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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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dunkle Gemälde an das Haus Colonna verkauft, dort wahr-
scheinlich, da Bottari nicht anzugeben wußte, wohin es gera-
then sey, nicht aufgestellt worden; in der Folge, vor etwa
zwanzig Jahren, gelangte es aus diesem Hause in die königl.
Gallerie zu Neapel.

Dieses große Altargemälde ist schon ganz meisterlich ge-
zeichnet und gemalt. Dessenungeachtet zeigt sich darin keine
andere Verwandtschaft zum Perugino, als jene allgemeine,
welche die umbrischen Schulen damaliger Zeit von denen der
benachbarten Länder unterscheidet. Das Bild ist, wie die mei-
sten des Alunno, sehr schmahl und hoch; die Composition
entbehrt daher jener glücklichen Verhältnisse, welche den Peru-
gino
auszeichnen. Zu den Füßen des Thrones macht der
kleine Johannes mit dem Christuskinde sich zu schaffen, wel-
ches die Händchen anmuthsvoll zu ihm herabreicht; auch die-
ses ein Motiv des Alunno. Zu beiden Seiten S. Petrus und
Paulus in tiefglühenden rothen und gelben Gewändern. Im
Antlitze der Madonna zeigt sich schon hier jener, vom Peru-
gino
ganz abweichende Charakter, dem wir später auch in den
Madonnen der Kappelle Ancagani, des Hauses Contestabile,
selbst noch in der Krönung der vaticanischen Gallerie begeg-
nen werden.

Abweichung von der Art des Pietro Perugino, Rückkehr
oder Hinneigung zu jener, wie ich annehme, älteren Förmlich-
keit des Raphael glaube ich in verschiedenen anderen Ge-
mälden zu entdecken, welche zum Theil unstreitig etwas jünger
sind, als obige. Das älteste vielleicht jenes reiche anmuths-
volle, al guazzo auf feines Leinwand gemalte Bild der An-
betung der Könige, sonst in der Kappelle des Hauses Anca-
gani zu Spoleto, jetzt im Handel. Diesem ziemlich analog

III. 3

dunkle Gemaͤlde an das Haus Colonna verkauft, dort wahr-
ſcheinlich, da Bottari nicht anzugeben wußte, wohin es gera-
then ſey, nicht aufgeſtellt worden; in der Folge, vor etwa
zwanzig Jahren, gelangte es aus dieſem Hauſe in die koͤnigl.
Gallerie zu Neapel.

Dieſes große Altargemaͤlde iſt ſchon ganz meiſterlich ge-
zeichnet und gemalt. Deſſenungeachtet zeigt ſich darin keine
andere Verwandtſchaft zum Perugino, als jene allgemeine,
welche die umbriſchen Schulen damaliger Zeit von denen der
benachbarten Laͤnder unterſcheidet. Das Bild iſt, wie die mei-
ſten des Alunno, ſehr ſchmahl und hoch; die Compoſition
entbehrt daher jener gluͤcklichen Verhaͤltniſſe, welche den Peru-
gino
auszeichnen. Zu den Fuͤßen des Thrones macht der
kleine Johannes mit dem Chriſtuskinde ſich zu ſchaffen, wel-
ches die Haͤndchen anmuthsvoll zu ihm herabreicht; auch die-
ſes ein Motiv des Alunno. Zu beiden Seiten S. Petrus und
Paulus in tiefgluͤhenden rothen und gelben Gewaͤndern. Im
Antlitze der Madonna zeigt ſich ſchon hier jener, vom Peru-
gino
ganz abweichende Charakter, dem wir ſpaͤter auch in den
Madonnen der Kappelle Ancagani, des Hauſes Conteſtabile,
ſelbſt noch in der Kroͤnung der vaticaniſchen Gallerie begeg-
nen werden.

Abweichung von der Art des Pietro Perugino, Ruͤckkehr
oder Hinneigung zu jener, wie ich annehme, aͤlteren Foͤrmlich-
keit des Raphael glaube ich in verſchiedenen anderen Ge-
maͤlden zu entdecken, welche zum Theil unſtreitig etwas juͤnger
ſind, als obige. Das aͤlteſte vielleicht jenes reiche anmuths-
volle, al guazzo auf feines Leinwand gemalte Bild der An-
betung der Koͤnige, ſonſt in der Kappelle des Hauſes Anca-
gani zu Spoleto, jetzt im Handel. Dieſem ziemlich analog

III. 3
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[33/0055] dunkle Gemaͤlde an das Haus Colonna verkauft, dort wahr- ſcheinlich, da Bottari nicht anzugeben wußte, wohin es gera- then ſey, nicht aufgeſtellt worden; in der Folge, vor etwa zwanzig Jahren, gelangte es aus dieſem Hauſe in die koͤnigl. Gallerie zu Neapel. Dieſes große Altargemaͤlde iſt ſchon ganz meiſterlich ge- zeichnet und gemalt. Deſſenungeachtet zeigt ſich darin keine andere Verwandtſchaft zum Perugino, als jene allgemeine, welche die umbriſchen Schulen damaliger Zeit von denen der benachbarten Laͤnder unterſcheidet. Das Bild iſt, wie die mei- ſten des Alunno, ſehr ſchmahl und hoch; die Compoſition entbehrt daher jener gluͤcklichen Verhaͤltniſſe, welche den Peru- gino auszeichnen. Zu den Fuͤßen des Thrones macht der kleine Johannes mit dem Chriſtuskinde ſich zu ſchaffen, wel- ches die Haͤndchen anmuthsvoll zu ihm herabreicht; auch die- ſes ein Motiv des Alunno. Zu beiden Seiten S. Petrus und Paulus in tiefgluͤhenden rothen und gelben Gewaͤndern. Im Antlitze der Madonna zeigt ſich ſchon hier jener, vom Peru- gino ganz abweichende Charakter, dem wir ſpaͤter auch in den Madonnen der Kappelle Ancagani, des Hauſes Conteſtabile, ſelbſt noch in der Kroͤnung der vaticaniſchen Gallerie begeg- nen werden. Abweichung von der Art des Pietro Perugino, Ruͤckkehr oder Hinneigung zu jener, wie ich annehme, aͤlteren Foͤrmlich- keit des Raphael glaube ich in verſchiedenen anderen Ge- maͤlden zu entdecken, welche zum Theil unſtreitig etwas juͤnger ſind, als obige. Das aͤlteſte vielleicht jenes reiche anmuths- volle, al guazzo auf feines Leinwand gemalte Bild der An- betung der Koͤnige, ſonſt in der Kappelle des Hauſes Anca- gani zu Spoleto, jetzt im Handel. Dieſem ziemlich analog III. 3

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/55>, abgerufen am 28.03.2024.