Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
88.
Ein Herzog ward befragt, ob er auch Jagdhund' halte,
Damit des Waidwerks er nach Herzogswürden walte?
Auf eine Tafel wies er hin voll armer Leute,
Die er da speisen ließ: dis hier ist meine Meute.
Ihr mögt mit euerer nur Hirsch' und Rehe plagen;
Mit meiner hier will ich das Himmelreich erjagen.

89.
Wird doch nicht übers Kind der Vater ungeduldig,
Das in der Arbeit ihn stört durch sein Spiel unschuldig.
Es klinkt die Thüren auf und zu, kommt um zu gehn,
Geht um zu kommen, läßt kein Ding am Flecke stehn,
Schiebt hier am Stuhl, zerrt da am Buch, ruckt dort am Tisch,
Und die Schreibfeder selbst macht es zum Flederwisch.
Der Vater, statt mit Macht zu wehren, droht und lacht,
Die Störung freut ihn, die ihm Unterhaltung macht.
88.
Ein Herzog ward befragt, ob er auch Jagdhund' halte,
Damit des Waidwerks er nach Herzogswuͤrden walte?
Auf eine Tafel wies er hin voll armer Leute,
Die er da ſpeiſen ließ: dis hier iſt meine Meute.
Ihr moͤgt mit euerer nur Hirſch' und Rehe plagen;
Mit meiner hier will ich das Himmelreich erjagen.

89.
Wird doch nicht uͤbers Kind der Vater ungeduldig,
Das in der Arbeit ihn ſtoͤrt durch ſein Spiel unſchuldig.
Es klinkt die Thuͤren auf und zu, kommt um zu gehn,
Geht um zu kommen, laͤßt kein Ding am Flecke ſtehn,
Schiebt hier am Stuhl, zerrt da am Buch, ruckt dort am Tiſch,
Und die Schreibfeder ſelbſt macht es zum Flederwiſch.
Der Vater, ſtatt mit Macht zu wehren, droht und lacht,
Die Stoͤrung freut ihn, die ihm Unterhaltung macht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0330" n="320"/>
        <div n="2">
          <head>88.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Ein Herzog ward befragt, ob er auch Jagdhund' halte,</l><lb/>
              <l>Damit des Waidwerks er nach Herzogswu&#x0364;rden walte?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Auf eine Tafel wies er hin voll armer Leute,</l><lb/>
              <l>Die er da &#x017F;pei&#x017F;en ließ: dis hier i&#x017F;t meine Meute.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Ihr mo&#x0364;gt mit euerer nur Hir&#x017F;ch' und Rehe plagen;</l><lb/>
              <l>Mit meiner hier will ich das Himmelreich erjagen.</l>
            </lg><lb/>
            <l/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>89.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l/>
            <lg n="1">
              <l>Wird doch nicht u&#x0364;bers Kind der Vater ungeduldig,</l><lb/>
              <l>Das in der Arbeit ihn &#x017F;to&#x0364;rt durch &#x017F;ein Spiel un&#x017F;chuldig.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Es klinkt die Thu&#x0364;ren auf und zu, kommt um zu gehn,</l><lb/>
              <l>Geht um zu kommen, la&#x0364;ßt kein Ding am Flecke &#x017F;tehn,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Schiebt hier am Stuhl, zerrt da am Buch, ruckt dort am Ti&#x017F;ch,</l><lb/>
              <l>Und die Schreibfeder &#x017F;elb&#x017F;t macht es zum Flederwi&#x017F;ch.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Vater, &#x017F;tatt mit Macht zu wehren, droht und lacht,</l><lb/>
              <l>Die Sto&#x0364;rung freut ihn, die ihm Unterhaltung macht.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0330] 88. Ein Herzog ward befragt, ob er auch Jagdhund' halte, Damit des Waidwerks er nach Herzogswuͤrden walte? Auf eine Tafel wies er hin voll armer Leute, Die er da ſpeiſen ließ: dis hier iſt meine Meute. Ihr moͤgt mit euerer nur Hirſch' und Rehe plagen; Mit meiner hier will ich das Himmelreich erjagen. 89. Wird doch nicht uͤbers Kind der Vater ungeduldig, Das in der Arbeit ihn ſtoͤrt durch ſein Spiel unſchuldig. Es klinkt die Thuͤren auf und zu, kommt um zu gehn, Geht um zu kommen, laͤßt kein Ding am Flecke ſtehn, Schiebt hier am Stuhl, zerrt da am Buch, ruckt dort am Tiſch, Und die Schreibfeder ſelbſt macht es zum Flederwiſch. Der Vater, ſtatt mit Macht zu wehren, droht und lacht, Die Stoͤrung freut ihn, die ihm Unterhaltung macht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/330
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/330>, abgerufen am 23.04.2024.