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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Stunde oder noch laenger auf einer Bank siz-
zen mussten: so wurde nicht herum gesprun-
gen, sondern geschwatzt; andere schlugen die
Bibel auf, und nun wurde darin geforscht, und
man fand im Moses einige Erlaeuterungen.
Die Begierde wurde wach, und man fiel des
Morgens, weil sie wachend im Bette bleiben
durften, auf die Sünde.

Vorhin sagte ich von den Kindern der
Landleute, dass sie oft durch die Schamlo-
sigkeit der Eltern verderbt würden. Diess
gilt aber noch weit mehr von den Kindern
der Staedtebewohner. In Haeusern, wo
zweydeutiger, unzüchtiger, Scherz zum bon
ton gehört, wo das schamlose Liebkosen des
Frauenzimmers als ein Stück der feinen Le-
bensart angesehen wird, darf man sich nicht
wundern, wenn die Kinder sich nach den
Erwachsnen bilden; daher kann man es im-
mer als erwiesen voraus setzen, dass Kinder,
die in solchen Haeusern aufwuchsen, ange-
steckt sind. Wenn aber auch diess nicht ist,
so kann das unvorsichtige Liebkosen der El-

tern

Stunde oder noch længer auf einer Bank ſiz-
zen muſsten: ſo wurde nicht herum geſprun-
gen, ſondern geſchwatzt; andere ſchlugen die
Bibel auf, und nun wurde darin geforſcht, und
man fand im Moſes einige Erlæuterungen.
Die Begierde wurde wach, und man fiel des
Morgens, weil ſie wachend im Bette bleiben
durften, auf die Sünde.

Vorhin ſagte ich von den Kindern der
Landleute, daſs ſie oft durch die Schamlo-
ſigkeit der Eltern verderbt würden. Dieſs
gilt aber noch weit mehr von den Kindern
der Stædtebewohner. In Hæuſern, wo
zweydeutiger, unzüchtiger, Scherz zum bon
ton gehört, wo das ſchamloſe Liebkoſen des
Frauenzimmers als ein Stück der feinen Le-
bensart angeſehen wird, darf man ſich nicht
wundern, wenn die Kinder ſich nach den
Erwachsnen bilden; daher kann man es im-
mer als erwieſen voraus ſetzen, daſs Kinder,
die in ſolchen Hæuſern aufwuchſen, ange-
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ſo kann das unvorſichtige Liebkoſen der El-

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[156/0166] Stunde oder noch længer auf einer Bank ſiz- zen muſsten: ſo wurde nicht herum geſprun- gen, ſondern geſchwatzt; andere ſchlugen die Bibel auf, und nun wurde darin geforſcht, und man fand im Moſes einige Erlæuterungen. Die Begierde wurde wach, und man fiel des Morgens, weil ſie wachend im Bette bleiben durften, auf die Sünde. Vorhin ſagte ich von den Kindern der Landleute, daſs ſie oft durch die Schamlo- ſigkeit der Eltern verderbt würden. Dieſs gilt aber noch weit mehr von den Kindern der Stædtebewohner. In Hæuſern, wo zweydeutiger, unzüchtiger, Scherz zum bon ton gehört, wo das ſchamloſe Liebkoſen des Frauenzimmers als ein Stück der feinen Le- bensart angeſehen wird, darf man ſich nicht wundern, wenn die Kinder ſich nach den Erwachsnen bilden; daher kann man es im- mer als erwieſen voraus ſetzen, daſs Kinder, die in ſolchen Hæuſern aufwuchſen, ange- ſteckt ſind. Wenn aber auch dieſs nicht iſt, ſo kann das unvorſichtige Liebkoſen der El- tern

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/166>, abgerufen am 18.04.2024.