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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Schamhaftigkeit deutlicher zu sagen nicht zu-
laesst. Wir schökerten auf die unzüchtigste
Art mit einander, bis wir das Laster endlich
vollbrachten. Der Gedanke, dass es straf bar
sey, entstand zwar öfters in uns, allein die
schon zu grosse Begierde erstickte ihn. Doch
unterblieb es manchmal, wenn wir ernstliche
Betrachtungen anstellten, eine Zeit lang, allein
der alte Funke entzündete sich bald wieder.

II.

Ich hatte das Glauck, das erste halbe Jahr
in gute Haende zu fallen. Den einen Stuben-
kameraden behielt ich auf mein Bitten auch
das zweyte halbe Jahr, aber den zweyten
verlohr ich zu meinem Unglücke, und seine
Stelle wurde durch einen jungen Menschen er-
setzt, der, wie ich nachher gehört habe, diese
Art von Bosheit bis auf den höchsten Gipfel
getrieben hat. Ich liebte ihn, weil er mich,
da ich doch sein Untergebner war, glimpflich
behandelte, und diess wurde ein Fallstrick
für mich. Ein anderer junger Mensch, wel-
cher mit uns auf eben dieser Stube wohnte,
hatte sich in eine, auf andere Art aus-

schwei-
Von heimlichen Sünden. (N)

Schamhaftigkeit deutlicher zu ſagen nicht zu-
læſst. Wir ſchökerten auf die unzüchtigſte
Art mit einander, bis wir das Laſter endlich
vollbrachten. Der Gedanke, daſs es ſtraf bar
ſey, entſtand zwar öfters in uns, allein die
ſchon zu groſse Begierde erſtickte ihn. Doch
unterblieb es manchmal, wenn wir ernſtliche
Betrachtungen anſtellten, eine Zeit lang, allein
der alte Funke entzündete ſich bald wieder.

II.

Ich hatte das Glûck, das erſte halbe Jahr
in gute Hænde zu fallen. Den einen Stuben-
kameraden behielt ich auf mein Bitten auch
das zweyte halbe Jahr, aber den zweyten
verlohr ich zu meinem Unglücke, und ſeine
Stelle wurde durch einen jungen Menſchen er-
ſetzt, der, wie ich nachher gehört habe, dieſe
Art von Bosheit bis auf den höchſten Gipfel
getrieben hat. Ich liebte ihn, weil er mich,
da ich doch ſein Untergebner war, glimpflich
behandelte, und dieſs wurde ein Fallſtrick
für mich. Ein anderer junger Menſch, wel-
cher mit uns auf eben dieſer Stube wohnte,
hatte ſich in eine, auf andere Art aus-

ſchwei-
Von heimlichen Sünden. (N)
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[193/0203] Schamhaftigkeit deutlicher zu ſagen nicht zu- læſst. Wir ſchökerten auf die unzüchtigſte Art mit einander, bis wir das Laſter endlich vollbrachten. Der Gedanke, daſs es ſtraf bar ſey, entſtand zwar öfters in uns, allein die ſchon zu groſse Begierde erſtickte ihn. Doch unterblieb es manchmal, wenn wir ernſtliche Betrachtungen anſtellten, eine Zeit lang, allein der alte Funke entzündete ſich bald wieder. II. Ich hatte das Glûck, das erſte halbe Jahr in gute Hænde zu fallen. Den einen Stuben- kameraden behielt ich auf mein Bitten auch das zweyte halbe Jahr, aber den zweyten verlohr ich zu meinem Unglücke, und ſeine Stelle wurde durch einen jungen Menſchen er- ſetzt, der, wie ich nachher gehört habe, dieſe Art von Bosheit bis auf den höchſten Gipfel getrieben hat. Ich liebte ihn, weil er mich, da ich doch ſein Untergebner war, glimpflich behandelte, und dieſs wurde ein Fallſtrick für mich. Ein anderer junger Menſch, wel- cher mit uns auf eben dieſer Stube wohnte, hatte ſich in eine, auf andere Art aus- ſchwei- Von heimlichen Sünden. (N)

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/203>, abgerufen am 25.04.2024.