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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. Beygabe zu Bd. 1. Hamburg, 1827.

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seinem Begriffe nach erfreulich ist, doch nur in
so fern die Schönheit irgend eines Dinges ausmacht,
oder solche mehret und erhöht, als es an dessen
sichtbarer Oberfläche sich ausdrückt; hingegen, in so
fern es nicht (sinnlich wahrnehmbar) sich ausdrückt,
auch nicht in dem Begriffe der Schönheit enthalten
ist, sondern nur dasjenige ist, was es an sich selbst
ist, nemlich Gesundheit, Stärke und so ferner; so
ist das allgemeine Merkmal der Schönheit offenbar:
Erfreulichkeit, nicht des Seyns, sondern des
Scheines der sichtbaren Dinge.

Anm. 2. Das bekannte: schön ist, was, ohne zu
nützen, gefällt,
(was indeß, nicht, was wir
suchen, die Schönheit, sondern eben nur, das
Schöne,
auf seine Weise ausspricht) ist obiger
Umschreibung in so fern verwandt, als es offenbar
gleichfalls von dem Vorsatze ausgehet, den Volks-
begriff in der ihm zukommenden Allgemeinheit aus-
zusprechen. Andere hingegen haben den Grund der
Schönheit irgend eines einzelnen Schönen zu er-
mitteln gesucht und diesen, wie immer beschaffenen,
Grund der Schönheit jenes einzelnen Schönen als
einen allgemeinen, die Schönheit eines jeglichen
Schönen erklärenden geltend machen wollen.

Solche, wie man sie nennt, objective Erklärun-
gen der Schönheit sind eigentlich nur Emanationen
eines ganz subjectiven Entzückens an einzelnem Schö-
nen, führen daher unausbleiblich zu unwillkührlichen
Verwechselungen des Allgemeinen mit dem Besonde-
ren desjenigen Objectes, von welchem man jedesmal
ausgegangen ist. Ueberhaupt kann man nicht wohl

ſeinem Begriffe nach erfreulich iſt, doch nur in
ſo fern die Schoͤnheit irgend eines Dinges ausmacht,
oder ſolche mehret und erhoͤht, als es an deſſen
ſichtbarer Oberflaͤche ſich ausdruͤckt; hingegen, in ſo
fern es nicht (ſinnlich wahrnehmbar) ſich ausdruͤckt,
auch nicht in dem Begriffe der Schoͤnheit enthalten
iſt, ſondern nur dasjenige iſt, was es an ſich ſelbſt
iſt, nemlich Geſundheit, Staͤrke und ſo ferner; ſo
iſt das allgemeine Merkmal der Schoͤnheit offenbar:
Erfreulichkeit, nicht des Seyns, ſondern des
Scheines der ſichtbaren Dinge.

Anm. 2. Das bekannte: ſchoͤn iſt, was, ohne zu
nuͤtzen, gefaͤllt,
(was indeß, nicht, was wir
ſuchen, die Schoͤnheit, ſondern eben nur, das
Schoͤne,
auf ſeine Weiſe ausſpricht) iſt obiger
Umſchreibung in ſo fern verwandt, als es offenbar
gleichfalls von dem Vorſatze ausgehet, den Volks-
begriff in der ihm zukommenden Allgemeinheit aus-
zuſprechen. Andere hingegen haben den Grund der
Schoͤnheit irgend eines einzelnen Schoͤnen zu er-
mitteln geſucht und dieſen, wie immer beſchaffenen,
Grund der Schoͤnheit jenes einzelnen Schoͤnen als
einen allgemeinen, die Schoͤnheit eines jeglichen
Schoͤnen erklaͤrenden geltend machen wollen.

Solche, wie man ſie nennt, objective Erklaͤrun-
gen der Schoͤnheit ſind eigentlich nur Emanationen
eines ganz ſubjectiven Entzuͤckens an einzelnem Schoͤ-
nen, fuͤhren daher unausbleiblich zu unwillkuͤhrlichen
Verwechſelungen des Allgemeinen mit dem Beſonde-
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[6/0012] ſeinem Begriffe nach erfreulich iſt, doch nur in ſo fern die Schoͤnheit irgend eines Dinges ausmacht, oder ſolche mehret und erhoͤht, als es an deſſen ſichtbarer Oberflaͤche ſich ausdruͤckt; hingegen, in ſo fern es nicht (ſinnlich wahrnehmbar) ſich ausdruͤckt, auch nicht in dem Begriffe der Schoͤnheit enthalten iſt, ſondern nur dasjenige iſt, was es an ſich ſelbſt iſt, nemlich Geſundheit, Staͤrke und ſo ferner; ſo iſt das allgemeine Merkmal der Schoͤnheit offenbar: Erfreulichkeit, nicht des Seyns, ſondern des Scheines der ſichtbaren Dinge. Anm. 2. Das bekannte: ſchoͤn iſt, was, ohne zu nuͤtzen, gefaͤllt, (was indeß, nicht, was wir ſuchen, die Schoͤnheit, ſondern eben nur, das Schoͤne, auf ſeine Weiſe ausſpricht) iſt obiger Umſchreibung in ſo fern verwandt, als es offenbar gleichfalls von dem Vorſatze ausgehet, den Volks- begriff in der ihm zukommenden Allgemeinheit aus- zuſprechen. Andere hingegen haben den Grund der Schoͤnheit irgend eines einzelnen Schoͤnen zu er- mitteln geſucht und dieſen, wie immer beſchaffenen, Grund der Schoͤnheit jenes einzelnen Schoͤnen als einen allgemeinen, die Schoͤnheit eines jeglichen Schoͤnen erklaͤrenden geltend machen wollen. Solche, wie man ſie nennt, objective Erklaͤrun- gen der Schoͤnheit ſind eigentlich nur Emanationen eines ganz ſubjectiven Entzuͤckens an einzelnem Schoͤ- nen, fuͤhren daher unausbleiblich zu unwillkuͤhrlichen Verwechſelungen des Allgemeinen mit dem Beſonde- ren desjenigen Objectes, von welchem man jedesmal ausgegangen iſt. Ueberhaupt kann man nicht wohl

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. Beygabe zu Bd. 1. Hamburg, 1827, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01beygabe_1827/12>, abgerufen am 24.04.2024.