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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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verstrichen, so aeusserte er seine Gottlosigkeit
das erstemal dadurch an mir, dass er mich ohn-
versehens des Nachts im Bett betastete. Eine
unnatürlich widrige Neigung dagegen aber
bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen
alle seine Zureden ihn davon abzuhalten.
Dadurch zog ich mir seinen völligen Hass zu,
den er bey allen Gelegenheiten gegen mich
bewiess, und der mir um so empfindlicher
wurde, da ich noch ein Neuling war, und in
vielen Dingen seine Anweisung bedurfte.
Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch
Singen, auch einiges Geld, zur Anschaffung
kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da-
hin, mich wieder um seine Freundschaft zu
bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er
lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine
Gefaelligkeiten; dagegen durfte ich es dem
Bösewicht nicht wehren, wenn er des Nachts
mit mir seinen Muthwillen trieb, wo er es
denn bald durch den unnatürlichsten Kützel,
den er mir verursachte, so weit brachte, dass
ich das schaendlichste Verbrechen begieng, von
dem ich noch nichts wusste: denn ich war
ein unschuldiger Knabe von 11 Jahren, noch
ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar-
keit, und er -- um 5 Jahr aelter als ich. Ich

erschrak

verſtrichen, ſo æuſſerte er ſeine Gottloſigkeit
das erſtemal dadurch an mir, daſs er mich ohn-
verſehens des Nachts im Bett betaſtete. Eine
unnatürlich widrige Neigung dagegen aber
bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen
alle ſeine Zureden ihn davon abzuhalten.
Dadurch zog ich mir ſeinen völligen Haſs zu,
den er bey allen Gelegenheiten gegen mich
bewieſs, und der mir um ſo empfindlicher
wurde, da ich noch ein Neuling war, und in
vielen Dingen ſeine Anweiſung bedurfte.
Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch
Singen, auch einiges Geld, zur Anſchaffung
kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da-
hin, mich wieder um ſeine Freundſchaft zu
bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er
lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine
Gefælligkeiten; dagegen durfte ich es dem
Böſewicht nicht wehren, wenn er des Nachts
mit mir ſeinen Muthwillen trieb, wo er es
denn bald durch den unnatürlichſten Kützel,
den er mir verurſachte, ſo weit brachte, daſs
ich das ſchændlichſte Verbrechen begieng, von
dem ich noch nichts wuſste: denn ich war
ein unſchuldiger Knabe von 11 Jahren, noch
ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar-
keit, und er — um 5 Jahr ælter als ich. Ich

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[200/0210] verſtrichen, ſo æuſſerte er ſeine Gottloſigkeit das erſtemal dadurch an mir, daſs er mich ohn- verſehens des Nachts im Bett betaſtete. Eine unnatürlich widrige Neigung dagegen aber bewegte mich, ihm abzuwehren, und gegen alle ſeine Zureden ihn davon abzuhalten. Dadurch zog ich mir ſeinen völligen Haſs zu, den er bey allen Gelegenheiten gegen mich bewieſs, und der mir um ſo empfindlicher wurde, da ich noch ein Neuling war, und in vielen Dingen ſeine Anweiſung bedurfte. Vorzüglich brachte mich die Begierde, durch Singen, auch einiges Geld, zur Anſchaffung kleiner Nothwendigkeiten, zu verdienen, da- hin, mich wieder um ſeine Freundſchaft zu bewerben, die ich auch wieder erlangte. Er lehrte mich Lieder, und that mir andre kleine Gefælligkeiten; dagegen durfte ich es dem Böſewicht nicht wehren, wenn er des Nachts mit mir ſeinen Muthwillen trieb, wo er es denn bald durch den unnatürlichſten Kützel, den er mir verurſachte, ſo weit brachte, daſs ich das ſchændlichſte Verbrechen begieng, von dem ich noch nichts wuſste: denn ich war ein unſchuldiger Knabe von 11 Jahren, noch ohne alle Zeichen und Gefühl der Mannbar- keit, und er — um 5 Jahr ælter als ich. Ich erſchrak

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/210>, abgerufen am 29.03.2024.