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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
den Schwämmen, welche an Bäumen wachsen, das zweite von
einigen Moosen, auf welche unmittelbar die Mistel (Viscum
album
) folgt. Dann kommt das Heidekraut und andere kleinere
Sträucher, bis endlich größere und größte Bäume folgen. Das
Capitel von den Schwämmen enthält unter dem Abschnitt
"Von den Namen" auch die Meinung, die noch bis in's 17.
Jahrhundert hinein oft wiederholt wurde, über die Natur der
Pilze:

"Alle schwemme sind weder kreutter noch wurzeln, weder blumen
noch samen, sondern eittel überflüssige feuchtigkeit der Erden, der
beume der faulen höltzer und anderer faulen dingen. Von solcher
feuchtigkeit wachsen alle Tubera und Fungi. Das kan man daran
war nemen, alle obgeschribene schwemme (sonderlich die in den
kuchen gebraucht werden) wachsen am meisten, wenn es dondern
oder regnen wil, sagt Aquinas Ponta. Darumb die alten sonder-
lich acht darauff gehabt, und gemeinet, daß die Tubera (dieweil sie
von keinem samen aufkommen) mit dem Himel etwas vereinigung
haben. Auff dise weiß redet auch Porphyrius, und spricht: der Götter
kinder heissen Fungi und Tubera, darumb das sie on samen unnd
nit wie andere leut geboren werden."

Wir übergehen jetzt die Valerius Cordus, Konrad
Gesner
, Mattioli1) mehrere unbedeutende Andere und
wenden uns zu Dodonaeus, Clusius und Dalechamp, bei
denen schon eine entschiedene Neigung zur geordneten Darstellung
hervortritt, jedoch ist das Anordnungsprinzip bei diesen Dreien
wesentlich in zufälligen Aeußerlichkeiten, vor Allem in den Be-
ziehungen der Pflanzenwelt zum Menschen enthalten. Die natür-
lichen Verwandtschaftsverhältnisse werden zwar innerhalb der
Abtheilungen, welche auf diese Weise künstlich entstehen, je später

1) Den Pierandrea Mattioli (geb. zu Siena 1501, gest. 1577,
lange Zeit als Leibarzt am Hofe Ferdinands I.) können wir übergehen,
da bei ihm neben den medicinischen Interessen die botanischen wenig
in Betracht kommen. Sein Kräuterbuch, ursprünglich ein Commentar zum
Dioscorides, nach und nach sehr erweitert, erlebte über 60 Auflagen und
Ausgaben in verschiedenen Sprachen. (Vergl. Meyer Gesch. der Bot. VI.)

von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
den Schwämmen, welche an Bäumen wachſen, das zweite von
einigen Mooſen, auf welche unmittelbar die Miſtel (Viscum
album
) folgt. Dann kommt das Heidekraut und andere kleinere
Sträucher, bis endlich größere und größte Bäume folgen. Das
Capitel von den Schwämmen enthält unter dem Abſchnitt
„Von den Namen“ auch die Meinung, die noch bis in's 17.
Jahrhundert hinein oft wiederholt wurde, über die Natur der
Pilze:

„Alle ſchwemme ſind weder kreutter noch wurzeln, weder blumen
noch ſamen, ſondern eittel überflüſſige feuchtigkeit der Erden, der
beume der faulen höltzer und anderer faulen dingen. Von ſolcher
feuchtigkeit wachſen alle Tubera und Fungi. Das kan man daran
war nemen, alle obgeſchribene ſchwemme (ſonderlich die in den
kuchen gebraucht werden) wachſen am meiſten, wenn es dondern
oder regnen wil, ſagt Aquinas Ponta. Darumb die alten ſonder-
lich acht darauff gehabt, und gemeinet, daß die Tubera (dieweil ſie
von keinem ſamen aufkommen) mit dem Himel etwas vereinigung
haben. Auff diſe weiß redet auch Porphyrius, und ſpricht: der Götter
kinder heiſſen Fungi und Tubera, darumb das ſie on ſamen unnd
nit wie andere leut geboren werden.“

Wir übergehen jetzt die Valerius Cordus, Konrad
Gesner
, Mattioli1) mehrere unbedeutende Andere und
wenden uns zu Dodonaeus, Cluſius und Dalechamp, bei
denen ſchon eine entſchiedene Neigung zur geordneten Darſtellung
hervortritt, jedoch iſt das Anordnungsprinzip bei dieſen Dreien
weſentlich in zufälligen Aeußerlichkeiten, vor Allem in den Be-
ziehungen der Pflanzenwelt zum Menſchen enthalten. Die natür-
lichen Verwandtſchaftsverhältniſſe werden zwar innerhalb der
Abtheilungen, welche auf dieſe Weiſe künſtlich entſtehen, je ſpäter

1) Den Pierandrea Mattioli (geb. zu Siena 1501, geſt. 1577,
lange Zeit als Leibarzt am Hofe Ferdinands I.) können wir übergehen,
da bei ihm neben den mediciniſchen Intereſſen die botaniſchen wenig
in Betracht kommen. Sein Kräuterbuch, urſprünglich ein Commentar zum
Dioscorides, nach und nach ſehr erweitert, erlebte über 60 Auflagen und
Ausgaben in verſchiedenen Sprachen. (Vergl. Meyer Geſch. der Bot. VI.)
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[31/0043] von Brunfels bis auf Caspar Bauhin. den Schwämmen, welche an Bäumen wachſen, das zweite von einigen Mooſen, auf welche unmittelbar die Miſtel (Viscum album) folgt. Dann kommt das Heidekraut und andere kleinere Sträucher, bis endlich größere und größte Bäume folgen. Das Capitel von den Schwämmen enthält unter dem Abſchnitt „Von den Namen“ auch die Meinung, die noch bis in's 17. Jahrhundert hinein oft wiederholt wurde, über die Natur der Pilze: „Alle ſchwemme ſind weder kreutter noch wurzeln, weder blumen noch ſamen, ſondern eittel überflüſſige feuchtigkeit der Erden, der beume der faulen höltzer und anderer faulen dingen. Von ſolcher feuchtigkeit wachſen alle Tubera und Fungi. Das kan man daran war nemen, alle obgeſchribene ſchwemme (ſonderlich die in den kuchen gebraucht werden) wachſen am meiſten, wenn es dondern oder regnen wil, ſagt Aquinas Ponta. Darumb die alten ſonder- lich acht darauff gehabt, und gemeinet, daß die Tubera (dieweil ſie von keinem ſamen aufkommen) mit dem Himel etwas vereinigung haben. Auff diſe weiß redet auch Porphyrius, und ſpricht: der Götter kinder heiſſen Fungi und Tubera, darumb das ſie on ſamen unnd nit wie andere leut geboren werden.“ Wir übergehen jetzt die Valerius Cordus, Konrad Gesner, Mattioli 1) mehrere unbedeutende Andere und wenden uns zu Dodonaeus, Cluſius und Dalechamp, bei denen ſchon eine entſchiedene Neigung zur geordneten Darſtellung hervortritt, jedoch iſt das Anordnungsprinzip bei dieſen Dreien weſentlich in zufälligen Aeußerlichkeiten, vor Allem in den Be- ziehungen der Pflanzenwelt zum Menſchen enthalten. Die natür- lichen Verwandtſchaftsverhältniſſe werden zwar innerhalb der Abtheilungen, welche auf dieſe Weiſe künſtlich entſtehen, je ſpäter 1) Den Pierandrea Mattioli (geb. zu Siena 1501, geſt. 1577, lange Zeit als Leibarzt am Hofe Ferdinands I.) können wir übergehen, da bei ihm neben den mediciniſchen Intereſſen die botaniſchen wenig in Betracht kommen. Sein Kräuterbuch, urſprünglich ein Commentar zum Dioscorides, nach und nach ſehr erweitert, erlebte über 60 Auflagen und Ausgaben in verſchiedenen Sprachen. (Vergl. Meyer Geſch. der Bot. VI.)

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/43>, abgerufen am 29.03.2024.