten und dir das unabſehbare Elend, in das es ſtûrzt, vor Augen mahlten, oder dir dies Tiſſotſche Buch in die Hænde gaben! Oder vielmehr, was für eine unausſprechlich ſchædliche Un- wiſſenheit herrſcht noch in Abſicht auf dieſes Laſter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/87
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/87>, abgerufen am 19.04.2024.