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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Formen abgesehn, unterschied sich diese Arbeit, wie überhaupt,
so besonders von den späteren Werken des Pietro durch einen
bräunlichen Ton, ungemeine Kraft in den dunkleren Tinten.
Dieselbe Eigenthümlichkeit der Färbung zeigte sich in einigen
Malereyen al Fresco zu Asisi, deren Urheber bisher unbekannt
ist, welche indeß mit vieler Wahrscheinlichkeit dem einzigen
damals in Asisi ausgezeichneten Meister beyzumessen sind.
Sie setzten hier um so mehr Absichtlichkeit voraus, als es
verhältnißmäßig schwieriger ist, in Frescomalereyen warme
und kräftige Tinten hervorzubringen. Urkundliche Nachrichten,
welche ich auf diese Veranlassung mitgetheilt, überzeugten uns,
daß Andrea den Gebrauch seines Gesichtes, den er, nach Va-
sari
, schon um's J. 1480 soll eingebüßt haben, noch um 1510
besaß; ferner, daß er schon 1483 zu Asisi ein ansässiger Mei-
ster war und seiner Vaterstadt auch in der Folge treu geblie-
ben ist. Obwohl nun Vasari, nach so viel unnachdenklich er-
zählten Unvereinbarkeiten an dieser Stelle auf Glaubwürdig-
keit wenig Anspruch hat, so trifft doch seine, der Zeit nach,
irrige Kunde von päbstlichen Begünstigungen mit den geschicht-
lichen Urkunden im Allgemeinen überein *), was voraussetzt,
daß sein uns unbekannter Berichtgeber jene Nachrichten nicht
aus der Luft gegriffen, sie, wenn auch flüchtig, doch aus acht-
baren Quellen geschöpft habe. Demnach kann auch dem, was
Vasari von freundschaftlichen Berührungen mit dem Ingegno
erzählt, etwas Wahres zum Grunde liegen, wobey sich dar-
bietet, daß jene ansehnlichen Stellen, welche Julius II. dem
Ingegno sicher verliehen hat, wohl auch durch die Verwen-
dung Raphaels erlangt seyn möchten. Allein, da Ingegno

*) Th. II. S. 327.

Formen abgeſehn, unterſchied ſich dieſe Arbeit, wie uͤberhaupt,
ſo beſonders von den ſpaͤteren Werken des Pietro durch einen
braͤunlichen Ton, ungemeine Kraft in den dunkleren Tinten.
Dieſelbe Eigenthuͤmlichkeit der Faͤrbung zeigte ſich in einigen
Malereyen al Fresco zu Aſiſi, deren Urheber bisher unbekannt
iſt, welche indeß mit vieler Wahrſcheinlichkeit dem einzigen
damals in Aſiſi ausgezeichneten Meiſter beyzumeſſen ſind.
Sie ſetzten hier um ſo mehr Abſichtlichkeit voraus, als es
verhaͤltnißmaͤßig ſchwieriger iſt, in Frescomalereyen warme
und kraͤftige Tinten hervorzubringen. Urkundliche Nachrichten,
welche ich auf dieſe Veranlaſſung mitgetheilt, uͤberzeugten uns,
daß Andrea den Gebrauch ſeines Geſichtes, den er, nach Va-
ſari
, ſchon um’s J. 1480 ſoll eingebuͤßt haben, noch um 1510
beſaß; ferner, daß er ſchon 1483 zu Aſiſi ein anſaͤſſiger Mei-
ſter war und ſeiner Vaterſtadt auch in der Folge treu geblie-
ben iſt. Obwohl nun Vaſari, nach ſo viel unnachdenklich er-
zaͤhlten Unvereinbarkeiten an dieſer Stelle auf Glaubwuͤrdig-
keit wenig Anſpruch hat, ſo trifft doch ſeine, der Zeit nach,
irrige Kunde von paͤbſtlichen Beguͤnſtigungen mit den geſchicht-
lichen Urkunden im Allgemeinen uͤberein *), was vorausſetzt,
daß ſein uns unbekannter Berichtgeber jene Nachrichten nicht
aus der Luft gegriffen, ſie, wenn auch fluͤchtig, doch aus acht-
baren Quellen geſchoͤpft habe. Demnach kann auch dem, was
Vaſari von freundſchaftlichen Beruͤhrungen mit dem Ingegno
erzaͤhlt, etwas Wahres zum Grunde liegen, wobey ſich dar-
bietet, daß jene anſehnlichen Stellen, welche Julius II. dem
Ingegno ſicher verliehen hat, wohl auch durch die Verwen-
dung Raphaels erlangt ſeyn moͤchten. Allein, da Ingegno

*) Th. II. S. 327.
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[30/0052] Formen abgeſehn, unterſchied ſich dieſe Arbeit, wie uͤberhaupt, ſo beſonders von den ſpaͤteren Werken des Pietro durch einen braͤunlichen Ton, ungemeine Kraft in den dunkleren Tinten. Dieſelbe Eigenthuͤmlichkeit der Faͤrbung zeigte ſich in einigen Malereyen al Fresco zu Aſiſi, deren Urheber bisher unbekannt iſt, welche indeß mit vieler Wahrſcheinlichkeit dem einzigen damals in Aſiſi ausgezeichneten Meiſter beyzumeſſen ſind. Sie ſetzten hier um ſo mehr Abſichtlichkeit voraus, als es verhaͤltnißmaͤßig ſchwieriger iſt, in Frescomalereyen warme und kraͤftige Tinten hervorzubringen. Urkundliche Nachrichten, welche ich auf dieſe Veranlaſſung mitgetheilt, uͤberzeugten uns, daß Andrea den Gebrauch ſeines Geſichtes, den er, nach Va- ſari, ſchon um’s J. 1480 ſoll eingebuͤßt haben, noch um 1510 beſaß; ferner, daß er ſchon 1483 zu Aſiſi ein anſaͤſſiger Mei- ſter war und ſeiner Vaterſtadt auch in der Folge treu geblie- ben iſt. Obwohl nun Vaſari, nach ſo viel unnachdenklich er- zaͤhlten Unvereinbarkeiten an dieſer Stelle auf Glaubwuͤrdig- keit wenig Anſpruch hat, ſo trifft doch ſeine, der Zeit nach, irrige Kunde von paͤbſtlichen Beguͤnſtigungen mit den geſchicht- lichen Urkunden im Allgemeinen uͤberein *), was vorausſetzt, daß ſein uns unbekannter Berichtgeber jene Nachrichten nicht aus der Luft gegriffen, ſie, wenn auch fluͤchtig, doch aus acht- baren Quellen geſchoͤpft habe. Demnach kann auch dem, was Vaſari von freundſchaftlichen Beruͤhrungen mit dem Ingegno erzaͤhlt, etwas Wahres zum Grunde liegen, wobey ſich dar- bietet, daß jene anſehnlichen Stellen, welche Julius II. dem Ingegno ſicher verliehen hat, wohl auch durch die Verwen- dung Raphaels erlangt ſeyn moͤchten. Allein, da Ingegno *) Th. II. S. 327.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/52>, abgerufen am 19.04.2024.