Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Lehrer, kein Freund ermahnt und warnt ihn
mehr, lebt unter einem leichtsinnigen rohen
Haufen, deren Grundsaetze sich gegen die ge-
sunde Vernunft empören, wo die meisten ihre
Ehre in nicht Folgen, nicht Gutes thun, su-
chen, wo den grösten Tollheiten, den nieder-
traechtigsten Possenreissern Beyfall zuge-
klatscht wird, wo der Tugendhafte immer an-
geklagt und mit Faeusten geschlagen wird: so
muss ich mich bey dem allen noch wundern,
dass es doch noch gute Menschen giebt. Es
muss doch wohl ein grosser Ke[i]m zum Guten
in dem Menschen liegen. Doch wo gerathe
ich hin, bald wird der Handwerker ihnen was
vor philosophieren wollen. Verzeihen sie
mir diese Ausschweifung, kann ich ihnen
gleich nichts angenehmes, nichts lesenswer-
thes schreiben, so kommt es doch aus einem
Herzen, das Sie so hoch schaetzt.


Lehrer, kein Freund ermahnt und warnt ihn
mehr, lebt unter einem leichtſinnigen rohen
Haufen, deren Grundſætze ſich gegen die ge-
ſunde Vernunft empören, wo die meiſten ihre
Ehre in nicht Folgen, nicht Gutes thun, ſu-
chen, wo den gröſten Tollheiten, den nieder-
træchtigſten Poſſenreiſsern Beyfall zuge-
klatſcht wird, wo der Tugendhafte immer an-
geklagt und mit Fæuſten geſchlagen wird: ſo
muſs ich mich bey dem allen noch wundern,
daſs es doch noch gute Menſchen giebt. Es
muſs doch wohl ein groſser Ke[i]m zum Guten
in dem Menſchen liegen. Doch wo gerathe
ich hin, bald wird der Handwerker ihnen was
vor philoſophieren wollen. Verzeihen ſie
mir dieſe Ausſchweifung, kann ich ihnen
gleich nichts angenehmes, nichts leſenswer-
thes ſchreiben, ſo kommt es doch aus einem
Herzen, das Sie ſo hoch ſchætzt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="342"/>
Lehrer, kein Freund ermahnt und warnt ihn<lb/>
mehr, lebt unter einem leicht&#x017F;innigen rohen<lb/>
Haufen, deren Grund&#x017F;ætze &#x017F;ich gegen die ge-<lb/>
&#x017F;unde Vernunft empören, wo die mei&#x017F;ten ihre<lb/>
Ehre in nicht Folgen, nicht Gutes thun, &#x017F;u-<lb/>
chen, wo den grö&#x017F;ten Tollheiten, den nieder-<lb/>
træchtig&#x017F;ten Po&#x017F;&#x017F;enrei&#x017F;sern Beyfall zuge-<lb/>
klat&#x017F;cht wird, wo der Tugendhafte immer an-<lb/>
geklagt und mit Fæu&#x017F;ten ge&#x017F;chlagen wird: &#x017F;o<lb/>
mu&#x017F;s ich mich bey dem allen noch wundern,<lb/>
da&#x017F;s es doch noch gute Men&#x017F;chen giebt. Es<lb/>
mu&#x017F;s doch wohl ein gro&#x017F;ser Ke<supplied>i</supplied>m zum Guten<lb/>
in dem Men&#x017F;chen liegen. Doch wo gerathe<lb/>
ich hin, bald wird der Handwerker ihnen was<lb/>
vor philo&#x017F;ophieren wollen. Verzeihen &#x017F;ie<lb/>
mir die&#x017F;e Aus&#x017F;chweifung, kann ich ihnen<lb/>
gleich nichts angenehmes, nichts le&#x017F;enswer-<lb/>
thes &#x017F;chreiben, &#x017F;o kommt es doch aus einem<lb/>
Herzen, das Sie &#x017F;o hoch &#x017F;chætzt.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0352] Lehrer, kein Freund ermahnt und warnt ihn mehr, lebt unter einem leichtſinnigen rohen Haufen, deren Grundſætze ſich gegen die ge- ſunde Vernunft empören, wo die meiſten ihre Ehre in nicht Folgen, nicht Gutes thun, ſu- chen, wo den gröſten Tollheiten, den nieder- træchtigſten Poſſenreiſsern Beyfall zuge- klatſcht wird, wo der Tugendhafte immer an- geklagt und mit Fæuſten geſchlagen wird: ſo muſs ich mich bey dem allen noch wundern, daſs es doch noch gute Menſchen giebt. Es muſs doch wohl ein groſser Keim zum Guten in dem Menſchen liegen. Doch wo gerathe ich hin, bald wird der Handwerker ihnen was vor philoſophieren wollen. Verzeihen ſie mir dieſe Ausſchweifung, kann ich ihnen gleich nichts angenehmes, nichts leſenswer- thes ſchreiben, ſo kommt es doch aus einem Herzen, das Sie ſo hoch ſchætzt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/352
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/352>, abgerufen am 25.04.2024.