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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Die deutschen und niederländischen Botaniker
Erklärungen selbst trifft mehr als bei Fuchs das Wesentliche
der Sache. So heißt es z. B. Wurzel (radix riza) wird sowohl
bei dem Baume, wie bei jeder anderen Pflanze der untere Theil
genannt, womit sie in die Erde eingelassen ist und ihr anhängt
und durch welche sie Nahrung anzieht. Sie ist (im Gegensatz
nämlich zu den vorhergenannten meist abfallenden Blättern) allen
Pflanzen gemeinschaftlich, mit Ausnahme von sehr wenigen, die
ohne Wurzel leben und wachsen, wie die Cassytha, Viscum
und was man Hyphear nennt, ferner die Baumschwämme, die
Geschlechter der Moose und Tange, welche man dennoch unter
die phuta zu rechnen pflegt. -- Caudex ist bei den Bäumen und
Sträuchern, was aus der Wurzel über die Erde emporsteigt und
wodurch die Nahrung aufwärts getragen wird; derselbe Theil
wird bei den Kräutern caulis oder cauliculus genannt -- Blatt
(folium) ist bei jeder Pflanze das, was dieselbe bekleidet und
schmückt und durch dessen Wegnahme Bäume und andere Pflanzen
nackt erscheinen. -- Die Definition der Blüthe läßt sich ohne
Entstellung nicht wohl deutsch wiedergeben: flos,anthos, arborum
et herbarum gaudium dicitur, futurique fructus spes est.
Unaquaeque etenim stirps pro natura sua post florem par-
tus ac fructus gignit.
-- Die Theile der Blüthe sind ihm der
Kelch calyx, worin anfangs die Blüthe eingeschlossen ist und
wovon bald auch der foetus umgeben wird. Staubfäden (sta-
mina
), was gewissermaßen wie Fäden aus dem innersten Grund
der Blüthe und dem Kelch hervorkommt; Apices (die Antheren),
gewisse dickliche Anhängsel am Gipfel der Staubfäden. -- Julus
(Kätzchen), was von runder und länglicher Gestalt statt der Blüthe
herabhängt, wie bei dem Nußbaum, der Haselnuß, der Maul-
beere, der Buche u. a. -- Fructus ist das, worin der Same
entsteht, aber nicht selten ist es auch selbst der Same, wo dieser
nämlich von nichts Anderem umschlossen ist und nackt entsteht.
Bei diesen letzten Worten darf man nicht etwa an unsere Gym-
nospermen denken, vielmehr sind hier, wie bei allen Botanikern,
bis auf A. L. de Jussieu und Joseph Gärtner (1788)
unter nackten Samen trockene Schließfrüchte zu verstehen.

Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker
Erklärungen ſelbſt trifft mehr als bei Fuchs das Weſentliche
der Sache. So heißt es z. B. Wurzel (radix ρίζα) wird ſowohl
bei dem Baume, wie bei jeder anderen Pflanze der untere Theil
genannt, womit ſie in die Erde eingelaſſen iſt und ihr anhängt
und durch welche ſie Nahrung anzieht. Sie iſt (im Gegenſatz
nämlich zu den vorhergenannten meiſt abfallenden Blättern) allen
Pflanzen gemeinſchaftlich, mit Ausnahme von ſehr wenigen, die
ohne Wurzel leben und wachſen, wie die Cassytha, Viscum
und was man Hyphear nennt, ferner die Baumſchwämme, die
Geſchlechter der Mooſe und Tange, welche man dennoch unter
die φῦτα zu rechnen pflegt. — Caudex iſt bei den Bäumen und
Sträuchern, was aus der Wurzel über die Erde emporſteigt und
wodurch die Nahrung aufwärts getragen wird; derſelbe Theil
wird bei den Kräutern caulis oder cauliculus genannt — Blatt
(folium) iſt bei jeder Pflanze das, was dieſelbe bekleidet und
ſchmückt und durch deſſen Wegnahme Bäume und andere Pflanzen
nackt erſcheinen. — Die Definition der Blüthe läßt ſich ohne
Entſtellung nicht wohl deutſch wiedergeben: flos,ἄνϑος, arborum
et herbarum gaudium dicitur, futurique fructus spes est.
Unaquaeque etenim stirps pro natura sua post florem par-
tus ac fructus gignit.
— Die Theile der Blüthe ſind ihm der
Kelch calyx, worin anfangs die Blüthe eingeſchloſſen iſt und
wovon bald auch der foetus umgeben wird. Staubfäden (sta-
mina
), was gewiſſermaßen wie Fäden aus dem innerſten Grund
der Blüthe und dem Kelch hervorkommt; Apices (die Antheren),
gewiſſe dickliche Anhängſel am Gipfel der Staubfäden. — Julus
(Kätzchen), was von runder und länglicher Geſtalt ſtatt der Blüthe
herabhängt, wie bei dem Nußbaum, der Haſelnuß, der Maul-
beere, der Buche u. a. — Fructus iſt das, worin der Same
entſteht, aber nicht ſelten iſt es auch ſelbſt der Same, wo dieſer
nämlich von nichts Anderem umſchloſſen iſt und nackt entſteht.
Bei dieſen letzten Worten darf man nicht etwa an unſere Gym-
nospermen denken, vielmehr ſind hier, wie bei allen Botanikern,
bis auf A. L. de Juſſieu und Joſeph Gärtner (1788)
unter nackten Samen trockene Schließfrüchte zu verſtehen.

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[24/0036] Die deutſchen und niederländiſchen Botaniker Erklärungen ſelbſt trifft mehr als bei Fuchs das Weſentliche der Sache. So heißt es z. B. Wurzel (radix ρίζα) wird ſowohl bei dem Baume, wie bei jeder anderen Pflanze der untere Theil genannt, womit ſie in die Erde eingelaſſen iſt und ihr anhängt und durch welche ſie Nahrung anzieht. Sie iſt (im Gegenſatz nämlich zu den vorhergenannten meiſt abfallenden Blättern) allen Pflanzen gemeinſchaftlich, mit Ausnahme von ſehr wenigen, die ohne Wurzel leben und wachſen, wie die Cassytha, Viscum und was man Hyphear nennt, ferner die Baumſchwämme, die Geſchlechter der Mooſe und Tange, welche man dennoch unter die φῦτα zu rechnen pflegt. — Caudex iſt bei den Bäumen und Sträuchern, was aus der Wurzel über die Erde emporſteigt und wodurch die Nahrung aufwärts getragen wird; derſelbe Theil wird bei den Kräutern caulis oder cauliculus genannt — Blatt (folium) iſt bei jeder Pflanze das, was dieſelbe bekleidet und ſchmückt und durch deſſen Wegnahme Bäume und andere Pflanzen nackt erſcheinen. — Die Definition der Blüthe läßt ſich ohne Entſtellung nicht wohl deutſch wiedergeben: flos,ἄνϑος, arborum et herbarum gaudium dicitur, futurique fructus spes est. Unaquaeque etenim stirps pro natura sua post florem par- tus ac fructus gignit. — Die Theile der Blüthe ſind ihm der Kelch calyx, worin anfangs die Blüthe eingeſchloſſen iſt und wovon bald auch der foetus umgeben wird. Staubfäden (sta- mina), was gewiſſermaßen wie Fäden aus dem innerſten Grund der Blüthe und dem Kelch hervorkommt; Apices (die Antheren), gewiſſe dickliche Anhängſel am Gipfel der Staubfäden. — Julus (Kätzchen), was von runder und länglicher Geſtalt ſtatt der Blüthe herabhängt, wie bei dem Nußbaum, der Haſelnuß, der Maul- beere, der Buche u. a. — Fructus iſt das, worin der Same entſteht, aber nicht ſelten iſt es auch ſelbſt der Same, wo dieſer nämlich von nichts Anderem umſchloſſen iſt und nackt entſteht. Bei dieſen letzten Worten darf man nicht etwa an unſere Gym- nospermen denken, vielmehr ſind hier, wie bei allen Botanikern, bis auf A. L. de Juſſieu und Joſeph Gärtner (1788) unter nackten Samen trockene Schließfrüchte zu verſtehen.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/36>, abgerufen am 20.04.2024.