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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Unter solchen Umständen mußten die Arbeiten, welche in
den letzten Lebensjahren Raphaels aus dessen Werkstätte her-
vorgegangen sind, mehr durch den Geschmack in der Anord-
nung, die Anmuth der Manier, den allgemeinen, seine Schule
stets empfehlenden Habitus sich auszeichnen, als durch jene
begeisterte Anschauung des eben sich darbietenden Gegenstan-
des, welche seinen früheren, ganz, oder doch noch größtentheils
eigenhändigen Arbeiten ein so tiefes und nachhaltiges Inter-
esse verleiht.

Von so viel schönen Talenten, als jenes fruchtbare Zeit-
alter hervorgebracht, stellten sich einige zu Raphael, andere zu
Michelangelo in ein untergeordnetes Verhältniß, verfolgten die
Lombarden und Venezianer, obwohl auch diese von Rom aus
einen neuen Schwung erhalten, doch im Ganzen ihre eigene
Bahn, suchten Einzelne, dem alten Kunstwege treu bleibend,
den sanften Ideen, deren Ausdruck sie allein beschäftigte,
durch überlegtere Zeichnung, zarteren Schmelz der Farbe,
neuen Glanz zu geben, wie Francesco Francia besonders in
seinen lucchesischen Bildern (die besten jetzt im herzoglichen
Schlosse), oder Giovanni Spagna in dem Altarblatte der
Unterkirche des heil. Franz zu Asisi mit dem Jahre MDXVI. *)
Innocenzo da Imola, Andrea di Salerno, besonders aber der
Peruginer Domenico Alfani, bemühten sich, den Gemälden
der Mittelstufe Raphaels in der äußeren Erscheinung nahe
zu kommen; von dem letzten befindet sich ein Madonnenbild
auf dem Hauptaltare der Kirche der Universität, mit seinem

*) Am Sockel des Bildes in der Kappelle des heil. Stephanus.
Andre Werke dess. Meisters in degli Angeli, in S. Giacomo, auf dem
Wege von Trevi nach Spoleto, an diesem letzten Orte.

Unter ſolchen Umſtaͤnden mußten die Arbeiten, welche in
den letzten Lebensjahren Raphaels aus deſſen Werkſtaͤtte her-
vorgegangen ſind, mehr durch den Geſchmack in der Anord-
nung, die Anmuth der Manier, den allgemeinen, ſeine Schule
ſtets empfehlenden Habitus ſich auszeichnen, als durch jene
begeiſterte Anſchauung des eben ſich darbietenden Gegenſtan-
des, welche ſeinen fruͤheren, ganz, oder doch noch groͤßtentheils
eigenhaͤndigen Arbeiten ein ſo tiefes und nachhaltiges Inter-
eſſe verleiht.

Von ſo viel ſchoͤnen Talenten, als jenes fruchtbare Zeit-
alter hervorgebracht, ſtellten ſich einige zu Raphael, andere zu
Michelangelo in ein untergeordnetes Verhaͤltniß, verfolgten die
Lombarden und Venezianer, obwohl auch dieſe von Rom aus
einen neuen Schwung erhalten, doch im Ganzen ihre eigene
Bahn, ſuchten Einzelne, dem alten Kunſtwege treu bleibend,
den ſanften Ideen, deren Ausdruck ſie allein beſchaͤftigte,
durch uͤberlegtere Zeichnung, zarteren Schmelz der Farbe,
neuen Glanz zu geben, wie Francesco Francia beſonders in
ſeinen luccheſiſchen Bildern (die beſten jetzt im herzoglichen
Schloſſe), oder Giovanni Spagna in dem Altarblatte der
Unterkirche des heil. Franz zu Aſiſi mit dem Jahre MDXVI. *)
Innocenzo da Imola, Andrea di Salerno, beſonders aber der
Peruginer Domenico Alfani, bemuͤhten ſich, den Gemaͤlden
der Mittelſtufe Raphaels in der aͤußeren Erſcheinung nahe
zu kommen; von dem letzten befindet ſich ein Madonnenbild
auf dem Hauptaltare der Kirche der Univerſitaͤt, mit ſeinem

*) Am Sockel des Bildes in der Kappelle des heil. Stephanus.
Andre Werke deſſ. Meiſters in degli Angeli, in S. Giacomo, auf dem
Wege von Trevi nach Spoleto, an dieſem letzten Orte.
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[146/0168] Unter ſolchen Umſtaͤnden mußten die Arbeiten, welche in den letzten Lebensjahren Raphaels aus deſſen Werkſtaͤtte her- vorgegangen ſind, mehr durch den Geſchmack in der Anord- nung, die Anmuth der Manier, den allgemeinen, ſeine Schule ſtets empfehlenden Habitus ſich auszeichnen, als durch jene begeiſterte Anſchauung des eben ſich darbietenden Gegenſtan- des, welche ſeinen fruͤheren, ganz, oder doch noch groͤßtentheils eigenhaͤndigen Arbeiten ein ſo tiefes und nachhaltiges Inter- eſſe verleiht. Von ſo viel ſchoͤnen Talenten, als jenes fruchtbare Zeit- alter hervorgebracht, ſtellten ſich einige zu Raphael, andere zu Michelangelo in ein untergeordnetes Verhaͤltniß, verfolgten die Lombarden und Venezianer, obwohl auch dieſe von Rom aus einen neuen Schwung erhalten, doch im Ganzen ihre eigene Bahn, ſuchten Einzelne, dem alten Kunſtwege treu bleibend, den ſanften Ideen, deren Ausdruck ſie allein beſchaͤftigte, durch uͤberlegtere Zeichnung, zarteren Schmelz der Farbe, neuen Glanz zu geben, wie Francesco Francia beſonders in ſeinen luccheſiſchen Bildern (die beſten jetzt im herzoglichen Schloſſe), oder Giovanni Spagna in dem Altarblatte der Unterkirche des heil. Franz zu Aſiſi mit dem Jahre MDXVI. *) Innocenzo da Imola, Andrea di Salerno, beſonders aber der Peruginer Domenico Alfani, bemuͤhten ſich, den Gemaͤlden der Mittelſtufe Raphaels in der aͤußeren Erſcheinung nahe zu kommen; von dem letzten befindet ſich ein Madonnenbild auf dem Hauptaltare der Kirche der Univerſitaͤt, mit ſeinem *) Am Sockel des Bildes in der Kappelle des heil. Stephanus. Andre Werke deſſ. Meiſters in degli Angeli, in S. Giacomo, auf dem Wege von Trevi nach Spoleto, an dieſem letzten Orte.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/168>, abgerufen am 20.04.2024.