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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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macht, ob die angebliche Dame Doni der Tribune von Ra-
phaels
Hand gemalt sey, wie bisher angenommen wurde.
Obwohl von ihrer Vortrefflichkeit ganz durchdrungen, bin doch
ich selbst in Verlegenheit, anzugeben, wo sie in Raphaels
Werken mit Sicherheit könne eingereiht werden.

Vasari erzählt, daß Raphael für den Domenico Cani-
giani
ein Bild gemalt habe, dessen Gegenstand er umständlich
angiebt: "Die Madonna mit dem Kinde, welches dem klei-
nen Johannes schmeichelt; diesen hält S. Elisabeth, zum h.
Joseph heraufblickend, welcher, mit beiden Händen auf seinen
Stab gestützt, auf die Alte blickt." Es befand sich, als Va-
sari
schrieb, noch bey den Erben des Canigiani. In der Folge
soll es in den Besitz der mediceischen Fürsten und, als Braut-
gabe der Tochter Cosimus III., in das pfälzische Churhaus
gelangt seyn. Gegenwärtig findet es sich, mit anderen Ge-
mälden der ehemals düsseldorfischen Gallerie zu München.

Manche Beschädigung hat dieses schöne Bild erlitten.
Vor etwa funfzig Jahren, man nennt den Thäter, ward die
Glorie der regelmäßig geordneten Cherubköpfe über dem
Haupte des Joseph der Laune aufgeopfert; diese Köpfe sind
ausradirt, oder abgehoben. Man sieht ihre Stelle gegen das
Licht im blauen Himmelsgrunde, welcher nothwendig schon
beendigt war, als Raphael die Umrisse auftrug, deren Ein-
druck noch gegenwärtig wahrgenommen wird. In einer alten
Copie der Sacristey von S. Frediano zu Florenz, sieht man,
wie jene gewesen. Auch sonst ist das Bild beschädigt, Lasu-
ren sind hie und da verwaschen, selbst das Impasto ist an
einigen Stellen angegriffen; in den Gewändern zeigen sich
Oelretouchen. Dessenungeachtet bewahrt dieses Bild, besonders
der Johannes, die Landschaft, von seiner ursprünglichen, von

Va-

macht, ob die angebliche Dame Doni der Tribune von Ra-
phaels
Hand gemalt ſey, wie bisher angenommen wurde.
Obwohl von ihrer Vortrefflichkeit ganz durchdrungen, bin doch
ich ſelbſt in Verlegenheit, anzugeben, wo ſie in Raphaels
Werken mit Sicherheit koͤnne eingereiht werden.

Vaſari erzaͤhlt, daß Raphael fuͤr den Domenico Cani-
giani
ein Bild gemalt habe, deſſen Gegenſtand er umſtaͤndlich
angiebt: „Die Madonna mit dem Kinde, welches dem klei-
nen Johannes ſchmeichelt; dieſen haͤlt S. Eliſabeth, zum h.
Joſeph heraufblickend, welcher, mit beiden Haͤnden auf ſeinen
Stab geſtuͤtzt, auf die Alte blickt.“ Es befand ſich, als Va-
ſari
ſchrieb, noch bey den Erben des Canigiani. In der Folge
ſoll es in den Beſitz der mediceiſchen Fuͤrſten und, als Braut-
gabe der Tochter Coſimus III., in das pfaͤlziſche Churhaus
gelangt ſeyn. Gegenwaͤrtig findet es ſich, mit anderen Ge-
maͤlden der ehemals duͤſſeldorfiſchen Gallerie zu Muͤnchen.

Manche Beſchaͤdigung hat dieſes ſchoͤne Bild erlitten.
Vor etwa funfzig Jahren, man nennt den Thaͤter, ward die
Glorie der regelmaͤßig geordneten Cherubkoͤpfe uͤber dem
Haupte des Joſeph der Laune aufgeopfert; dieſe Koͤpfe ſind
ausradirt, oder abgehoben. Man ſieht ihre Stelle gegen das
Licht im blauen Himmelsgrunde, welcher nothwendig ſchon
beendigt war, als Raphael die Umriſſe auftrug, deren Ein-
druck noch gegenwaͤrtig wahrgenommen wird. In einer alten
Copie der Sacriſtey von S. Frediano zu Florenz, ſieht man,
wie jene geweſen. Auch ſonſt iſt das Bild beſchaͤdigt, Laſu-
ren ſind hie und da verwaſchen, ſelbſt das Impaſto iſt an
einigen Stellen angegriffen; in den Gewaͤndern zeigen ſich
Oelretouchen. Deſſenungeachtet bewahrt dieſes Bild, beſonders
der Johannes, die Landſchaft, von ſeiner urſpruͤnglichen, von

Va-
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[64/0086] macht, ob die angebliche Dame Doni der Tribune von Ra- phaels Hand gemalt ſey, wie bisher angenommen wurde. Obwohl von ihrer Vortrefflichkeit ganz durchdrungen, bin doch ich ſelbſt in Verlegenheit, anzugeben, wo ſie in Raphaels Werken mit Sicherheit koͤnne eingereiht werden. Vaſari erzaͤhlt, daß Raphael fuͤr den Domenico Cani- giani ein Bild gemalt habe, deſſen Gegenſtand er umſtaͤndlich angiebt: „Die Madonna mit dem Kinde, welches dem klei- nen Johannes ſchmeichelt; dieſen haͤlt S. Eliſabeth, zum h. Joſeph heraufblickend, welcher, mit beiden Haͤnden auf ſeinen Stab geſtuͤtzt, auf die Alte blickt.“ Es befand ſich, als Va- ſari ſchrieb, noch bey den Erben des Canigiani. In der Folge ſoll es in den Beſitz der mediceiſchen Fuͤrſten und, als Braut- gabe der Tochter Coſimus III., in das pfaͤlziſche Churhaus gelangt ſeyn. Gegenwaͤrtig findet es ſich, mit anderen Ge- maͤlden der ehemals duͤſſeldorfiſchen Gallerie zu Muͤnchen. Manche Beſchaͤdigung hat dieſes ſchoͤne Bild erlitten. Vor etwa funfzig Jahren, man nennt den Thaͤter, ward die Glorie der regelmaͤßig geordneten Cherubkoͤpfe uͤber dem Haupte des Joſeph der Laune aufgeopfert; dieſe Koͤpfe ſind ausradirt, oder abgehoben. Man ſieht ihre Stelle gegen das Licht im blauen Himmelsgrunde, welcher nothwendig ſchon beendigt war, als Raphael die Umriſſe auftrug, deren Ein- druck noch gegenwaͤrtig wahrgenommen wird. In einer alten Copie der Sacriſtey von S. Frediano zu Florenz, ſieht man, wie jene geweſen. Auch ſonſt iſt das Bild beſchaͤdigt, Laſu- ren ſind hie und da verwaſchen, ſelbſt das Impaſto iſt an einigen Stellen angegriffen; in den Gewaͤndern zeigen ſich Oelretouchen. Deſſenungeachtet bewahrt dieſes Bild, beſonders der Johannes, die Landſchaft, von ſeiner urſpruͤnglichen, von Va-

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/86>, abgerufen am 25.04.2024.