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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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schon angeführten Bildnissen, besonders die Madonna von
Fuligno.

Sie ward von einem Höfling Julius II., Gismondo
Conti
*), ursprünglich für die Kirche Ara Coeli zu Rom,
bestellt, gelangte aber von dort, wie die Aufschrift am unteren
Rande des Bildes meldet, im Jahre 1565 in die Kirche des
Klosters S. Anna zu Fuligno, von welchem Orte sie den
Beynamen erhalten. Die Siege der Franzosen verpflanzten
sie nach Paris, die der Alliirten zurück nach Italien. Sie ward
darauf in der Gallerie des Appartamento Borgia, im Vati-
can
, aufgestellt. Marcanton hat die Glorie nach einer Hand-
zeichnung Raphaels gestochen, französische Kupferstecher das
Bild, über welches ich, da es so vielseitig in Evidenz gekom-
men, nur die Bemerkungen mir gestatte, daß vom strengen
Style darin nur etwa die reine Rundung der Glorie, sonst
wenig übrig ist, hingegen viel Gesammtwirkung, Kraft, Har-
monie, allgemeiner Ton, besonders eine sehr markige malerische
Behandlung. Im heiligen Franciscus bereits jener Ausdruck
schwärmerisch schmerzlicher Verzückung, welcher von nun an
mehr und mehr den früher beliebteren einer ruhigen, befriedi-
genden Seeligkeit aus den Kirchengemälden der Italiener ver-
drängte. Die Ausführung dieses Bildes fällt in so frühe
Zeit, daß man die Vermuthung nicht unterdrücken kann, daß
Coreggio, wenn anders seine noch dunklen älteren Lebensum-
stände solches zulassen sollten, es gesehen haben, davon ange-
regt seyn könnte.

Doch werde ich hier die Vision Ezechiels nachtragen

*) P. Casimiro Ro. memorie d'Araceli, p. 242. Vergl. Vasari,
Ed. Senese, T. V. p.
269. die Anm. des röm. Ed.

ſchon angefuͤhrten Bildniſſen, beſonders die Madonna von
Fuligno.

Sie ward von einem Hoͤfling Julius II., Gismondo
Conti
*), urſpruͤnglich fuͤr die Kirche Ara Coeli zu Rom,
beſtellt, gelangte aber von dort, wie die Aufſchrift am unteren
Rande des Bildes meldet, im Jahre 1565 in die Kirche des
Kloſters S. Anna zu Fuligno, von welchem Orte ſie den
Beynamen erhalten. Die Siege der Franzoſen verpflanzten
ſie nach Paris, die der Alliirten zuruͤck nach Italien. Sie ward
darauf in der Gallerie des Appartamento Borgia, im Vati-
can
, aufgeſtellt. Marcanton hat die Glorie nach einer Hand-
zeichnung Raphaels geſtochen, franzoͤſiſche Kupferſtecher das
Bild, uͤber welches ich, da es ſo vielſeitig in Evidenz gekom-
men, nur die Bemerkungen mir geſtatte, daß vom ſtrengen
Style darin nur etwa die reine Rundung der Glorie, ſonſt
wenig uͤbrig iſt, hingegen viel Geſammtwirkung, Kraft, Har-
monie, allgemeiner Ton, beſonders eine ſehr markige maleriſche
Behandlung. Im heiligen Franciscus bereits jener Ausdruck
ſchwaͤrmeriſch ſchmerzlicher Verzuͤckung, welcher von nun an
mehr und mehr den fruͤher beliebteren einer ruhigen, befriedi-
genden Seeligkeit aus den Kirchengemaͤlden der Italiener ver-
draͤngte. Die Ausfuͤhrung dieſes Bildes faͤllt in ſo fruͤhe
Zeit, daß man die Vermuthung nicht unterdruͤcken kann, daß
Coreggio, wenn anders ſeine noch dunklen aͤlteren Lebensum-
ſtaͤnde ſolches zulaſſen ſollten, es geſehen haben, davon ange-
regt ſeyn koͤnnte.

Doch werde ich hier die Viſion Ezechiels nachtragen

*) P. Casimiro Ro. memorie d’Araceli, p. 242. Vergl. Vasari,
Ed. Senese, T. V. p.
269. die Anm. des röm. Ed.
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[118/0140] ſchon angefuͤhrten Bildniſſen, beſonders die Madonna von Fuligno. Sie ward von einem Hoͤfling Julius II., Gismondo Conti *), urſpruͤnglich fuͤr die Kirche Ara Coeli zu Rom, beſtellt, gelangte aber von dort, wie die Aufſchrift am unteren Rande des Bildes meldet, im Jahre 1565 in die Kirche des Kloſters S. Anna zu Fuligno, von welchem Orte ſie den Beynamen erhalten. Die Siege der Franzoſen verpflanzten ſie nach Paris, die der Alliirten zuruͤck nach Italien. Sie ward darauf in der Gallerie des Appartamento Borgia, im Vati- can, aufgeſtellt. Marcanton hat die Glorie nach einer Hand- zeichnung Raphaels geſtochen, franzoͤſiſche Kupferſtecher das Bild, uͤber welches ich, da es ſo vielſeitig in Evidenz gekom- men, nur die Bemerkungen mir geſtatte, daß vom ſtrengen Style darin nur etwa die reine Rundung der Glorie, ſonſt wenig uͤbrig iſt, hingegen viel Geſammtwirkung, Kraft, Har- monie, allgemeiner Ton, beſonders eine ſehr markige maleriſche Behandlung. Im heiligen Franciscus bereits jener Ausdruck ſchwaͤrmeriſch ſchmerzlicher Verzuͤckung, welcher von nun an mehr und mehr den fruͤher beliebteren einer ruhigen, befriedi- genden Seeligkeit aus den Kirchengemaͤlden der Italiener ver- draͤngte. Die Ausfuͤhrung dieſes Bildes faͤllt in ſo fruͤhe Zeit, daß man die Vermuthung nicht unterdruͤcken kann, daß Coreggio, wenn anders ſeine noch dunklen aͤlteren Lebensum- ſtaͤnde ſolches zulaſſen ſollten, es geſehen haben, davon ange- regt ſeyn koͤnnte. Doch werde ich hier die Viſion Ezechiels nachtragen *) P. Casimiro Ro. memorie d’Araceli, p. 242. Vergl. Vasari, Ed. Senese, T. V. p. 269. die Anm. des röm. Ed.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/140>, abgerufen am 28.03.2024.