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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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hier zurück halten könnte. O Gott, Blut
möchte ich weinen, wenn es möglich waere,
diesen Schandfleck meines Lebens damit ab-
zuwaschen! Könnte ich doch jedem Jaunglin-
ge, der vielleicht in die aehnliche Gefahr ge-
rathen wird, seine Unschuld zu verlieren, den
Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen
stellen! gewiss er wurde durch den Anblick
derselben standhaft gemacht werden, diesen
Verführungen muthig zu widerstehen. Wae-
re ich damals so glücklich gewesen, irgend
eine vaeterliche Warnung, oder auch nur eine
Belehrung von der Haesslichkeit und Schaed-
lichkeit dieses Lasters, zu erhalten, o nie wae-
re ich in diesen Abgrund von Elend versun-
ken. Meine Verführer aber -- doch weg
mit Verwünschungen. Ach die Unglückli-
chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weise,
verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz
gewiss weiss, weil sie es mir hernach mit
den grössten Betheurungen erzehlten, dass sie
einmal, durch eine zufaellige Stellung beym
Sitzen, von selbst auf diese unglauckliche Er-
findung gekommen waeren. Ich hatte also
nunmehro schon eine unselige Bekanntschaft
mit diesem Laster errichtet, und die traurige
Folge davon war eine noch verschiedenemal

wie-
(M 3)

hier zurück halten könnte. O Gott, Blut
möchte ich weinen, wenn es möglich wære,
dieſen Schandfleck meines Lebens damit ab-
zuwaſchen! Könnte ich doch jedem Jûnglin-
ge, der vielleicht in die æhnliche Gefahr ge-
rathen wird, ſeine Unſchuld zu verlieren, den
Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen
ſtellen! gewiſs er wurde durch den Anblick
derſelben ſtandhaft gemacht werden, dieſen
Verführungen muthig zu widerſtehen. Wæ-
re ich damals ſo glücklich geweſen, irgend
eine væterliche Warnung, oder auch nur eine
Belehrung von der Hæſslichkeit und Schæd-
lichkeit dieſes Laſters, zu erhalten, o nie wæ-
re ich in dieſen Abgrund von Elend verſun-
ken. Meine Verführer aber — doch weg
mit Verwünſchungen. Ach die Unglückli-
chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weiſe,
verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz
gewiſs weiſs, weil ſie es mir hernach mit
den gröſsten Betheurungen erzehlten, daſs ſie
einmal, durch eine zufællige Stellung beym
Sitzen, von ſelbſt auf dieſe unglûckliche Er-
findung gekommen wæren. Ich hatte alſo
nunmehro ſchon eine unſelige Bekanntſchaft
mit dieſem Laſter errichtet, und die traurige
Folge davon war eine noch verſchiedenemal

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[181/0191] hier zurück halten könnte. O Gott, Blut möchte ich weinen, wenn es möglich wære, dieſen Schandfleck meines Lebens damit ab- zuwaſchen! Könnte ich doch jedem Jûnglin- ge, der vielleicht in die æhnliche Gefahr ge- rathen wird, ſeine Unſchuld zu verlieren, den Schmerz meiner Reue lebhaft gnug vor Augen ſtellen! gewiſs er wurde durch den Anblick derſelben ſtandhaft gemacht werden, dieſen Verführungen muthig zu widerſtehen. Wæ- re ich damals ſo glücklich geweſen, irgend eine væterliche Warnung, oder auch nur eine Belehrung von der Hæſslichkeit und Schæd- lichkeit dieſes Laſters, zu erhalten, o nie wæ- re ich in dieſen Abgrund von Elend verſun- ken. Meine Verführer aber — doch weg mit Verwünſchungen. Ach die Unglückli- chen waren auch, vielleicht auf gleiche Weiſe, verführt, wiewohl ichs von zweyen ganz gewiſs weiſs, weil ſie es mir hernach mit den gröſsten Betheurungen erzehlten, daſs ſie einmal, durch eine zufællige Stellung beym Sitzen, von ſelbſt auf dieſe unglûckliche Er- findung gekommen wæren. Ich hatte alſo nunmehro ſchon eine unſelige Bekanntſchaft mit dieſem Laſter errichtet, und die traurige Folge davon war eine noch verſchiedenemal wie- (M 3)

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/191>, abgerufen am 29.03.2024.