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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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angefochten. Allein kaum war ich einige
Tage bey Dir, so fand ich, als Du eben im
Collegio warest, unter deinen übrigen Büchern,
Tissots Onanie. Weil ich nun niemals das
Wort Onanie hatte nennen hören, so blaetter-
te ich in dem Buche hin und her, und zu mei-
nem Unglücke fand ich, dass Onanie das sey,
was ich seit einigen Jahren taeglich getrieben
hatte. Ich las die schrecklichen Beyspiele die
sie angerichtet hatte, und seit dieser Zeit bin
ich immer traurig. Schaam und Reue lassen
mir nun nirgends Ruhe, lassen mir keine Freu-
de des Lebens mehr geniessen. Ich vergehe
wie ein Schatten, zehre alle Tage mehr ab,
weine und darf Niemanden mein Leiden kla-
gen. Denn, Bruder, ehe ich dies Buch las,
wusste ich nicht, dass es was Böses sey, und
dass es so üble Folgen nach sich ziehe, Ganz
insgeheim trieb ich dies Laster, niemand hat
mir was davon entdeckt oder gelernt, und
niemals habe ich auch Jemanden etwas davon
gesagt. Kurz mich allein muss ich anklagen.
Nunmehro weis ich wohl, was an dem Un-
glücke schuld ist, nemlich mein verdammt
lange Liegen im Bette, und dann mein vieler
Umgang mit Frauenzimmern. Im Sommer
wachte ich mehrentheils um 4 Uhr auf, und

weil

angefochten. Allein kaum war ich einige
Tage bey Dir, ſo fand ich, als Du eben im
Collegio wareſt, unter deinen übrigen Büchern,
Tiſſots Onanie. Weil ich nun niemals das
Wort Onanie hatte nennen hören, ſo blætter-
te ich in dem Buche hin und her, und zu mei-
nem Unglücke fand ich, daſs Onanie das ſey,
was ich ſeit einigen Jahren tæglich getrieben
hatte. Ich las die ſchrecklichen Beyſpiele die
ſie angerichtet hatte, und ſeit dieſer Zeit bin
ich immer traurig. Schaam und Reue laſſen
mir nun nirgends Ruhe, laſſen mir keine Freu-
de des Lebens mehr genieſſen. Ich vergehe
wie ein Schatten, zehre alle Tage mehr ab,
weine und darf Niemanden mein Leiden kla-
gen. Denn, Bruder, ehe ich dies Buch las,
wuſste ich nicht, daſs es was Böſes ſey, und
daſs es ſo üble Folgen nach ſich ziehe, Ganz
insgeheim trieb ich dies Laſter, niemand hat
mir was davon entdeckt oder gelernt, und
niemals habe ich auch Jemanden etwas davon
geſagt. Kurz mich allein muſs ich anklagen.
Nunmehro weis ich wohl, was an dem Un-
glücke ſchuld iſt, nemlich mein verdammt
lange Liegen im Bette, und dann mein vieler
Umgang mit Frauenzimmern. Im Sommer
wachte ich mehrentheils um 4 Uhr auf, und

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[74/0084] angefochten. Allein kaum war ich einige Tage bey Dir, ſo fand ich, als Du eben im Collegio wareſt, unter deinen übrigen Büchern, Tiſſots Onanie. Weil ich nun niemals das Wort Onanie hatte nennen hören, ſo blætter- te ich in dem Buche hin und her, und zu mei- nem Unglücke fand ich, daſs Onanie das ſey, was ich ſeit einigen Jahren tæglich getrieben hatte. Ich las die ſchrecklichen Beyſpiele die ſie angerichtet hatte, und ſeit dieſer Zeit bin ich immer traurig. Schaam und Reue laſſen mir nun nirgends Ruhe, laſſen mir keine Freu- de des Lebens mehr genieſſen. Ich vergehe wie ein Schatten, zehre alle Tage mehr ab, weine und darf Niemanden mein Leiden kla- gen. Denn, Bruder, ehe ich dies Buch las, wuſste ich nicht, daſs es was Böſes ſey, und daſs es ſo üble Folgen nach ſich ziehe, Ganz insgeheim trieb ich dies Laſter, niemand hat mir was davon entdeckt oder gelernt, und niemals habe ich auch Jemanden etwas davon geſagt. Kurz mich allein muſs ich anklagen. Nunmehro weis ich wohl, was an dem Un- glücke ſchuld iſt, nemlich mein verdammt lange Liegen im Bette, und dann mein vieler Umgang mit Frauenzimmern. Im Sommer wachte ich mehrentheils um 4 Uhr auf, und weil

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/84>, abgerufen am 20.04.2024.