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Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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schüttelte das vorsichtige Köpfchen mit den dicken, kleinen Stirnlöckchen.

Das machte den Fremden aufmerksam.

Er wandte sich rasch herum, erblickte mich, stand auf, riß seine runde Schaffellmütze vom Kopfe und entschuldigte sich in der verbindlichsten Weise. Wir begrüßten uns. Die russische Menschenfreundlichkeit hat sich in Sprache und Sitte so verkörpert, daß der Einzelne die zärtlich-schmeichelnde Redensart nicht mehr zu überbieten vermag. Aber in der That begrüßten wir uns noch artiger, als es gewöhnlich geschieht.

Nachdem wir uns gegenseitig unzählige Male als die elendesten Knechte bezeichnet hatten und zu den Füßen gefallen waren, setzte der Gefährliche sich mir gegenüber und bat, seine Pfeife stopfen zu dürfen. Es rauchten die Bauern, es rauchte der Diak, endlich rauchte auch der Ofen, aber er bat, und ich bewilligte Alles aus Erbarmen. Er stopfte also seine lange türkische Pfeife.

Diese Bauern! sagte er heiter. Aber ich! Sagen Sie selbst, würden Sie mir das auf hundert Schritte anthun und mich für einen Polen halten?

Gewiß nicht.

Nun sehen Sie, lieber Bruder, setzte er in überströmender Dankbarkeit hinzu, aber reden Sie mit Denen da. Er zog einen Feuerstein aus der Tasche, legte ein kleines Stück Schwamm darauf und schlug damit auf sein Messer.

schüttelte das vorsichtige Köpfchen mit den dicken, kleinen Stirnlöckchen.

Das machte den Fremden aufmerksam.

Er wandte sich rasch herum, erblickte mich, stand auf, riß seine runde Schaffellmütze vom Kopfe und entschuldigte sich in der verbindlichsten Weise. Wir begrüßten uns. Die russische Menschenfreundlichkeit hat sich in Sprache und Sitte so verkörpert, daß der Einzelne die zärtlich-schmeichelnde Redensart nicht mehr zu überbieten vermag. Aber in der That begrüßten wir uns noch artiger, als es gewöhnlich geschieht.

Nachdem wir uns gegenseitig unzählige Male als die elendesten Knechte bezeichnet hatten und zu den Füßen gefallen waren, setzte der Gefährliche sich mir gegenüber und bat, seine Pfeife stopfen zu dürfen. Es rauchten die Bauern, es rauchte der Diak, endlich rauchte auch der Ofen, aber er bat, und ich bewilligte Alles aus Erbarmen. Er stopfte also seine lange türkische Pfeife.

Diese Bauern! sagte er heiter. Aber ich! Sagen Sie selbst, würden Sie mir das auf hundert Schritte anthun und mich für einen Polen halten?

Gewiß nicht.

Nun sehen Sie, lieber Bruder, setzte er in überströmender Dankbarkeit hinzu, aber reden Sie mit Denen da. Er zog einen Feuerstein aus der Tasche, legte ein kleines Stück Schwamm darauf und schlug damit auf sein Messer.

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[0018] schüttelte das vorsichtige Köpfchen mit den dicken, kleinen Stirnlöckchen. Das machte den Fremden aufmerksam. Er wandte sich rasch herum, erblickte mich, stand auf, riß seine runde Schaffellmütze vom Kopfe und entschuldigte sich in der verbindlichsten Weise. Wir begrüßten uns. Die russische Menschenfreundlichkeit hat sich in Sprache und Sitte so verkörpert, daß der Einzelne die zärtlich-schmeichelnde Redensart nicht mehr zu überbieten vermag. Aber in der That begrüßten wir uns noch artiger, als es gewöhnlich geschieht. Nachdem wir uns gegenseitig unzählige Male als die elendesten Knechte bezeichnet hatten und zu den Füßen gefallen waren, setzte der Gefährliche sich mir gegenüber und bat, seine Pfeife stopfen zu dürfen. Es rauchten die Bauern, es rauchte der Diak, endlich rauchte auch der Ofen, aber er bat, und ich bewilligte Alles aus Erbarmen. Er stopfte also seine lange türkische Pfeife. Diese Bauern! sagte er heiter. Aber ich! Sagen Sie selbst, würden Sie mir das auf hundert Schritte anthun und mich für einen Polen halten? Gewiß nicht. Nun sehen Sie, lieber Bruder, setzte er in überströmender Dankbarkeit hinzu, aber reden Sie mit Denen da. Er zog einen Feuerstein aus der Tasche, legte ein kleines Stück Schwamm darauf und schlug damit auf sein Messer.

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/18>, abgerufen am 18.04.2024.