Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Nerve und der ganze Mensch dabey leiden.
Denn wenn die Natur ein bestimmtes Maas
von Nahrung nur zu verarbeiten hat, und
genöthigt wird, diess fast alles einem Theile
zuzuführen, müssen dabey nicht schlechter-
dings die übrigen leiden?

Wenn ferner die Natur sich des Ueber-
flusses gewisser Saefte auf dem natürlichen
Wege entledigt, so sind alle Muskeln des
Körpers in Thaetigkeit: geschieht diess aber
auf eine unnat[ü]rliche Art, so verhaelt sich
der Körper fast ganz leidend, nimmt also
nothwendig nach und nach die Gewohnheit
an, sich gewisser Saefte ohne alle Anstrengung
zu entledigen. Daher kommen denn die
erbarmungswürdigen Klagen über die haeu-
figen unwillkührlichen Entgehungen -- der
besten Saefte.

Diess muss nothwendig für die Seele
die traurigsten Wirkungen haben. Es muss
daraus ein gewisses Unvermögen zum Den-

ken

Nerve und der ganze Menſch dabey leiden.
Denn wenn die Natur ein beſtimmtes Maas
von Nahrung nur zu verarbeiten hat, und
genöthigt wird, dieſs faſt alles einem Theile
zuzuführen, müſſen dabey nicht ſchlechter-
dings die übrigen leiden?

Wenn ferner die Natur ſich des Ueber-
fluſſes gewiſſer Sæfte auf dem natürlichen
Wege entledigt, ſo ſind alle Muskeln des
Körpers in Thætigkeit: geſchieht dieſs aber
auf eine unnat[ü]rliche Art, ſo verhælt ſich
der Körper faſt ganz leidend, nimmt alſo
nothwendig nach und nach die Gewohnheit
an, ſich gewiſſer Sæfte ohne alle Anſtrengung
zu entledigen. Daher kommen denn die
erbarmungswürdigen Klagen über die hæu-
figen unwillkührlichen Entgehungen — der
beſten Sæfte.

Dieſs muſs nothwendig für die Seele
die traurigſten Wirkungen haben. Es muſs
daraus ein gewiſſes Unvermögen zum Den-

ken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0057" n="47"/>
Nerve und der ganze Men&#x017F;ch dabey leiden.<lb/>
Denn wenn die Natur ein be&#x017F;timmtes Maas<lb/>
von Nahrung nur zu verarbeiten hat, und<lb/>
genöthigt wird, die&#x017F;s fa&#x017F;t alles einem Theile<lb/>
zuzuführen, mü&#x017F;&#x017F;en dabey nicht &#x017F;chlechter-<lb/>
dings die übrigen leiden?</p><lb/>
            <p>Wenn ferner die Natur &#x017F;ich des Ueber-<lb/>
flu&#x017F;&#x017F;es gewi&#x017F;&#x017F;er Sæfte auf dem natürlichen<lb/>
Wege entledigt, &#x017F;o &#x017F;ind alle Muskeln des<lb/>
Körpers in Thætigkeit: ge&#x017F;chieht die&#x017F;s aber<lb/>
auf eine unnat<supplied>ü</supplied>rliche Art, &#x017F;o verhælt &#x017F;ich<lb/>
der Körper fa&#x017F;t ganz leidend, nimmt al&#x017F;o<lb/>
nothwendig nach und nach die Gewohnheit<lb/>
an, &#x017F;ich gewi&#x017F;&#x017F;er Sæfte ohne alle An&#x017F;trengung<lb/>
zu entledigen. Daher kommen denn die<lb/>
erbarmungswürdigen Klagen über die hæu-<lb/>
figen unwillkührlichen Entgehungen &#x2014; der<lb/>
be&#x017F;ten Sæfte.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;s mu&#x017F;s nothwendig für die Seele<lb/>
die traurig&#x017F;ten Wirkungen haben. Es mu&#x017F;s<lb/>
daraus ein gewi&#x017F;&#x017F;es Unvermögen zum Den-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ken</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0057] Nerve und der ganze Menſch dabey leiden. Denn wenn die Natur ein beſtimmtes Maas von Nahrung nur zu verarbeiten hat, und genöthigt wird, dieſs faſt alles einem Theile zuzuführen, müſſen dabey nicht ſchlechter- dings die übrigen leiden? Wenn ferner die Natur ſich des Ueber- fluſſes gewiſſer Sæfte auf dem natürlichen Wege entledigt, ſo ſind alle Muskeln des Körpers in Thætigkeit: geſchieht dieſs aber auf eine unnatürliche Art, ſo verhælt ſich der Körper faſt ganz leidend, nimmt alſo nothwendig nach und nach die Gewohnheit an, ſich gewiſſer Sæfte ohne alle Anſtrengung zu entledigen. Daher kommen denn die erbarmungswürdigen Klagen über die hæu- figen unwillkührlichen Entgehungen — der beſten Sæfte. Dieſs muſs nothwendig für die Seele die traurigſten Wirkungen haben. Es muſs daraus ein gewiſſes Unvermögen zum Den- ken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/57
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/57>, abgerufen am 24.04.2024.